Neue „Windthorst-Meile" in Lingen
Zeitreise in der Mittagspause
„Der kleine Abgeordnete aus dem fernen Meppen“: So wurde Ludwig Windthorst oft beschrieben. Wer war dieser Mann? Das fragen sich auch Besucher des gleichnamigen Bildungshauses in Lingen. Eine „Windthorst-Meile“ klärt auf.
Zehn Tafeln gibt es zu entdecken, und zwar auf einem Rundgang von 1,6 Kilometern rund um das Ludwig-Windthorst-Haus (LWH). Das entspricht einer Englischen Meile. Mit knappen Texten und ansprechenden Bildern informieren die Tafeln über den Namensgeber des katholischen Bildungshauses im Lingener Ortsteil Holthausen-Biene und gehen auf biografische, politische und kirchliche Aspekte ein.
Das LWH zählt jährlich knapp 30 000 Gäste, die an verschiedenen Tagungen und Seminaren teilnehmen. Und viele haben sich schon gefragt: Wer war eigentlich dieser Ludwig Windthorst, Namensgeber der Einrichtung? Über sein Leben und Wirken und seine Bedeutung auch in der heutigen Zeit informiert jetzt ein neuer Themenpfad, die „Windthorst-Meile“. Sie wurde jetzt eröffnet. In dem Wissen, dass viele LWH-Besucher die Mittagspause für einen Spaziergang nutzen, wurde der Pfad so angelegt, dass Interessierte den Weg in etwa einer halben Stunde ablaufen können. Doch auch für die Bewohner des Ortes und für Touristen soll die „Windthorst-Meile“ eine inspirierende Anlage sein.
Bänke und sogenannte Stehhilfen an den einzelnen Stationen laden zum Verweilen und somit auch zur Diskussion mit anderen Betrachtern ein. Nicht zuletzt führt der Themenpfad durch ein landschaftlich reizvolles Gebiet, so dass sich beim Spazieren manch schöner Blick auf das idyllische Emstal erhaschen lässt.
Die erste der zehn Tafeln befindet sich direkt gegenüber dem LWH-Haupteingang und befasst sich mit dem Werdegang des 1812 in Ostercappeln geborenen Juristen und Politikers. Als Katholik im protestantischen Königreich Hannover machte er seinen Weg, wurde Justizminister und avancierte schließlich zum parlamentarischen Gegenspieler Bismarcks. Gleichzeitig wirft die Tafel einen Blick auf die heutige Bedeutung politischen Engagements. Das Muster „Damals – Heute“ zieht sich durch den ganzen Pfad. An der ersten und an der letzten Station liegen Faltblätter mit einem Lageplan aus, in dem die zehn Informationspunkte farblich und durchnummeriert verzeichnet sind.
Brückenschlag vom 19. Jahrhundert in die heutige Zeit
Entstanden ist die Idee vor rund anderthalb Jahren im örtlichen Arbeitskreis Dorferneuerung, dessen Mitglieder sich für ein angenehmeres Zusammenleben einsetzen. Ein Förderantrag wurde im Februar vergangenen Jahres beim Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems gestellt und kurz darauf positiv beschieden. Vier Studienleiter des LWH verfassten die Texte. Zahlreiche Unterstützer trugen zur Realisierung bei, so etwa der Heimatverein Holthausen-Biene, die Stadt Lingen und mehrere Einzelpersonen.
Zur Eröffnungsfeier konnten Akademieleiter Michael Reitemeyer, der stellvertretende Direktor René Kollai sowie der Vorsitzende der Ludwig-Windthorst-Stiftung, Hermann Kues, zahlreiche Gäste begrüßen und berichteten über den Entstehungsprozess: besonders herausfordernd sei es gewesen, einem nicht kundigen Betrachter die geistigen, weltanschaulichen Zusammenhänge zu vermitteln. Mit griffigen Worten sollte ein Brückenschlag vom 19. Jahrhundert bis in die heutige Zeit gelingen. Die Gedanken galt es dann, auch optisch, in eine „längerfristig schöne Form“ zu bringen.
Vom Ergebnis sind die Besucher beeindruckt – auch Lingens Erster Bürgermeister, Heinz Tellmann, der dem Projekt ein großes Lob aussprach: „Das LWH ist schon ein Stern im Erscheinungsbild von Holthausen-Biene“, sagte er, „und die ,Windthorst-Meile‘ ist ein weiterer Höhepunkt“. Nun hoffen alle Beteiligten, dass sich möglichst viele Menschen auf die „Zeitreise in Mittagspausenlänge“ begeben.
Sebastian Hamel
Eine ausführliche Biografie von Ludwig Windthorst gibt es hier