Meppener Schüler lernen Plattdeutsch

Eine liebenswerte Sprache

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Fünf Schülerinnen und Schüler stehen mit ihrem Lehrer auf einer Bühne.
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

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Bühne frei für die Plattdeutsch-AG: Schülerinnen und Schüler des Meppener Gymnasiums Marianum studieren gerade ein plattdeutsches Theaterstück für ein Festival ein. Foto: Petra Diek-Münchow

„Platt ist cool!“– sagen Jungen und Mädchen am Meppener Gymnasium
Marianum. Jede Woche üben sie Theater und andere Texte auf Plattdeutsch ein. Dafür ist die katholische Schule jetzt ausgezeichnet worden.

Dienstagnachmittag am Gymnasium Marianum in Meppen. Fünf Jungen und Mädchen trudeln nach ihrer Mittagspause zur 7. und 8. Stunde in die Aula ein. Aber nicht zu Deutsch, Mathe oder Biologie, sondern zu einer ganz freiwilligen Arbeitsgemeinschaft (AG) – für Plattdeutsch. Sogar Enno, der heute Geburtstag hat, fährt dafür erst später nach Hause. Denn in diesen Wochen proben die Zehn- bis Zwölfjährigen aus den Klassen 5 bis 7 mit ihrem Lehrer Ansgar Kossen eifrig für ein Theaterstück „up plattdütsk“. Der Pädagoge schnappt sich daher das Textbuch, schlägt die Seite 13 zum dritten Akt auf und ruft: „Un nu geiht dat los, Kinners!“

Ein Schwank für das PlattSatt- Festival


Enno, Paul, Maria, Lena und Eva lassen sich das nicht zwei Mal sagen und wirbeln über die Bühne. „Jichenseen mutt freen“, heißt das Stück von Joachim Grabbe, das sie in der ersten Oktoberwoche gleich drei Mal als Beitrag zu einem regionalen Plattdeutsch-Festival zeigen (siehe auch „Termine“). Frei übersetzt heißt der Titel „Irgendeiner muss heiraten“. Und genau darum geht es in dem Schwank: Tante Inge will zumindest einen ihrer Neffen Oliver und Florian, beide etwas verschrobene Wissenschaftler, an die Frau bringen. Am besten geeignet erscheint ihr dafür Laura, die Tochter einer Freundin. Es folgen diverse Verwicklungen und am Ende der etwa 90 Minuten kommt es anders, als von ihr geplant. Die Gäste der Aufführung werden reichlich zu schmunzeln haben.


Und dabei werden sie auch erfahren, dass das Gymnasium Marianum, das in Trägerschaft der Schulstiftung im Bistum Osnabrück steht, kürzlich vom Land Niedersachsen für sein Engagement in plattdeutscher Bildungsarbeit ausgezeichnet worden ist. Die Einrichtung darf sich nun „Modellschule Niederdeutsch“ nennen: eine von mittlerweile 154 Modellschulen  zwischen Nordsee und Harz, die den Einsatz kleiner Sprachen im Unterricht erproben und damit helfen, Plattdeutsch im Schulalltag zu verankern. Schon seit Jahrzehnten leistet das Marianum dabei seinen Beitrag zum Erhalt und zur Förderung von Platt. 


Ansgar Kossen sieht die Auszeichnung als Modellschule als Bestätigung für diese Arbeit. Der Chemie- und Mathelehrer betreut die Plattdeutsch-AG seit 2017. Jede Woche einmal, und für besondere Projekte auch mal zwischendurch, trifft er sich mit den Schülerinnen und Schülern zu der Arbeitsgemeinschaft. Die ist meist jahrgangsübergreifend zusammengesetzt, im vergangenen Schuljahr waren auch Jugendliche und junge Erwachsene aus den Klassen 8 bis 13 dabei. 


Dabei gibt es keinen Unterricht aus dem Buch oder vom Tablet, sondern durch „platt proaten“ in der Praxis. Sie studieren Theaterstücke und kleine „Döhntkes“ ein, laden Mitschüler und Eltern zu plattdeutschen Lesenachmittage ein oder nehmen an plattdeutschen Lesewettbewerben teil. Mit Erfolg: Schon mehrfach haben in den vergangenen Jahren Schülerinnen und Schüler des Marianums aus den Klassenstufen 5, 6, 12 und 13 bei Kreis- und Bezirksentscheiden vordere Plätze belegt. Kossen verweist dazu auch auf die gute Zusammenarbeit mit der Fachstelle Plattdeutsch bei der Emsländischen Landschaft und den Fachberaterinnen für Plattdeutsch in der Landesschulbehörde.

