Der Samariter als Vorbild

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Die Chrisammesse musste im Frühjahr wegen Corona ausfallen. Die Weihe der heiligen Öle wurde nun im St. Marien-Dom in Hamburg nachgeholt.

Heilige Öle für die nächsten Monate: Auszug mit den Öl-Gefäßen
Heilige Öle für die nächsten Monate: Auszug mit den Öl-Gefäßen. Foto: Marco Heinen

Die Segnung der heiligen Öle für das kommende Jahr ist stets ein besonderes Ereignis. Denn zur Missa chrismatis im St. Marien-Dom, in der das Chrisam, das Katechumenenöl und das Öl für die Krankensalbung durch den Erzbischof geweiht werden, reisen normalerweise Priester, Diakone und Ordensschwestern aus dem ganzen Erzbistum nach Hamburg an. Und üblicherweise wird die Chrisammesse auch nicht erst im Oktober, sondern bereits in der Karwoche gefeiert.

Doch in diesem Jahr ist ja alles anders. Statt eines festlichen Einzugs und zahlreicher Gottesdienstbesucher gab es am Donnerstag, 15. Oktober nur reservierte Plätze und spärlich besetzte Kirchenbänke, dafür aber einen Live-Stream im Internet (die Aufzeichnung der Chrisammesse ist weiterhin auf dem Youtube-Kanal des Erzbistums abrufbar), so dass, wer wollte, dabei sein konnte.

Mitfeiernde bei der Missa Chrismatis
Auf Abstand und mit Maske wurde die Chrisammesse gefeiert. Foto: Heinen

Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas, 10,25–37) stand im Mittelpunkt der Predigt von Erzbischof Heße. Der Mann am Boden sei „halbtot am Leben“, liege da hilflos und allein. „In diesen Tagen fallen mir viele Menschen ein, die auch am Boden liegen: Alte, Kranke, Corona-Infizierte, Menschen, die sich fragen, wie ihre wirtschaftliche Situation weitergeht, ihr Betrieb, ihre Arbeit“, so der Erzbischof. Er begegne vielen Seelsorgern, die gewissermaßen auch am Boden lägen angesichts der Fragen, wie es etwa mit den Gemeinden weitergehe oder mit der Katechese und der Jugendarbeit. Dies alles seien „Situationen, wo Menschen diesem überfallenen, am Boden liegenden Halbtoten ähneln“, sagte Heße. „Und ich glaube, wir dürfen auch den Gedanken haben, in diesem Mann am Boden uns selber zu sehen, nicht nur die anderen“, ergänzte er, um dann einen ganz persönlichen Satz zu sagen: „Mir hilft es jedenfalls in meiner jetzigen Situation, dieses Evangelium zu betrachten und mich im Evangelium wiederzufinden.“

Während ein Levit und ein Gesetzeslehrer – zwei religiöse Autoritäten – vorbeigegangen seien, habe sich ausgerechnet ein Fremder aus Samarien, ein Ungläubiger, gekümmert. 

Papst Franziskus habe in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ in einem Abschnitt über den barmherzigen Samariter deutlich gemacht, dass es in eine solchen Situation nur zwei Alternativen gebe: wegschauen und weitergehen oder hinschauen und zupacken. Ein Dazwischen gebe es nicht. Der barmherzige Samariter sei, so Heße, „ein Bild für das, was wir im Erzbistum Hamburg wollen: Kirche in Beziehung sein.“

 Text u. Foto: Marco Heinen