Verhandlungen nach Messerattacke in Regionalzug begonnen

Der Glaube gibt der Familie Halt

Image
Vater steht vor einem Foto seiner Tochter
Nachweis

Foto: Marco Chwalek

Caption

Michael Kyrath vor einem Bild seiner Tochter Ann-Marie. Die Jugendliche kam bei einem Attentat im Regionalzug ums Leben. Foto: Marco Chwalek

Die Messerattacke auf Reisende in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg Ende Januar bewegte das Land. Ein junger Mann und seine Freundin starben, die Jugendliche war Messdienerin. Ihr Vater erzählt von seiner Tochter und dem Glauben an Gott.

In der vergangenen Woche hat vor dem Landgericht Itzehoe der Prozess gegen einen Mann begonnen, der im Verdacht steht, im Januar in einem Zug bei Brokstedt in Schleswig-Holstein zwei junge Menschen erstochen sowie vier Menschen schwer verletzt zu haben. Der 19-jährige Denny und seine zwei Jahre jüngere Freundin Ann-Marie kamen ums Leben. Die Anteilnahme war groß: 7000 Karten und Briefe gingen bei Ann-Maries Familie ein.

Ann-Marie war Messdienerin in der Elmshorner Pfarrei Heiliger Martin, wo sie sehr aktiv war. Ihre Eltern, Birgit und Michael Kyrath, haben den Tod ihrer Tochter noch nicht verarbeitet. Aber sie gehen offen mit ihrem Schmerz um, haben sich mehrfach öffentlich geäußert, weil ihnen das Sprechen über die geliebte Tochter hilft. Auch dem Rundfunkreferat des Erzbistums Hamburg gab Vater Michael Kyrath ein Interview. Er sprach dabei über den Glauben, der nicht nur seine Tochter durchs Leben trug, sondern jetzt der Familie Halt gibt. Dazu gehöre auch die Gewissheit, dass seine Tochter in dem Moment nicht allein war, „sondern jemand bei sich hatte, den sie geliebt hat, der sie geliebt hat, die sich gegenseitig vertraut haben“, sagt Kyrath.

Sie war mit Herzblut Messdienerin

Ann-Marie war gerade erst 17 Jahre alt geworden. Sie war, so erzählt es ihr Vater, „mit Herzblut Messdienerin und sehr, sehr gläubig und hat es auch so gelebt“. Der regelmäßige Kirchgang, das Gebet und ihre inneren Gespräche mit Gott gehörten dazu. „Nicht nur in der Kirche, auch zu Hause“, so Michael Kyrath. Am liebsten ging sie in die Vorabendmesse in Elmshorn. „Das geht uns eigentlich auch so, und alle Menschen, die dort sind, die man dann ja auch regelmäßig wiedertrifft, sind sehr gefühlvoll, sehr empathisch, sehr mitfühlend“, findet der Vater.

Er selbst hat seinen Glauben nicht verloren. „Einerseits hadert man natürlich und fragt Gott: ,Warum tust Du mir, tust Du uns das an?‘ Auf der anderen Seite ist es aber auch das, was einen stützt, dass Ann-Marie jetzt in einer besseren Welt ist und vielleicht dort mit ihrer Freude, mit ihrem Enthusiasmus, mit ihrer Begeisterungsfähigkeit auch was bewegen kann.“ Persönlich helfe ihm der Gemeindepfarrer weiter, „der eine ganz, ganz wichtige, immer wieder aufbauende Stütze ist“.

„Sehr gut“ fand Michael Kyrath den Trauergottesdienst, der Anfang Februar in Neumünster stattfand und an dem vor allem Rettungskräfte teilnahmen. Kyrath: „Natürlich ist es auch wichtig, dass diese Menschen ihr Erlebtes verarbeiten können, dürfen und müssen und auch das Recht haben, auf ihre Art und Weise zu trauern.“ Die Familie selbst hält sich in der Trauer an einen Leitsatz von Ann-Marie: „Aufgeben ist keine Option.“ (nkz)