Kirche soll sich auf alles besinnen, was eint
Der Stoff, der verbinden soll
Wieder auf das besinnen, was eint. Das wünscht sich Kristof von Platen aus Königs Wusterhausen von der Kirche. Mit dem „Band der Frohen Botschaft“ hat er dafür eine ehrgeizige Idee entwickelt – und hofft, dass viele mitmachen.
Wieder auf das besinnen, was eint. Das wünscht sich Kristof von Platen aus Königs Wusterhausen von der Kirche. Mit dem „Band der Frohen Botschaft“ hat er dafür eine ehrgeizige Idee entwickelt – und hofft, dass viele mitmachen. Foto: Stefan Schilde |
Die Idee ist eigentlich ganz simpel: Weißer und gelber Stoff von jeweils 1 Meter Höhe und höchstens 1,5 Meter Breite bilden eine Art Doppelfahne. Das Gelb symbolisiert die katholische Kirche, auf dem weißen Untergrund steht ein Spruch aus der Bibel, ein Psalm oder etwas Ähnliches: „Das kann etwas sein, das die Gemeinde oder den Personenkreis, der mitmacht, verbindet. Etwas, was ihr christliches Handeln beschreibt. Oder aber etwas, das ihre Kirche für sie ausmacht. Oder, was sie sich von ihr für die Zukunft wünschen“, sagt Dr. Kristof von Platen. Darunter den Namen der Gemeinde, Organisation oder des Personenkreises. „Band der Frohen Botschaft“, heißt die Projektidee des 77-Jährigen aus Königs Wusterhausen. „Frohe Botschaft“, weil es eine Geschichte voller Freude und Zuversicht sei, die das Neue Testament verkündet und die es in die Welt hinauszutragen gelte.
„Band“ deshalb, weil es bei einer Fahne nicht bleiben soll. Viele sollen es werden, am besten hunderte, alle mit einem roten Faden verknüpft. „Gesprächsfaden“, so nennt ihn Kristof von Platen. „Der Gesprächsfaden, den wir bei all unseren unterschiedlichen Ansichten und Vorstellungen nie abreißen lassen dürfen. Es gibt keinen progressiven oder konservativen Faden.“ Dem Betreiber mehrerer Privatschulen in Königs Wusterhausen und Umgebung gehe es darum, die mitunter zerrissen wirkende Kirche wieder mehr zusammenzuführen, sich darauf zu besinnen, was vereint, nicht darauf, was trennt. „Alle, die guten Willens sind, sollen mitmachen dürfen.“
Nicht nur reine Symbolpolitik
Es ist eine Iniative mit Symbolcharakter. Eine, die zeigen soll: Wir gehören zusammen, auch wenn wir manchmal streiten. Deshalb auch das einheitliche Erscheinungsbild der Fahnen. Aber es soll nicht darum gehen, nach außen auf Friede, Freude, Eierkuchen zu machen, während drinnen die Fetzen fliegen.
Er stellt sich vor, wie Gläubige, die zu einem Thema eine unterschiedliche Haltung haben, beim Anfertigen ihrer Fahne ins Gespräch kommen, diskutieren, nach dem gemeinsamen Nenner suchen. Beim Finden und Niederschreiben der Botschaft, beim Zusammennähen der Fahnen. „Natürlich wird das nicht immer funktionieren“, sagt von Platen. Man könne gar nicht zu jedem Thema gleicher Ansicht sein. „Aber man kann ein Verständnis für den anderen entwickeln, versuchen zu erfahren: Wo kommt der andere her mit seiner Meinung? Was hat er erlebt? Was steckt dahinter?“
Miteinander im Gespräch zu bleiben, darauf kommt es von Platen an: Der Weg ist das Ziel. Dass die Kirche so viele verschiedene Menschen vereint, so der gebürtige Westfale, das unterscheide sie von einer politischen Partei. Deshalb sollen auch möglichst keine Einzelpersonen ihre eigene Fahnen anfertigen. Das würde dem Gedanken des Miteinanders widersprechen.
Er denkt auch an die strukturellen Veränderungen auf Gemeindeebene, hin zu größeren Pfarreien, die auf großem Gebiet viele vormals selbstständige Pfarrgemeinden vereinen sollen. „Die neuen Pfarreien könnten zusammen eine Fahne nähen, um sich besser kennenzulernen. Eine Art Aufschlag für zukünftige gemeisame Aktionen.“
Eine Aktion, die von unten kommt
Er legt Wert darauf, dass es eine Aktion ist, die nicht von offizieller Stelle kommt, sondern von der Basis. Und auch von ihr getragen wird: Wer sich beteiligen möchte, muss sich selbst um das Material kümmern, auch die Übergabe an den nächsten Teilnehmer organisieren. Wie bei der Übergabe des Stabs beim Staffellauf. „Das Ganze allein zu schultern, die einzelnen Fahnen selbst alle miteinander zu verbinden, das ist für mich als Privatperson nicht umsetzbar.“ Er zählt auf Eigenverantwortung, will aber eine Internet-Plattform zur Aktion ins Leben rufen. Dort kann man den Stand der Dinge erfahren und sich miteinander vernetzen.
Und wie wäre es, auch die evangelischen und die freikirchlichen Christen mit ins Boot zu holen? Der Gedanke sei ihm auch gekommen, sagt Kristof von Platen. „Aber ich habe ihn dann doch wieder verworfen.“ Zwar habe er nichts gegen die evangelische Kirche, der er bis in die 1980er Jahre selbst angehörte. Und er wisse auch: Die Gegenwart stellt nicht nur die katholische Kirche vor Herausforderungen. Aber: „Mir ist erst einmal wichtig, dass wir als Katholiken wieder mehr zueinanderfinden, unser Band festigen. Es soll ein großes Bild entstehen, das zu den Schwestern und Brüdern spricht: Seht, da sind wir mit euch!“
Sein Traum: einmal rund um den Petersdom
Das war es aber auch schon mit den Einschränkungen. Gerade geografisch schwebt von Platen Größeres vor. Wenn es nach ihm geht, machen nicht nur Katholiken aus dem Erzbistum Berlin, sondern aus ganz Deutschland mit – und irgendwann vielleicht sogar darüber hinaus. „Aber ich bin realistisch. Ich wäre schon zufrieden, wenn es erst einmal anläuft und die Leute sich mit dem Anliegen identifizieren können.“ Er hofft, dass sich die Idee schnell verbreitet, auch wenn das organisatorisch und logistisch gesehen kompliziert werden könnte.
„Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn das Band am Ende einmal komplett den Petersdom umspannt. Oder dass wir 2000 Meter schaffen, angesichts von nunmehr über 2000 Jahren Christentum.“ Ein bisschen Träumen wird ja noch erlaubt sein.
Stefan Schilde