80 Jahre nach der Ermordung

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Eduard Müller
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Foto: Stiftung Lübecker Märtyrer

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Wenig bekanntes Bild des Lübecker Märtyrers Eduard Müller 

Dem Jahrestag der Hinrichtung der vier Lübecker Märtyrer wird rund um den 10. November mit Gottesdiensten und Veranstaltungen gedacht. Das Gedenken der vergangenen Jahrzehnte nimmt eine Sonderausstellung in den Blick.

Am 10. November jährt sich der Jahrestag der Hinrichtung der vier Lübecker Märtyrer, der katholischen Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange, Eduard Müller und des evangelischen Pastors Karl Friedrich Stellbrink durch die Nationalsozialisten zum 80. Mal. Aus diesem Anlass haben der Arbeitskreis 10. November, die Propsteigemeinde Herz Jesu und die Pfarrei Zu den Lübecker Märtyrern ebenso wie die ev.-luth. Kirchengemeinde Luther-Melanchthon und der ev.-luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg ein umfangreicheres Programm als in den Vorjahren vorbereitet – darunter ein Podiumsgespräch im Burgkloster, eine Sonderausstellung in den Gedenkstätten von Herz Jesu und der Lutherkirche sowie einen Vortrag zum neuen Forschungsprojekt über die vier Geistlichen.

Im Mittelpunkt steht das Pontifikalamt mit Erzbischof Dr. Stefan Heße, das am Freitag, 10. November um 18 Uhr in der Props­teikirche Herz Jesu (Parade 4) gefeiert wird. Bereits um 12 Uhr wird es am Freitag eine Friedensandacht in der Innenstadtkirche St. Marien geben, gefolgt von einer Kranzniederlegung durch Pastorin Constanze Oldendorf von der Lutherkirche auf dem Marien­kirchhof und einer Kranzniederlegung durch Dr. Ingaburgh Klatt vom Arbeitskreis 10. November am Gedenkort unter den Rathausarkaden. Kurz vor dem Pontifikalamt findet dann um 17 Uhr die Kranzniederlegung am Mahnmal am Zeughaus (ebenfalls auf der Parade) statt, bei der Stadtpräsident Henning Schumann sprechen wird.

Neue Sonderausstellung „Mut zum Widerstand“

Tags drauf, am Samstag, 11. November, findet um 19 Uhr unter dem Titel „Die Nacht leuchtet. Mut – Widerstand – Freundschaft der Lübecker Märtyrer“ ein Podiumsgespräch im Burg­kloster (Hinter der Burg 4) statt. Neben Pröpstin Petra Kallies und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Tim Klüssendorf werden Prof. Dr. Cesare Zucconi, Generalsekretär der christlichen Gemeinschaft Sant‘Egidio aus Rom, dabei sein. Außerdem wird Shahrnaz Saremidie auf dem Podium sitzen, eine iranische Sprachmittlerin, die seit fünf Jahren in Deutschland lebt. Die Moderation übernimmt Michael Birgden, Leiter des Kommunikationswerks der Nordkirche. Musikalisch begleitet wird der Abend durch die Formation „I Vocalisti“ und Lesungen durch Schauspieler. Da die Zahl der Sitzplätze begrenzt und nur noch wenige frei sind, ist eine umgehende Anmeldung per E-Mail an burgkloster@­gedenkstaette-lutherkirche.de erforderlich.

Ab Sonntag, 12. November bis Samstag 2. Dezember wird dann in den Gedenkstätten in der Lutherkirche (Moislinger Allee 96, täglich 10 –16 Uhr außer sonntags) und an der Herz Jesu-Kirche (Parade 4, täglich 10 –18 Uhr) die Sonderschau „Mut zum Widerstand. Lübecker Märtyrer – 80 Jahre Erinnerung“ gezeigt, in deren Mittelpunkt die Entwicklung des Gedenkens nach dem Zweiten Weltkrieg steht.

„Wir blicken in dieser Sonderausstellung auf Meilensteine der Erinnerung an die Lübecker Märtyrer zurück. Den nationalso­zialistischen Verbrechern wäre es am liebsten gewesen, wenn die Vier in Vergessenheit geraten wären. Das ist nicht geschehen, weil sich immer wieder neu Menschen vom Leben, von den Werten und vom Glaubenszeugnis der vier Männer haben begeistern lassen“, erläutert Jochen Proske, Geschäftsführer der Gedenkstätte Lübecker Märtyrer, der die Ausstellung mit kuratiert hat.

Für ihn ist klar, dass die zeitliche Distanz zum Geschehen im Nationalsozialismus dazu führt, dass Überlieferungen in der eigenen Familie und durch Zeitzeugen immer weniger werden. „Die nationalsozialistische Terrorherrschaft droht immer mehr ein Kapitel unter vielen in der deutschen Geschichte zu werden“, sagt Proske, der vielfach Führungen mit Jugendlichen durch die Ausstellung in Herz Jesu sowie zu Orten in der Stadt anbietet, an denen sich etwas über die Zeit des Nationalsozialismus in Erfahrung bringen lässt.

Sein Eindruck ist, dass der gesellschaftliche und politische Konsens, „der für die“ Erinnerung notwendig ist, an Rückhalt verliert. Auch die Zustimmung zu Demokratie, Menschenrechten und Toleranz erodiere zusehends. „Erinnern heißt dann auch, verstärkt­ Beiträge zur Integration und Fes­tigung der demokratischen Wertekultur zu leisten“, sagt er. Pros­ke: „Das Erinnern an die Lübecker Märtyrer steht deshalb vor einer besonderen Vermittlungsaufgabe. Das Glaubenszeugnis der Lübecker Märtyrer ist aber auch eine besondere Chance, Menschen, die sich von Kirche und Religion entfernt haben, neu anzusprechen.“

Jochen Proske wird künftig gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Holzbrecher an einem neuen Forschungsprojekt über die Lübecker Märtyrer und die mitverhafteten 18 Laien arbeiten. Was genau Gegenstand ihrer Untersuchung ist, wird Prof. Holzbrecher am Mittwoch, 1. ­November um 20.15 Uhr in einem Vortrag im Haus der Begegnung neben der Propsteikirche erläutern. 

Marco Heinen