Glaubenskurse für Erwachsene

Die Schönheit des Glaubens

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Frau am Taufbecken
Nachweis

Foto: Anja Sabel

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Erwachsene fiebern ihrer Taufe oft mit kindlicher Freude entgegen. Gemeindereferentin Anja Wedig am Taufbecken in der Propsteikirche St. Johann in Bremen.

 
Wer bin ich? Wo komme ich her? Gibt es Gott? Wie kann ich ihn erleben? Glaubenskurse für Erwachsene helfen, solche Fragen zu beantworten. Sie zu moderieren, ist eine „herrliche Aufgabe“, findet Gemeindereferentin Anja Wedig aus Bremen.

Ein Psychiater, den am Ende seines Berufslebens die Frage nach Gott umtreibt. Eine junge Frau, geprägt von ihren polnischen Großeltern, die den Glauben wiederentdeckt. Ein evangelischer Christ, der konvertieren will. Eine orthodoxe Christin aus Russland, die heimlich von ihrer Oma, aber nicht offiziell getauft wurde. Bremer Muslime in dritter und vierter Generation, die den Islam aus ihrer Herkunftsfamilie kennen und durch Freunde auf das Christentum aufmerksam geworden sind. Neugierige, die gar keiner Religion angehören: Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, die Menschen, die in den Glaubenskursen der Propsteigemeinde St. Johann aufeinandertreffen. Diese Kurse zu moderieren, sagt Gemeindereferentin Anja Wedig, „ist immer wieder spannend und eine herrliche Aufgabe“.

Große Zahlen spielen keine Rolle. Ein Glaubenskurs mit sechs bis zehn Teilnehmern reiche nicht mal aus, um die Kirchenaustritte einer einzigen Woche zu kompensieren, sagt Wedig. „Das sollte man nicht vergleichen.“ Und dennoch liegt der Vergleich nahe, weil es eine Bremer Besonderheit ist, dass diejenigen, die sich für den Glauben interessieren und diejenigen, die der katholischen Kirche den Rücken kehren, denselben Ort aufsuchen: den Info-Punkt „URBI“, dessen lateinischer Name „für die Stadt“ bedeutet.

Bevor eine neue Gruppe startet, spricht Anja Wedig mit jedem Einzelnen über seine Motivation. Nach dem Motto: „Es ist toll, dass du dich für den Glauben interessierst. Lass uns schauen, was das heißt.“ Was also heißt Glaube? In dieser Frage „sind alle total sprachfähig“, sagt die Gemeindereferentin. Sie sprechen über ihre Berufung, ihr Verhältnis zu Gott. Denn sie merken: Nicht alles im Leben, und schon gar nicht in zwischenmenschlichen Beziehungen, ist faktenbasiert. Einige haben den Glauben durch ihre Partner oder Freunde kennengelernt, andere fühlen sich spirituell angezogen von Kirchenräumen und der Liturgie. Wedig staunt immer wieder: „Da sitzen wir uns anfangs als Fremde gegenüber und überspringen komplett die Smalltalk-Themen.“ 

Die meisten Teilnehmer wollen eine eigene, persönliche Glaubenspraxis entwickeln und dabei angeleitet werden. Anja Wedig holt sich hin und wieder „theologische Verstärkung“, etwa von einem Diakon. Wie ein klassisches Vortragsseminar laufen die Kurse aber nicht ab: „Wir reden nicht stundenlang über Bibelexegese, sondern hören viel voneinander und tauschen uns zum Beispiel darüber aus, wie Glaube in unterschiedlichen Kulturen und Traditionen gelebt wird.“ 

Ich bin verblüfft, wie verbunden sich Gottsuchende fühlen.

Manchmal kommt jemand, der seine Glaubensinformationen ungefiltert aus dem Internet gezogen oder alles Christliche aus Hollywood-Verfilmungen zusammengetragen hat. „Das habe ich alles schon erlebt.“ Anja Wedig hilft dann, solche Dinge kritisch einzuordnen. Es gibt keine Gesprächstabus, und es wird auch nicht vermittelt, dass „wir Katholiken den richtigen Glauben“ verkünden. „Falls das der Grund für eine Konversion sein sollte, lasse ich das so nicht stehen“, sagt sie.

Glaube passiert in Freiheit. Nichts zwingt Menschen dazu. Die Schönheit dieser Willensentscheidung sei in den Glaubenskursen spürbar, sagt Anja Wedig und gerät ins Schwärmen: „Die Weite und der Anspruch der Gespräche sind immens. Das findet man nicht mehr so oft in unserer Gesellschaft, das ist die Königsklasse.“ Und: „Ich bin verblüfft, wie verbunden sich Gottsuchende fühlen, gehalten und geborgen in einem weltumspannenden Netz.“ Generell habe sie es mit liebesfähigen Menschen zu tun, die eine Balance in ihrem Leben gefunden haben. Die Kurse eigneten sich hingegen nicht „als rettender Strohhalm in einer Krise“. Darauf achte sie schon in den Vorgesprächen.

Am Ende fiebern Erwachsene ihrer Taufe oder Firmung mit fast kindliche Freude entgegen. „Es tut ihnen gut, zu erleben, dass sie in die Gemeinschaft aufgenommen sind. Sie nehmen sich dann sehr bewusst als Christen wahr, als gesegnete Kinder Gottes“, sagt Anja Wedig. Falls jemand keinen Taufpaten in seinem Umfeld findet, macht sie sich „rund um den Kirchturm St. Johann“ auf die Suche und schaut, wen sie „verkuppeln“ kann. Bei Omar, einem Bremer mit muslimischen Wurzeln zum Beispiel, „unglaublich gebildet, mit vielen theologischen Fragen“, ist sie fündig geworden. Sie fragte Christoph Lubberich, einen Theologen, der vor allem in den Bereichen Spiritualität und Philosophie unterwegs ist. „Bei den beiden konnte ich mir vorstellen, dass es zu einem guten Austausch kommt.“ 

Das Christwerden endet nicht mit dem Abschluss eines Glaubenskurses. Christsein ist ein lebenslanger individueller Prozess mit Höhen und Tiefen. Anja Wedig weiß das aus eigener Erfahrung. Die gelernte Theaterregisseurin hatte sich von der Kirche entfernt. Ihre Ausbildung zur Gemeindereferentin absolvierte sie später als Quereinsteigerin im Würzburger Fernkurs und stemmt die Bremer Glaubenskurse mittlerweile allein. „Ich bin weder Theologin noch Pädagogin“, sagt sie und lacht. Aber sie sei offen für Fragen und Zweifel aller Art. „Ich bin da relativ entspannt, weil ich vieles gut nachvollziehen kann.“

 
Anja Sabel