Seit 40 Jahren beten Lingener für den Frieden
"Das Friedensgebet tut mir gut"
Foto: Elisabeth Tondera
Woche für Woche, immer mittwochs um 9.30 Uhr, treffen sich seit 40 Jahren in der Lingener Kreuzkirche Frauen und Männer verschiedener Konfessionen zum Friedensgebet. Am 14. Juni zum 2000. Mal.
Im Sommer 1983 lud der ökumenische Vorbereitungskreis der Frauen zum ersten Mal ein. „Es ist erstaunlich, dass das Friedensgebet seit 40 Jahren stattfindet und es immer noch eine Gruppe von Menschen gibt, für die es wichtig ist, durch das Gebet einen Beitrag für den Frieden zu leisten“, sagt Kerstin Buck-Emden. In der „Alten Backstube“ gegenüber der Kreuzkirche kommen die Mitwirkenden nach dem Friedensgebet noch zu einem Kaffee oder Tee zusammen.
Kerstin Buck-Emden ist seit 1989 dabei und hat 2019 die Leitung von der inzwischen verstorbenen Diakonin Erika Ahlers übernommen, die das Friedensgebet mitbegründet hat. Es war die Zeit der großen Friedensbewegung, die vor allem mit der Stationierung der amerikanischen Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik zusammenhing. „Wir wollten auch unseren Beitrag zur Erhaltung des Friedens leisten, aber wir suchten nach anderen Wegen als Demonstrationen oder Protestmärschen“, sagte Erika Ahlers 1998. Anlass war damals das 15-jährige Bestehen des Friedensgebets.
Am 3. August 1983 kamen Frauen und Männer zum ersten Friedensgebet in Lingen zusammen, seitdem findet es kontinuierlich am selben Ort und um dieselbe Zeit statt. Nur während der Renovierung der Kreuzkirche und während der Pandemie mussten die Betenden an andere Orte ausweichen. „Während des ersten strengen Lockdowns 2020 blieben wir über Telefon und Briefe verbunden und verabredeten uns, mittwochs zu Hause um 9.30 Uhr im Gebet aneinander zu denken“, erzählt Kerstin Buck-Emden. Als es wärmer wurde, lud Erika Ahlers am Brunnen hinter der Kirche zum Gebet unter freiem Himmel ein. „Im zweiten Lockdown 2021 haben wir uns in der St.-Bonifatius-Kirche getroffen, die zum stillen Gebet geöffnet war. So konnten wir uns wenigstens sehen und kurz sprechen“, so Buck-Emden.
Es war die Zeit der Friedensbewegung
Der Ablauf ist seit 40 Jahren gleich. Getreu dem Motto des Friedensgebetes „Informiert beten – betend handeln“ werden immer aktuelle Themen in die Lieder, Texte und Bildbetrachtungen aufgenommen. „Grund zum Beten gibt es nach wie vor genug“, betont Kerstin Buck-Emden und zählt einige Themen auf: Klimawandel, Corona, Hungerkatastrophen, der Krieg in der Ukraine. Jede Woche ist jemand anderes für die Vorbereitung zuständig. Ortrud Kneuper, seit 38 Jahren dabei, stellt fest, dass sie von dem Friedensgebet dann am meisten profitiert, wenn sie mitverantwortlich ist. „Fast jede Vorbereitung fordert und fördert mich. Die vielen Nachrichten in den Medien kann ich nicht verkraften. Im Friedensgebet verarbeiten wir sie nach Vermögen. Das befreit“, sagt sie.
Zu Beginn kamen bis zu 60 Menschen zusammen, zwischen 15 und 20 sind es immer noch. Heike Wichering ist nach langer Abwesenheit nach Lingen zurückgekehrt. Nach dem Beginn des Ukrainekrieges erinnerte sie sich an das Friedensgebet. „Ich ging hin und merkte, dass diese halbe Stunde in der Kirche mir guttut und mir interessante Impulse gibt“, sagt sie. Als besondere Bereicherung erlebt sie das ökumenische Miteinander. So geht es auch Traute Pott, die 2007 zum Friedensgebet gekommen ist. „Ich habe die Nähe zu Menschen bekommen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte“, so die Frau, die den Wert der Gemeinschaft betont. „Einige Mitwirkende sind alleinstehend und genießen den Mittwochvormittag, das gemeinsame Beten und das Zusammensein hinterher. Ich glaube, das ist ihr Lebenselixier“, sagt sie, die in der Frauengemeinschaft (kfd) aktiv ist.
Manchmal fragt sie sich zwar, wie lange das Friedensgebet noch aufrechterhalten werden kann, denn es gibt kaum Teilnehmer unter 50, und die meisten Aktiven sind zwischen 64 und 86 Jahre alt. Aber ein Großteil der Mitwirkenden ist davon überzeugt, dass sie das Gebet für den Frieden nicht aufgeben dürfen. Deshalb hofft sie, dass dieser Termin beibehalten werden kann. Kerstin Buck-Emden pflichtet ihr bei: „Auch wenn wir nicht die Welt verändern können, so leisten wir doch einen kleinen Beitrag für den Frieden – und das wollen wir weiterhin tun.“
Am Mittwoch, 14. Juni, um 9.30 Uhr sind Interessierte eingeladen, das 2000. Friedensgebet in der Kreuzkirche mitzubegehen.