Katholikenrat Dresden-Meißen gegen Änderung des Abtreibungsrechts
Den Kompromiss beibehalten
Seit Jahrzehnten tobt in den USA ein Kulturkampf über Abtreibungen. Steht ein solcher nun auch Deutschland bevor? Foto: imago images/Bryan Olin Dozier |
„Bringen Sie die christlichen Werte zum Lebensschutz aktiv in die Diskussion ein!” Mit diesem Appell hat sich der Katholikenrat des Bistums Dresden-Meißen in einem Brief an christliche Bundestagsabgeordnete aus Sachsen und Ostthüringen (außer AfD) für den Erhalt der Beratungslösung im Schwangerschaftskonflikt stark gemacht.
Gegen das Vorhaben der Ampelkoalition
Anlass für die Initiative sind neuerliche Signale der Regierungskoalition, speziell von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), die Paragrafen 218 und 219 aus dem Strafgesetzbuch streichen zu wollen. Aktuell stehen Abtreibungen zwar unter Strafe – nicht jedoch dann, wenn die Schwangere sich vorher beraten lässt, eine Austragung körperliche oder seelische Beeinträchtigungen für sie zur Folge hätte oder die Schwangerschaft Ergebnis einer Sexualstraftat ist.
„Das Prinzip der doppelten Anwaltschaft – für die Mutter und das ungeborene Kind – ist eine wichtige Errungenschaft“, sagte die Katholikenratsvorsitzende Martina Breyer. „Wir halten die bestehende Regelung für einen wichtigen gesellschaftlichen Konsens; einen Kompromiss, um den lange gerungen wurde und den es aus christlicher Perspektive zu erhalten gilt.“ Mit dem Brief wolle der Katholikenrat das Thema im Bewusstsein der Volksvertreter halten. „Uns erscheint sinnvoll, zuerst mit denen ins Gespräch zu kommen, mit denen wir durch unseren Glauben verbunden sind. Gleichzeitig laden wir alle ein, denen das Thema am Herzen liegt, sich ebenfalls an ihre Abgeordneten zu wenden“, so Breyer.
Herrmann (Grüne): „Frauen stigmatisiert“
Vom Tag des Herrn auf den Brief angesprochen, sagte der Chemnitzer Bundestagsabgeordnete Bernhard Herrmann (Grüne): „Die Frage nach Abtreibungen ist meiner Meinung nach außerhalb des Strafgesetzbuches angemessener und besser zu regeln. Dementsprechend werde ich, wie wahrscheinlich meine ganze Fraktion, für eine Streichung des § 218 stimmen. Über die weitere Ausgestaltung wird es einen wohl ebenso intensiven wie sensiblen Diskurs brauchen.“
Schwangere, die einen Abbruch vornehmen lassen, seien oft Stigmatisierungen und Anfeindungen ausgesetzt, meint der Katholik Herrmann weiter. „Teil dessen ist, dass sie eine Straftat begehen, die lediglich unter Umständen straffrei bleibt. Wenn wir den Betroffenen diesen Druck nehmen könnten, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung.“ Ähnlich betroffen seien Ärzte, die Abtreibungen vornehmen.
„Alleinerziehende stärker unterstützen“
Auf die Frage, wie die Politik Frauen die Entscheidung für ihr Kind erleichtern sollte, sagte der Grünenpolitiker: „Ein wesentlicher Baustein wäre, unsere Infrastrukturen kinder- und familienfreundlicher auszurichten, etwa durch ausreichende Bildungsangebote von Anfang an und flexiblere Arbeits- und Ausbildungsmodelle für Eltern.“ Zudem seien Alleinerziehende von Schwangerschaftskonflikten besonders betroffen und müssten finanziell besser unterstützt werden.
Sein Glaube, so Bernhard Hermann, spiele in dieser Frage eine große Rolle. „Er prägt meine Wertschätzung und hohe Achtung vor dem Leben, in all seiner Vielfalt, nach und auch vor der Geburt, maßgeblich. Er prägt aber ebenso meinen Respekt vor verantwortungsvoller, freier Entscheidung anderer, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.“
Die katholische Auerbacher CDU-Abgeordnete Yvonne Magwas, die sich in der Vergangenheit für den Erhalt der Gesetzeslage ausgesprochen hatte, stand bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.
(schi)