Bistumstag der Erzdiözese Berlin in Potsdam
„Christsein braucht Wagemut“
Erzbischof Koch im Gespräch mit der Berliner Diözesanratsvorsitzenden Karlies Abmeier, Caritas-Direktorin Ulrike Kostka und der Potsdamer Beigeordneten Brigitte Schneider (von rechts) bei einer Podiumsdiskussion am Bistumstag. Fotos: Angela Kröll |
„Was will er hier?“ Mit diesen Worten habe der preußische König Friedrich Wilhelm I. vor 300 Jahren den katholischen Seelsorger in Potsdam begrüßt, sagte Erzbischof Heiner Koch in seiner Predigt beim Bistumstag am vergangenen Sonntag auf dem Bassinplatz, direkt neben der Kirche St. Peter und Paul. Die Antwort sei ganz einfach gewesen: Die katholischen Gewehrbauer und ihre Familien, die der „Soldatenkönig“ als Fachkräfte für seine neuen Gewehrfabriken in Potsdam und Spandau aus dem wallonischen Lüttich ins Land lotste, bestanden auf die Vereinbarung, katholische Gottesdienste in ihrer Sprache feiern zu dürfen. Und so wurde der Dominikanerpater Ludovicus Belo der erste katholische Pfarrer der 1722 gegründeten Potsdamer Gemeinde.
„Es gibt keine ungläubigen Menschen“
Die Frage des Preußenkönigs, sagte der Erzbischof weiter, werde so ähnlich auch heute gestellt, nämlich von der Mehrheit ohne christlichen Glauben, in Richtung der Christen aller Konfessionen: „Was wollt ihr hier?“
Für die Christen bedeute das, „die Frage anzunehmen und sich selbst darüber klar zu werden: Warum sind wir hier? Warum gibt es überhaupt die Kirche?“ Damit werde letztlich die entscheidende Frage stets wachgehalten: Gibt es einen Gott oder gibt es ihn nicht? In der Beantwortung dieser Frage gibt es für Erzbischof Koch keine ungläubigen Menschen: „Der eine glaubt, dass es Gott gibt, und der andere glaubt, dass es Gott nicht gibt. Wahrscheinlich erfahren die meisten Menschen heute Gott in ihrem Leben nicht, weil sie nicht bereit dazu sind, sich mit Gott auf den Weg ihres Alltags und ihres Vertrauens zu machen.“ Christen seien Menschen, die Gott ihr Vertrauen schenkten. „Es ist eine mutige Haltung und Entscheidung, Christ zu sein“, so die Schlussfolgerung des Oberhirten, „und nichts für Menschen ohne Wagemut“.
Auf die Courage und das Selbstbewusstsein der belgischen Facharbeiter, in der neuen Wahlheimat nicht nur als Gewehrbauer, sondern bewusst auch als Katholiken zu erscheinen, könne man 300 Jahre später dankbar schauen, denn damit seien sie Mitbegründer des heutigen Erzbistums Berlin.
Etwa 1300 Gläubige aus dem gesamten Bistumsgebiet feierten unter freiem Himmel den Festgottesdienst. |
Viele Facetten, kurzweilige Gestaltung
Dankbarkeit brachte auch der Brandenburgische Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) in seiner Rede zum Ausdruck. „Die katholische Kirche ist eine wichtige Säule des sozialen Miteinanders“, sagte der Politiker und evangelische Christ. „Sie ist Kulturträger, engagiert sich als Träger sozialer und Bildungseinrichtungen. Auch im interreligiösen Dialog wie der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist die katholische Kirche nicht wegzudenken.“
Wie vielfältig katholisches Leben im Erzbistum ist, zeigten beim Bistumstag beinahe 20 Verbände, Initiativen und Einrichtungen aus allen Teilen des Bistums, die ihren Stand auf dem Bassinplatz aufgebaut hatten. Ob geistliches Leben, Kunst, Bildung, Jugend- und Familienarbeit oder gesellschaftspolitischer Einsatz – wer sich rund um Kirche engagiert, so wurde deutlich, tut dies nicht nur für sich und die eigene Gemeinde, sondern auch für jene, in deren Leben der Glaube keine Rolle spielt.
Apropos: Auch diese gehörten zu den insgesamt über 1600 Besuchern des Bistumstags, auch dank der Lage der Propsteikirche mitten im Herzen der Landeshauptstadt. „Die Gestaltung, aber auch die Predigten und Reden haben mir gefallen“, sagte ein Potsdamer, der den Festgottesdienst still mitverfolgt hat. Gelungen fand er zudem die moderne musikalische Untermalung durch die christliche Band „Patchwork“. „Das hätte ich gerade der katholischen Kirche so gar nicht zugetraut.“
Für eine Überraschung bei manchem Besucher sorgte auch das Versorgungsangebot, denn ausgeschenkt wurde unter anderem eine belgische Biermarke. Damit schloss sich ein Kreis, denn während die wallonischen Neuankömmlinge ihren Glauben frei ausleben durften, blieb ihnen das Recht, ihr eigenes Bier zu brauen, verwehrt. „Rein vom Geschmack her war das eine klare Fehlentscheidung“, befand ein junges Pärchen, das sich ein Glas genehmigte.
Von Stefan Schilde