Ausklang des Sommers – Lichterfest im Schloss Dreilützow
Die Welt, ein bunter Traum
Foto: Andreas Hüser
Die Lichter brennen schon am frühen Abend. Aber erst wenn es dunkel wird, wird der Park zu einem geheimnisvollen Garten des Lichts. Das Schloss ist bunt angestrahlt. Wer sich davon entfernt, angelockt durch Lampions und bunt schimmernden Pagoden, ist auf die Lichter zu seinen Füßen angewiesen. Tausend Kerzen in Einmachgläsern – wer hat so viel Marmelade und Apfelmus gegessen? – säumen verschlungene Pfade von einer lichten Station zur anderen. Man kann sich aber auch vom Gehör leiten lassen. Hier schlägt der sanfte Ton einer Klangschale, dort erklingt eine Blues-Gitarre oder beschwingte rumänische Volksmusik. Das Lichterfest im Schloss Dreilützow gibt es seit 20 Jahren. Nie ist es so wie im Vorjahr.
Dafür sorgen unter anderem die Jugendlichen, die schon elf Tage vorher in einem internationalen Camp Ideen sammeln und leuchtende Anziehungspunkte basteln. Im vergangenen Jahr konnten sich die Gäste mit Tarotkarten ihre Zukunft vorhersagen lassen. In diesem Jahr rattert ein Glücksrad und bleibt bei einem „kleinen Glück“ stehen – wie etwa „Du findest die zweite Socke“ oder „Du kannst schnell einschlafen“. Auf einem Brückengeländer lehnen Angeln, mit denen man weise Worte aus dem Bach fischen kann. Nicht alles ist ganz ernst gemeint. Wer etwa einen QR-Code an einem Baum einscannt, sieht auf dem Display nur das Wort „Baum“. Lasst mal die Finger von eurem Handy – empfiehlt auch ein „Handy-Cap“-Stand in der Nähe. Dann steht man plötzlich vor einem großen Segelschiff, gebaut aus Kisten und Paletten. Auf einem Transparent an Deck kommt der Romantiker Novalis zu Wort: „Die Welt wird Traum, der Traum wird Welt.“
„Unsere Ideen waren schon mal politischer“, sagt Stefan Baerens, Leiter des Schlosses Dreilützow (Schullandheim der Caritas). „Aber unsere Umgebung ist schon zerrissen genug. In diesem Jahr haben wir uns etwas anderes vorgenommen. Wir möchten die Leute ins Schwärmen bringen.“
An einem Stand, an dem man bunte Bilder per Farbzentrifuge spritzen kann, steht Alejandra Martinez. Um beim Camp mitzumachen, ist sie aus Mexiko hergeflogen. „Für mich ist hier alles neu. Die Leute, das Wetter, die Umgebung, das Essen!“ Gleich wird Alejandra von ihrem Stand verschwinden und in einem Zelt nebenan wieder auftauchen – als Tänzerin, denn das ist ihr Beruf. Bald tanzen im Licht bunter Scheinwerfer auch Kinder und Erwachsene mit ihr zu Musik aus Mittelamerika.
„Mexiko, Kolumbien, Spanien, Italien, Vietnam...“ Luise Schmidt zählt auf, aus welchen Ländern die Camp-Teilnehmer in diesem Jahr kommen. Sie selbst ist Studentin aus Münster, hat aber einen Freiwilligendienst im Schloss Dreilützow gemacht, das heißt: Sie hat lange Lichterfest-Erfahrung. Ohnehin ist dieser Abend ein Termin, bei dem etliche Ehemalige zum Schloss zurückkehren und anpacken.
Es ist nicht sehr warm an diesem Augustabend, dem letzten Ferientag in Mecklenburg-Vorpommern. Ein schöner Sommerausklang, könnte man meinen. Stefan Baerens sieht das anders. 27 000 Übernachtungen verzeichnet sein Schullandheim pro Jahr. „Wir sind voll in der Mühle. Die Sommerfreizeiten und Religiöse Kinderwochen sind durch, aber jetzt kommen die Schulen.“