Erster öffentlicher Auftritt von Erzbischof Stefan Heße beim Pontifikalamt zur Gründung der Pfarrei St. Ansgar
Beifall nach der Zäsur
Mit Spannung wurde der erste öffentliche Auftritt von Erzbischof Stefan Heße beim Pontifikalamt zur Gründung der Pfarrei St. Ansgar in der Innenstadt erwartet. Es gab keine Protestaktionen und sogar Applaus für seine Predigt.
Nach seiner sechsmonatigen Auszeit ist der Hamburger Erzbischof Stefan Heße erstmals wieder öffentlich aufgetreten – und freundlich empfangen worden. Bei dem Gründungsgottesdienst der Pfarrei St. Ansgar am 25. September auf dem Platz vor dem St.-Marien-Dom in Hamburg applaudierten ihm die rund 300 Teilnehmer. Protestaktionen gab es nicht. Obwohl Gutachter Heße elf Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als hoher Amtsträger im Erzbistum Köln nachgewiesen hatten, lehnte Papst Franziskus vor eineinhalb Wochen dessen Rücktrittsgesuch ab.
In seiner Predigt sagte Heße, die Auszeit habe für ihn eine „gewaltige Zäsur“ bedeutet; er habe eine „Achterbahn der Gefühle“ erlebt. Nun könne es kein „weiter so“ geben. „An der Entscheidung des Papstes reiben sich viele, ich auch“, betonte der Geistliche. Heße rief dazu auf, die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Er könne den Weg nicht allein gehen, „sondern nur mit Ihnen“. Die Kirche sei synodal, weshalb er nur im Miteinander zu Entscheidungen kommen wolle. Der Erzbischof: „Dass wir beieinander bleiben, ist mein großer Wunsch und meine Hoffnung.“ Der gemeinsame Weg müsse wohl sachte gegangen werden, er „braucht Zeit“, sagte Heße weiter.
Heße hat sich nach eigenen Worten während der Auszeit meist in Hamburg aufgehalten und sich ignatianischer Exerzitien unterzogen. Eine der größten Herausforderungen sei es gewesen, im Bischofshaus allein die Liturgie zu feiern. Daher sei er „dankbar, dass er hier zum ersten Mal wieder die Messe gemeinsam feiern kann.“ Die Zeit, die er insgesamt in Hamburg verbracht hat und weiter verbringt, bezeichnete Heße als „ziemlich reizvoll“. Zum Abschluss seiner Predigt bekam Heße ebenfalls Beifall.
Heße hatte seit der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens am 18. März seine Amtsgeschäfte ruhen lassen. Der Papst lehnte das Rücktrittsgesuch mit der Begründung ab, Heße habe die Fehler nicht mit der Absicht begangen, Missbrauchsfälle zu vertuschen.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) lobte in seinem Grußwort die Arbeit der Schulen und anderen Einrichtungen des Erzbistums; sie genössen in Hamburg hohes Ansehen und seien von „erheblicher Bedeutung“ für die Stadt. Die Erzdiözese befindet sich seit 2017 auf einem Sparkurs und hat die Schließung von sechs ihrer einst 21 Schulen in der Hansestadt beschlossen. Darunter ist auch die Domschule am St. Marien-Dom.
Tschentscher wies weiter darauf hin, dass in der neuen Pfarrei alle Lebenswelten der Metropole vertreten seien. Er wünsche, dass die „Chancen des Neuen genutzt werden“. Die Pfarrei St. Ansgar, der auch Tschentschers Frau Eva-Maria angehört, umfasst die bisherigen Pfarreien St. Sophien in Barmbek, St. Joseph in Altona, St. Ansgar und St. Bernhard in der Neustadt und die Domgemeinde in St. Georg. Pfarrer von St. Ansgar ist der bisherige Dompfarrer Peter Mies.
In der Pfarrei leben gut 21 000 Katholiken. Zu ihr gehören unter anderem vier Schulen, neun fremdsprachige Gemeinden, die Caritas, die Katholische Akademie, das Marienkrankenhaus und das Malteserstift St. Theresien. Das Pastoralkonzept nennt fünf Herausforderungen und Chancen: Internationalität, offene Kirchen, situative Seelsorge, Vernetzung sowie Armut.
Text: Matthias Schatz