Osnabrücker pilgern nach Assisi

Auf einer Gottesreise

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Viele Gläubige aus dem Bistum sind rund um die Herbstferien in den Süden gepilgert – oft war Rom das Ziel. Eine ganz besondere Gruppe machte sich auf den Weg nach Assisi. Mancher machte dort eine Erfahrung für das Leben.


Gemeinsam: Kinder, Erwachsene, Menschen mit und ohne Behinderung wuchsen in Assisi zu einer festen Gruppe zusammen. Foto: Bistum Osnabrück

Was tun, wenn über freie Plätze an einer Pilgerreise das Los entscheidet – man selbst aber nicht gewonnen hat? Für Adrian Magnus gab es nur eins: Dranbleiben. Der 24-Jährige befindet sich in der Ausbildung zum examinierten Pflegefachmann im Bildungszentrum der Osnabrücker Niels-Stensen-Kliniken. Die Organisatoren einer außergewöhnlichen Assisireise suchten dort nach Freiwilligen, die die Reise begleiten würden. „Das Los fiel auf vier Frauen, deshalb habe ich gefragt, ob nicht auch ein Mann dabei sein sollte“, sagt Magnus, der aus Bramsche stammt. Es war der richtige Vorstoß. Denn auch ein männlicher Pfleger passte noch gut zum Anforderungsrahmen.

180 Kinder, Erwachsene und Senioren, Familien, Alleinerziehende und Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen machten sich schließlich auf den Weg nach Assisi. Für Adrian Magnus waren neben der Pflege weitere Motive ausschlaggebend, um sich um eine Begleitung zu bemühen. Es ging nach Italien, die Reise war nicht teuer, der Einsatz galt als Arbeitszeit – und nicht zuletzt reizte ihn auch der religiöse Hintergrund: „Ich bin vorher noch nie gepilgert, das wollte ich einmal erleben.“ Es habe sich gelohnt, wie er sagt: „Die Kultur, die Kirchen, das Religiöse – das erleben wir hier in unseren Breiten ja nicht so.“ 

Besonders angesprochen habe ihn das Morgenlob, „es war sehr angenehm, so in den Tag zu starten“. Dann die Gemeinschaft untereinander, der Kontakt zu den mitgereisten Franziskanerbrüdern – „wir haben viel über das Leben gesprochen. Ich bin sicher, dass sich mein Glaube in Assisi weiterentwickelt hat.“ Viel haben die Teilnehmer über den heiligen Franziskus und die heilige Clara erfahren, vor allem über ihre Einfachheit: „Das war auf jeden Fall inspirierend für mein eigenes Leben.“

Auch in der Franz-von-Assisi-Schule, wo unter anderem Erzieherinnen ausgebildet werden, gab es eine Anfrage. Hier ging es vor allem um die Kinderbetreuung. Hanna Bokeloh aus Ankum meldete sich sofort. „Das Konzept der ,Reise für alle‘ hat mich gleich angesprochen“, sagt die 22-Jährige. Und so hat sie besonders die Vielfalt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer genossen, alle Generationen waren vertreten. „Jeder war für jeden da, das war berührend“, sagt sie. Ob sie etwas für später mitgenommen hat? „Auf jeden Fall.“ In einem knappen Jahr endet ihre Ausbildung, bis dahin will sie sich gut überlegen, wo im KiTa-Bereich sie einsteigen wird. Inzwischen ist sie auch religionspädagogische Fachkraft. „Das ist ein schöner Bereich. Ich finde es wichtig, Gott in die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hineinzubringen.“ 

Wenn der Baumstamm zum Altar wird

Auch Bernd Diekhoff war gebeten worden, seine fachliche Expertise in die Reise einzubringen. Diekhoff ist Arzt in Osnabrück, als Mediziner sollte er eher im Hintergrund wirken. Weil er zum Glück dann doch gar nicht gebraucht wurde, nutzte er die Zeit, als Pilger unterwegs zu sein und Exerzitien zu machen. In den Gottesdiensten machte oft eine Gruppe geistig Behinderter Musik, und für Diekhoff „war es bewegend zu sehen, mit welcher Ernsthaftigkeit sie dabei waren“. Eine Wanderung zur Einsiedelei des heiligen Franziskus wird ihm in Erinnerung bleiben: Vor Ort wurde ein Gottesdienst gefeiert, wofür der Franziskanerpater nur ein Tuch auf einen Baumstamm legte und ihn damit zum Altar machte. „Das Bild von dieser Einfachheit werde ich noch lange vor Augen haben.“

Und auch das Bild von Martina Kreidler-Kos. Die Seelsorgeamtsleiterin weiß viel über Franziskus und Clara, „man klebt an ihren Lippen, wenn sie erzählt“, sagt Diekhoff. Kreidler-Kos selbst berichtet von einer jungen Frau mit Down-Syndrom, die beim Abschied erklärt: „Wir sind ja hier auf einer Gottesreise.“ Recht habe sie, Gott sei offentlichtlich gerne dort, wo es bunt und turbulent zugeht. Die Buntheit hat auch einen prominenten Teilnehmer begeistert: Bischof Franz-Josef Bode. „Die bunte Mischung von Generationen und Lebenssituationen war für mich eine einzigartige Erfahrung“, sagt er. Noch nie habe er Assisi so sehr mit neuen Augen entdeckt.

Und noch jemand ist begeistert: Christiane van Melis, die die Reise vor allem organisiert hat. „Besonders berührt haben mich die positiven Entwicklungen mancher Teilnehmenden, die sich körperlich und mental mehr zugetraut haben als zu Beginn der Reise“, sagt sie. „Mich selbst hat das Angebot ,In die Stille gehen‘ sehr erfüllt, da ich dort ein Gefühl der liebenden Nähe Gottes empfunden habe. Und das hinterlässt nachhaltig innere Ruhe.“

Matthias Petersen