„Sprache ist ein wichtiges Kulturgut“

Ihm ist die plattdeutsche Bildungsarbeit persönlich ein wichtiges Anliegen.  Als gebürtiger Hümmlinger ist Kossen von Haus und von Herzen begeisterter Plattsprecher. Mit einem Schmunzeln erzählt er von Freunden, mit denen er nur „up platt proatet“ und wie wunderbar das ist. „Plattdeutsch ist eine so charmante und liebenswerte Sprache“, sagt er. Sogar Tadeln und Schimpfen klingt damit irgendwie netter. Zugleich zählt die AG Plattdeutsch für ihn zu dem breiten Bildungsangebot, das die Stiftungsschule vorhalten möchte. „Jede Sprache ist ein wichtiges und wertvolles Kulturgut, das es zu erhalten gilt. Und Plattdeutsch gehört zur Identität unser Region.“


Die Kinder aus seiner Arbeitsgemeinschaft bringen es noch einfacher auf den Punkt. „Platt ist cool“, sagt Enno. „Ich fänd‘ es gut, wenn das noch mehr Leute sprechen würden.“ Bei ihm zu Hause wird zwar nicht nur, aber eben doch noch Plattdeutsch geredet: ähnlich wie bei Maria, Eva und Lena vor allem bei den Großeltern. Mit einem spitzbübischen Lächeln freut sich Enno zuweilen ein wenig, dass ihn seine Klassenkameraden nicht immer gleich verstehen, wenn er mal einen plattdeutschen Ausdruck in die Runde wirft. Die AG ist dabei für ihn aber auch die einzige Möglichkeit, „noch mit anderen Kindern in der Schule Platt zu reden“. Paul, der gerade ganz neu in die AG gekommen ist, bringt eine andere Motivation mit. „Oma und Opa reden Plattdeutsch und ich will das auch  können“, sagt er. Die beiden verfolgen sein Engagement offenbar mit großem Interesse. „Opa fragt schon immer. Was hast du denn Neues gelernt?“


Neues hat sich die Plattdeutsch-AG nach dem Theaterstück vorgenommen. „Wir möchten gern in Seniorenheimen auf Plattdeutsch etwas vorlesen“, erklärt Ansgar Kossen. Gute Idee. 


„PlattSatt“ im Emsland und in der Grafschaft Bentheim
Vom 6. bis 15. Oktober lädt die Emsländische Landschaft in den Regionen Emsland und Bentheim zum Festival „PlattSatt!“ ein. In vielen Orten beider Landkreise gibt es Theater, Lesungen, Führungen, Musik, Poetry Slams und Gottesdienste. 
Die Plattdeutsch-AG des Meppener Gymnasiums Marianum zeigt ihr Theaterstück „Jichenseen mutt freen“ an drei Terminen bei „PlattSatt“: am 5. Oktober um 13.30 Uhr, am 6. Oktober sowie am 10. Oktober jeweils um 19.30 Uhr in der Aula der Schule an der Herzog-Arenberg-Straße 65. Eintrittskarten gibt es nur an der Abendkasse zwischen drei und fünf Euro.
Bei „PlattSatt“ zeigen außerdem das Kolping-Theater Haselünne am 8. Oktober um 16 Uhr im Kolpinghaus das Kinderstück „De Koh Rosmarie“ und 11. Oktober um 18.30 Uhr das Lingener Franziskusgymnasium im schuleigenen Forum das Stück „Hurrah, de Schoole brannt aff!“. Am 12. Oktober gibt es in Haren um 14.30 Uhr eine plattdeutsche Führung auf den Spuren von Ordensschwester Kunigunde, Start Lange Straße 10.
Zudem gibt es viele plattdeutsche Gottesdienste: in Schwefingen, Rhede, Lingen, Teglingen, Meppen, Neuringe und Schüttorf.
Alle Zeiten und Infos dazu stehen im Programmheft: www.emslaendische-landschaft.de
 

Petra Diek-Münchow