Klein, aber fein: Ein Kunstwerk aus Palmholz

Die Betnuss der Maria von Burgund

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Haben Sie schon mal von einer Betnuss gehört? Nein, nicht von einer Betelnuss, das ist die Frucht einer Palme. Eine Betnuss ist ein großes Kunstwerk in ganz klein. Von Ruth Lehnen


Eine solche Betnuss oder Gebetsnuss besaß Maria von Burgund (1457 bis 1482). Sie war die Frau des Erzherzogs Maximilian von Österreich, des späteren Kaisers Maximilian I. Bei der Betnuss handelt es sich um eine Miniaturschnitzerei: um eine nussförmige Kapsel, die sich in zwei Hälften aufklappen lässt. Obwohl nur wenige Zentimeter groß, enthält diese Betnuss zwei wunderbar geschnitzte filigrane Szenen. Die untere Hälfte zeigt den Evangelisten Johannes mit dem Kelch, die heilige Katharina mit dem Schwert und die heilige Barbara, deren Turm im Hintergrund steht. Oben rechts ist Maria von Burgund zu sehen, neben ihr der heilige Georg und ihr Mann Kaiser Maximilian.

 

Betnuss geöffnet
Die geöffnete Betnuss: oben rechts Maria von Burgund,
daneben der heilige Georg, links Marias Gatte, Kaiser Maximilian.
Unten von links: Heilige Katharina,
Johannes mit dem Kelch, heilige Barbara. Foto: Bergbau- und Gotikmuseum Leogang

Um dieses winzigkleine, große Kunstwerk zu erschaffen hat der Künstler, dessen Namen man nicht mehr kennt, sieben Jahre gebraucht. Das berichtet Andreas Herzog, Kustos-Stellvertreter im Bergbau- und Gotikmuseum Leogang. Das bemerkenswerte Privatmuseum ist im heutigen Tourismusort und früheren Bergwerksdorf Leogang im Bundesland Salzburg zu finden. 

Ein besonderes Erbstück „in gute Hände“ abgegeben

Andreas Herzog weiß, wie das Museum zu seinem wertvollsten Exponat gekommen ist. Bei der Ausstellungseröffnung der Gotiksammlung von Rudolf Leopold in Leogang sprachen die Eigentümer den Gründer und Visionär des Museums, Professor Hermann Mayrhofer, an. Sie wollten ihr besonderes Erbstück in guten Händen wissen, außerdem sollte es in Österreich bleiben. „Sie haben es uns um einen sehr christlichen Preis überlassen und hätten es ebenso um ein Vielfaches nach Amerika verkaufen können“, berichtet Herzog.   
Die kleine Gebetsnuss wurde nicht etwa aus Nussbaumholz, sondern aus dem besonders beständigen Buchsbaumholz geschnitzt. Dieses wurde im Mittelalter auch „Palmholz“ genannt, weil aus Buchsbaum einstmals das Kreuz Christi geschlagen worden sein soll.   
Gebetsnüsse hatten noch weitere Besonderheiten: Oftmals gab es Aussparungen, um wohlriechende Kräuter  ebenfalls in der Nuss unterzubringen und am Körper tragen zu können. So verströmte das Meditationsobjekt nicht nur die Aura der Heiligen, sondern auch noch Duft wie ein Potpourri. Die kleine runde Kapsel war vieles zugleich: Zeichen von Frömmigkeit, Objekt der Andacht und Luxusgegenstand zu Repräsentationszwecken.   

Heute gebe es etwa 100 Betnüsse aus dieser Zeit weltweit, berichtet Andreas Herzog.   
Maria von Burgunds Betnuss hat übrigens keineswegs als Glücksbringer gewirkt: Die Adlige starb 
25-jährig nach einem Sturz vom Pferd.   

(Der Artikel wurde aktualisiert.)
 

ZUR SACHE

Das Bergbau- und Gotikmuseum Leogang

Das Bergbau- und Gotikmuseum Leogang ist ein Privatmuseum im Ortsteil Hütten des Tourismus-Orts Leogang im Salzburger Land. Es war 2021 nominiert für den Europäischen Museumspreis. Das Museum präsentiert Bergbaugeschichte und sakrale gotische Kunst. Bergbau und Kunst gehören zusammen: Der Silberbergbau hat im Mittelalter den Reichtum nach Leogang gebracht, mit dem gotische Kunstwerke in Auftrag gegeben wurden. Nach einer denkmalgerechten Sanierung ist das „Thurnhaus“ im Zentrum von Hütten das neue Zuhause der Sammlung. Hier begegnet man der sogenannten „bergmännischen Schatz- und Wunderkammer“ und kann den Verbindungen zwischen Bergbau und Kunst am Beispiel der Bergbauheiligen nachspüren, zu denen die heilige Barbara, die heilige Anna und der heilige Georg gehören. Die Betnuss der Maria von Burgund ist eins der Prunkstücke der Sammlung. (nen)

Öffnungszeiten Mai bis Oktober:   
täglich außer Montag 10 bis 17 Uhr   
Januar bis April: Mittwoch und Donnerstag 13 bis 17 Uhr

 

Ruth Lehnen