Doppelspitze sucht mehr Dialog

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Zwei Männer in der Kirche
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Foto: Kathrin Erbe

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Während des Einführungsgottesdienstes schickten Pastoralreferent Heiner Ganser-Kerperin (li.) und Pfarrer Thorsten Weber jeweils einen Papierflieger in die Lüfte des St. Marien-Doms. Es war ein Zeichen, dass sie in die gleiche Richtung schauen und starten werden.  

Pfarrer Thorsten Weber und Pastoralreferent Heiner Ganser-Kerperin leiten jetzt die Pfarrei St. Ansgar. Unter anderem wollen sie die Citypastoral ausbauen und stärker in den Dialog mit der Stadtgesellschaft kommen.

Das hatten sich Pfarrer Thorsten Weber und Pastoralreferent Heiner Ganser-Kerperin anders vorgestellt. Denn sie hatten sich mit ihrem Vorgänger Monsignore Peter Mies für eine Übergabe nach seiner Rückkehr aus seinem Urlaub in Paris verabredet. Doch dann starb Pfarrer Mies unerwartet. Sie hätten sich auch gefreut, ihn gelegentlich um Rat fragen zu können. 

„Das wäre für mich wichtig gewesen, weil ich nun erstmals in der Leitungsverantwortung einer Pfarrei stehe und Monsignore Mies jahrelang Leitungsverantwortung ausgeübt hat“, sagt Weber. „Nun gehen wir wie die Emmaus-Jünger auf den Weg mit Gott an der Seite“, meint Weber. Zur Seite stehe ihnen aber auch ein erfahrenes Pastoralteam, ergänzt Ganser-Kerperin.

Mit dem Modell eines Leitungsteams, das aus einem Pries­ter und einem Pastoralreferenten besteht, wird in der Pfarrei ein neuer Weg zur Leitung einer Pfarrei beschritten. „Mit diesem Modell will das Erzbistum den sich ändernden Erfordernissen einer großen und komplexen Pfarrei gerecht werden“, sagt Thorsten Weber. Es sei schwierig, dass eine Person in einer Großpfarrei alle Fäden in der Hand halten könne. „Daher bin ich dankbar, einen so erfahrenen Mann wie Heiner Ganser-Kerperin an meiner Seite zu haben.“ Der promovierte Theo­loge war zuvor Pastoralreferent der Pfarrei St. Maximilian Kolbe in Harburg und davor unter anderem Missio-Diözesanreferent im Bistum Essen und Leiter der Abteilung Bildung bei der Bischöflichen Aktion Adveniat. 

Die Aufgabenfelder haben sich die beiden aufgeteilt. Weber kümmert sich um die priesterlichen und liturgischen Dienste in der Domgemeinde St. Marien, aber auch um die Ökumene und den interreligiösen Bereich – vom Imam der Centrum-Moschee an der Böckmannstraße sei er schon eingeladen worden, berichtet Weber. Ganser-Kerperin leitet beispielsweise das Pastoralteam und kümmert sich um sozialkaritative Arbeitsfelder und Orte kirchlichen Lebens. 

Ganser-Kerperin wohnt in Tonndorf, also außerhalb des Gebiets von St. Ansgar – nicht ungewöhnlich für eine Pfarrei, die Citypastoral betreibt. Auch wenn der Begriff nicht eindeutig definiert werden kann, so bedeutet dies, dass Pastoral über das übliche Gemeindeleben hinaus ein Schaufenster der katholischen Kirche in der Stadt sein möchte. Dies gilt für den St. Marien-Dom, aber auch für St. Joseph an der Großen Freiheit und den Kleinen Michel in der Neustadt. Diese Orte werden von Touristen aufgesucht und ziehen auch mit kulturellen Veranstaltungen viele Menschen aus der ganzen Stadt an. Zumindest Letzteres gilt auch für St. Sophien in Barmbek.

Runder Tisch berät über Nutzung der Domschule

„Das Pastoralkonzept spricht in diesem Zusammenhang von offener Kirche und situativer Seelsorge“, sagt Ganser-Kerperin. „Wir möchten durch unsere Arbeit diese Aspekte verstärken.“ Kirche solle stärker als „Begegnungsort“ fungieren, in der säkularen Gesellschaft wolle man „offensiv auf die Menschen zugehen und zum Dialog einladen“. Weber kann sich beispielsweise vorstellen, in der Innenstadt ein Café mit einem niedrigschwelligen seelsorgerischen Angebot einzurichten. 

Überdies führt Weber auch die Kulturpastoral fort, um die er sich seit einigen Jahren kümmert. „Der Erzbischof meinte, das passt gut zu dieser Pfarrei. Ich werde noch intensiver auf die Kulturwelt zugehen und sehen, dass wir da auch in den Dialog kommen.“

Zur Pfarrei zählt auch die gegenwärtig geschlossene Kirche St. Erich in Rothenburgsort, neben der das Erzbistum eine Anlage mit 52 Wohnungen errichtet hat. „Uns ist wichtig, dass wir dort auch weiterhin seelsorgerisch präsent sind“, sagt Weber. In welcher Form, müsse man im Rahmen des Immobilienkonzepts sehen, das mit den neu gewählten Gremien erarbeitet werde. 

Auch die Gebäude der Domschule, die zu den Sommerferien geschlossen worden ist, stehen derzeit weitgehend leer. „Es wird einen Runden Tisch zur künftigen Nutzung der Räume geben“, berichtet Weber. 

Zentral bleibt weiterhin das Thema Armut in der Pfarrei. „Wir begegnen Armut hier auf Schritt und Tritt. Sei es, dass Obdachlose unter den Arkaden des Hauses der kirchlichen Dienste nächtigen, sei es am Brennpunkt Hauptbahnhof“, sagt Weber. Ganser-Kerperin hebt auch die Alimaus und das Haus Betlehem hervor, die sich auf dem Gebiet der Pfarrei um Obdachlose und Bedürftige kümmern. Diese und weitere Angebote möchte die Leitung unterstützen. 

Zurzeit stellen sich Weber und Ganser-Kerperin in den einzelnen Gemeinden, Gemeinschaften und Orten kirchlichen Lebens vor – und lernen auch diese kennen. „Wir haben die Chance, die Pfarrei zukunftsfähig zu machen“, sagt Weber. Sie solle offen und einladend auf die Menschen zugehen. „Wir möchten möglichst viele Menschen ermuntern und ermutigen, sich aktiv an der Gestaltung einer lebendigen Pfarrei zu beteiligen.“ 

Matthias Schatz