Wie die Organisation Jesuit Worldwide Learning den Menschen hilft

„Bildung kann dir niemand wegnehmen“

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Foto: jesuit worldwide learning

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In den Lernzentren im Irak studieren vor allem Jesiden und Geflüchtete aus Syrien.

Die Organisation Jesuit Worldwide Learning (JWL) hilft Menschen, die sonst nicht die Möglichkeit hätten zu studieren. Jährlich bekommen so mehr als 10 000 junge Frauen und Männern weltweit die Chance auf ein besseres Leben. Magdalena Nauderer arbeitet für JWL im Irak und erklärt, wie das funktioniert.

„Seit ich lebe, kenne ich keinen Frieden in meiner Umgebung“, sagt eine jesidische Studentin aus dem Irak. „Meine Gemeinschaft hat viel durchgemacht, Dutzende von Völkermorden erlebt. Der Kurs hat mich dazu gebracht, meiner Gemeinschaft zu helfen.“ 

Die junge Frau, die anonym bleiben möchte, hat am Kurs „peace leadership“ (Friedensstifter) teilgenommen. Jesiden haben ihre eigene Religion und werden seit 2014 vom IS verfolgt. Durch den Kurs konnte die Studentin ihr Gefühl von Ohnmacht ablegen. Sie sehe sich selbst nicht mehr nur als Opfer, sondern könne im Streit eine aktive Rolle einnehmen und sich für den Frieden einsetzen, erzählt sie. Genau das sei das Ziel, sagt Magdalena Nauderer, Geschäftsführerin des Fördervereins von JWL im Irak: „Es geht darum, die eigene Rolle zu reflektieren und sich selbst zu fragen: Was trage ich zum Frieden bei?“ 

Die Lernprogramme von JWL richteten sich an Studierende, die keinen Zugang zu Universitäten haben, sagt Nauderer. Die Lernzentren liegen in Orten, in denen Indigene leben, wie in Amazonien; in Flüchtlingslagern in Kenia und Malawi; in Autokratien wie Myanmar; in Orten, wo junge Menschen zu arm sind, um an Universitäten zu gehen, wie in Indien.

Ziel ist es, die jungen Leute in unterschiedlichen Berufsfeldern auszubilden und sie zu guten Sozialarbeitern, Grafikdesignern, Informatikern oder Nachhaltigkeitsexperten zu machen. Die Ausbildungen haben unterschiedliche Ziele und dauern unterschiedlich lange: Bachelor-Studiengänge zum Beispiel ungefähr vier Jahre, andere, die praktischer angelegt sind, damit die Studierenden schnell arbeiten können, nur ein bis zwei Jahre.

JWL arbeitet mit Partneruniversitäten überall auf der Welt zusammen, zum Teil mit sehr namhaften wie der Cambridge University aus Großbritannien oder der Georgetown University aus den USA. Die Studierenden sind bei der Partneruniversität eingeschrieben – auch wenn sie die Universität nie betreten werden.

JWL
Lernzentrum im Irak. Foto: jesuit worldwide learning

Die Jesuiten vermitteln die jungen Leute und helfen ihnen, das Studium zu schaffen. So bieten sie Englischkurse an, um das geforderte Sprachlevel zu erreichen, und stellen Laptops zur Verfügung. Und vor allem organisieren sie die JWL-Lernzentren: in alten Klöstern und wenn es nicht anders geht, in Containern. Nur wer in der Nähe eines Lernzentrums lebt, kann mitmachen.

In den Lernzentren treffen sich die Studierenden mehrmals in der Woche, an den anderen Tagen lernen sie alleine. Vor Ort gibt es keine Lehrer oder Professoren, sondern sogenannte „facilitators“, also Ermöglicher. Sie organisieren die Treffen, moderieren Diskussionsrunden und helfen den Studierenden, wenn sie mit Aufgaben nicht hinterherkommen. 

Das Fachwissen erarbeiten sich die Studierenden über die eigene digitale Lernplattform von JWL, auf der die Studieninhalte aufbereitet werden. Selbst digital an Vorlesungen teilzunehmen, ist für die meisten Studierenden unmöglich. Wer zum Beispiel in einem Flüchtlingscamp in Malawi lebt, hat keine dauerhafte Strom- und Internetverbindung. Und wer als Frau in Afghanistan wohnt, darf, seit die Taliban die Macht übernommen haben, nicht auswärts arbeiten und erst recht nicht studieren. Für sie ist JWL die einzige Möglichkeit, überhaupt einen Abschluss zu machen. Magdalena Nauderer erzählt von einer Studentin, die nicht mehr aus dem Haus gehen darf. Stattdessen besucht ihr Bruder das Lernzentrum und lädt für seine Schwester die Studieninhalte herunter. 

Die jungen Leute lernen für sich selbst und für das größere Ganze

Normalerweise sieht JWL allerdings vor, dass sich die Studierenden mindestens einmal pro Woche treffen. Sie sollen ihr Wissen nämlich nicht nur für sich selbst nutzen, sondern „for the greater good“, für „das übergeordnete Wohl“, sagt Nauderer. 

Und das geht vor allem im Austausch. Manchmal vernetzen sich Studierende aus aller Welt. Iraker arbeiten dann mit Kolumbianerinnen zusammen. Das hilft, denn die Menschen, die bei JWL anfangen, fühlen sich oft alleine, zurückgelassen und identifizieren sich sehr als Opfer, weil sie Krieg erleben oder arm sind. Dann aber erlebten sie, „es gibt Studenten, die leben auf einem anderen Kontinent und denen geht es genauso wie mir“, erklärt Nauderer.

Manchmal gelingt es ihnen, ein ganz neues Selbstbewusstsein zu finden. Denn egal, ob man nicht genug zu essen hat, das Zuhause zerbombt wurde oder sogar geliebte Menschen getötet wurden, Nauderer sieht immer wieder: „Bildung ist etwas, das kann dir niemand wegnehmen. Du stehst einfach stabiler im Leben.“

Luzia Arlinghaus

Zur Sache: Um das Programm bezahlen zu können, sammelt JWL Spenden. Zuschüsse gibt es aus den Weltkirchenabteilungen verschiedener deutscher Diözesen, aber auch von Hilfsorganisationen wie missio München. Weitere Infos: www.jwl.org