Bildung hat viele Gesichter
Wie sieht katholische Erwachsenenbildung in Zukunft aus? Bewährtes weiterführen, Neues testen, und neue Menschengruppen ansprechen. In diese Richtung steuert das „Projekt Erwachsenenbildung“ im Erzbistum Hamburg.
„Wie kam es zum Monotheismus, den Glauben an – nur einen Gott?“ – „Wie erkläre ich meinen Kindern Weihnachten, einschließlich Jungfrauengeburt und Kindermord von Bethlehem?“ Die Fragen, auf die katholische Bildung im Norden Antwort gibt, sind so vielfältig wie diese. Und ebenso breit gestreut sind die Orte. Hier Bendediktinerkloster, dort ein Gemeindesaal oder eine Feuerstelle hinter einem Schloss in Mecklenburg – oder ein Ort, der ganz weit weg ist: Denn auch Bildungsreisen gehören zu den bewährten „Formaten“ der Erwachsenenbildung im Erzbistum Hamburg.
Dr. Burkhard Conrad, Referatsleiter Hochschule und Erwachsenenbildung, hat den Überblick über die Angebote und ihre Anbieter. „Im Projekt Bildung machen wir derzeit den Versuch, die unterschiedlichen Angebote zu ordnen und miteinander zu vernetzen. Da sieht man die Vielfalt der Initiativen. Aber man erkennt auch: Im Vergleich zu anderen Bistümern sind wir ganz schmal aufgestellt.“ Ein Anliegen des Projektes ist es, den Blick „nach außen“ zu richten und neue Zielgruppen in den Blick zu nehmen – auch jenseits der „klassischen Gottesdienstbesucher“. Es gibt ebenso den theologischen Akademievortrag wie den Deutschkurs im Familienzentrum Itzehoe oder die offenen Gruppen zu Lebensfragen in den drei Familienbildungsstätten.
Was ist überhaupt Bildung? Und katholische Erwachsenenbildung? Burkhard Conrad: „Wir sprechen im Projekt Bildung von den drei ,B‘. Der Buchstabe steht für ,Beziehung‘, ‚Beratung‘ und ,Bildung‘. Zwischen diesen Polen bewegt sich das Angebot.“
Austausch ist ebenso wichtig wie Wissen
Zentral und „typisch“ für die katholische Erwachsenenbildung seien nach wie vor die spirituellen Angebote, die im weitesten Sinn theologische Themen haben. Aber auch politische und gesellschaftliche Gegenstände gehören zum Kern dieser Bildungsarbeit – die Frage, wie kann ich aktuelle Fragen aus christlicher Sicht beurteilen? Oder: Wie kann ich mein eigenes Leben nach guten Maßstäben gestalten?
Wer nur nach Informationen sucht, wird heute leicht fündig – im Buchhandel ebenso wie im Internet. „Aber da fehlt dann der Beziehungsaspekt. Darauf legen die Teilnehmer großen Wert. Es ist wichtig, dass man über einen Inhalt ins Gespräch gehen kann, dass Gemeinschaft erfahrbar ist, dass ich meine Lesart äußern kann, aber auch erfahre, dass es andere Lesarten gibt.“
Eben an diesem Punkt haben alle Anbieter von Bildung heute ein Problem. Zu einer Diskussion zusammenkommen, das ist unter Corona-Bedingungen kaum möglich. „Es gibt kein Bildungshaus und keinen Träger, der nicht unter diesen Bedingungen zu kämpfen hat.“ Zwar gebe es digitale Ausweichkonzepte. Ein Vortrag lässt sich leicht im Internet live übertragen, und selbst eine Diskussion ist per Videokonferenz technisch möglich. „Aber das ist aus meiner Sicht nur ein Ersatz. Eine Video-Diskussion funktioniert, wenn sich die Teilnehmer schon kennen. Und natürlich ist es gut, wenn ich etwa mit Menschen aus Übersee in Kontakt trete, die ich sonst nicht treffen kann. Aber aus meiner Sicht kann das Digitale selten das persönliche Erleben ersetzen. Und viele sind mittlerweile satt vom digitalen Austausch.“
In den folgenden Monaten werden wir in dieser Zeitung verschiedene Bildungseinrichtungen, Häuser und Organisationen vorstellen. Dargestellt wird das Typische der Einrichtung, ihre Zielgruppe, die Art des Angebots und auch die Menschen, die im Hintergrund die Fäden ziehen.
Text: Andreas Hüser