Tradition im Bistum Osnabrück geht zu Ende

Die letzte Jugendvesper

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Junge Leute schauen sich Fotos an.
Nachweis

Foto: Luzia Arlinghaus

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Ist das lange her! Besucher der Jugendvesper schauen sich Fotos der vergangenen 25 Jahre an.

Mehr als 25 Jahre war die Jugendvesper ein offenes Angebot für junge Menschen aus dem ganzen Bistum. Jetzt muss sie sich verändern.

Der Chorraum des Doms ist voll. Damit jeder einen Platz bekommt, stehen sogar Hocker vor den Bänken. Der Rahmen der Jugendvesper ist wie üblich: Eine Musikgruppe, diesmal „Da Capo“ aus Bad Rothenfelde, ist da und singt moderne geistliche Lieder. Die Vesper beginnt mit einer kurzen Meditation, die Predigt steht unter dem Jahresmotto „Auf gutem Grund“. Trotzdem ist diesmal alles etwas anders. Unter den Besucherinnen und Besuchern sind vor allem Erwachsene. Menschen um die 30 und älter, die früher regelmäßig dabei waren. Heute wollen sie das 25-jährige Bestehen der Jugendvesper feiern und gleichzeitig das Ende der Tradition.

Einmal im Monat kamen Jugendliche aus Osnabrück und dem ganzen Bistum einmal zusammen und feierten eine Jugendvesper. Altbischof Franz-Josef Bode war es, der die Idee hatte, sie im Chorraum des Doms zu feiern, so waren sich die Jugendlichen näher. Und wenn dann doch mehr kamen als angekündigt, einmal sollen es fast 200 Jugendliche gewesen sein, war in den Bänken immer noch genug Platz. Bode ist es auch, der zum letzten Mal in der Jugendvesper predigen darf. „Es gibt Weniges im Jugendbereich, das so eine lange Lebenszeit hat“, sagt er.

Die letzten Monate und besonders seit dem Corona-Lockdown, kommen die Jugendlichen nicht mehr in Scharen. Manchmal hätten sie die Jugendvesper nur noch zu zehnt gefeiert, sagt Natalie Jelen. Sie ist Pastoralreferentin in der Berufungspastoral und organisiert die Jugendvesper jeden Monat mit ihren Kolleginnen und Kollegen.

Es gibt Weniges im Jugendbereich, das so eine lange Lebenszeit hat.

Um das Angebot zu retten, hatte das Team der Berufungspastoral eine Umfrage im Internet verschickt. Was fehlt Euch? Wie können wir die Vesper verändern?. Mittlerweile weiß Jelen, dass ein neues Format her muss, damit liturgische Feiern für Jugendliche bald nicht ganz ausfallen müssen. Wie das neue Format aussehen soll, wo es stattfindet und wie regelmäßig, das werden sie in den kommenden Wochen erarbeiten, sagt Jelen.

Eine klare Antwort darauf, warum die Jugendvesper heute kaum noch Jugendliche anzieht, hat Jelen nicht. Aber sie sieht ein, dass es Hürden gibt, die Jugendliche davon abhalten zu kommen. „Man muss sich auf den Weg machen und man muss  mal mitgenommen werden“, sagt Jelen. Vor allem Jugendliche die nicht aus Osnabrück kommen und noch keinen Führerschein haben, schaffen es an einem Donnerstagabend nicht herzukommen. Erst recht nicht alleine.

Damit sie nicht nur für eine Stunde kommen, sich berieseln lassen und danach wieder fahren, habe es immer das Angebot gegeben, sich nach der Vesper noch auf ein Getränk zusammenzusetzen, erzählt Jelen. Außerdem hätten auch die Prediger immer wieder versucht, die Jugendlichen einzubeziehen. Zum Beispiel, indem sie ihre Gedanken zu einer Frage aufschrieben oder im Gottesdienst ein Bild malten. Wer predigt, und vor allem, zu welchen Themen, hatten Natalie Jelen und ihre Kollegen immer so ausgewählt, dass sie für Jugendliche interessant sein könnten: Einmal kam ein Tätowierer, einmal jemand, der über Künstliche Intelligenz sprach.

Trotzdem, sieht Jelen ein, seien die Themen für Jugendliche immer erst neu und passten vielleicht nicht zu dem, womit sie sich in ihrem Leben gerade auseinandersetzen. Das sei anders, wenn zum Beispiel ein Jugendleiterkurs oder ein Zeltlager in einer Jugendvesper mündet. Dann könne der Gottesdienst all das bündeln, womit sich die Jugendlichen zuvor beschäftigt hatten und würde die Gruppe enger zusammenschweißen, sagt Jelen. Das Ziel der Jugendvesper sei immer gewesen, „dass Jugendliche einen Ort haben an dem sie das was sie bewegt vor Gott bringen können. Über das Gespräch mit anderen hinaus.“ Und diesen Anspruch wolle das Team der Berufungspastoral auch für das Folgeprojekt behalten.

Zur Feier des Tages treffen sich nach der Vesper alle im Garten des Bischofs. Die Stimmung ist ausgelassen. Auf einer Tafel, die an einem Baum hängt, sind Fotos aus den letzten 25 Jahren angepinnt. Natalie Jelen und ihre Kollegen schwelgen in Erinnerungen. Vor allem darauf, dass sie die Vesper im Lockdown in kleinem Kreis weiterfeierten, sind sie stolz. Obwohl sie noch nicht wissen, wie es weitergeht.

Luzia Arlinghaus