Einer wie wir

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Wieso ließ sich Jesus vom Täufer Johannes taufen? Die Auftritte Jesu beginnen mit dieser Szene. Pfarrer Albert Sprock lässt Personen des Markusevangeliums als „Augenzeugen“ erzählen. Hier spricht Johannes der Täufer

Gemälde: Taufe Christi im Jordan
Die Taufe Jesu. Gemälde von Piero della Francesca, 15. Jahrhundert. Quelle: Wikipedia

Es war ein ganz normaler Tag. Viele Menschen hatten meiner Predigt am Ufer des Jordan zugehört. Danach begann ich, einzelne von ihnen – jeweils nach ihrem Sündenbekenntnis – zu taufen. Doch plötzlich stutzte ich. Ich spürte: Der da vor mir steht, er könnte … Ein kurzes Gespräch bestätigte mir meine Vermutung. Er war der Verheißene! Markus berichtet nicht von meinen Hemmungen, ihn zu taufen. Allein Matthäus schildert diese Szene.

Aber Jesus bestand darauf, von mir getauft zu werden. Er wollte deutlich machen: „Ich bin einer von euch. In allem euch gleich.“ Und wie ihr an anderer Stelle im Neuen Testament erfahrt: „In allem euch gleich – außer der Sünde.“

Markus will wohl gleich am Anfang seines Evangeliums deutlich machen, wer Jesus wirklich ist: der geliebte Sohn Gottes! Und er sagt uns: die Taufe im Jordan veränderte im Leben Jesu alles. Gott offenbarte sich ihm. Gott tat ihn als seinen Messias, als seinen Sohn kund. Es ereignete sich etwas zwischen ihm und dem Himmel, der Welt Gottes.

Die Umstehenden erfuhren es an dem Tag nicht! Von da an zog er umher und verkündete seine Frohe Botschaft vom Kommen des Gottesreiches. Er hatte seine Berufung angenommen. 

Berufung und Versuchung 

Ihr merkt: Markus will nicht das Ereignis der Taufe Jesu protokollieren. Er will seinen Glauben an den Messias Jesus bekennen! Seine Berufung schloss aber nicht aus, dass er in Versuchung geführt wurde und Zweifeln ausgesetzt war. Bis in die Tiefe seiner Natur musste er dies ausfechten. Der Hebräerbrief sagt es so: „Darum musste er in allem seinen Brüdern gleich sein, um ein barmherziger und treuer Hoherpriester vor Gott zu sein und die Sünden des Volkes zu sühnen. Denn da er gelitten hat und selbst in Versuchung geführt wurde, kann er denen helfen, die in Versuchung geführt werden.“ (Hebräer 2,17–18)

Freilich schildert Markus die Versuchung Jesu völlig anders als Matthäus oder Lukas. Eure bibelkundigen Fachleute haben zusammengeschrieben: Markus will vermitteln, dass in Jesus uns der neue Mensch begegnet, in dessen Gemeinschaft die Schöpfung zum Frieden findet – wie im Paradies: „Er lebte bei den wilden Tieren und die Engel dienten ihm.“ 

Ob euch Christen heute die Hinweise auf die Versuchung Jesu nicht auch helfen könnten? Die Versuchung spürt ja auch ihr immer wieder, in den Einzelheiten und Düsternissen eures Lebens. Jesus macht deutlich: Das gehört zum Menschenleben dazu. Aber dem Christenmenschen sollte auch bewusst sein, dass er wie Jesus berufen ist. Seine Jüngerin ist sie, sein Jünger ist er – Glied am Leib Christi, wie Paulus das ausdrückt. 

Beides geht zusammen: Berufung und Versuchung, Kind Gottes und Sünder. Denn: Gott erweist Gnade und Erbarmen. Unverdient, als Geschenk. 

Dies durfte ich, wenn auch spät, selber erfahren. Umkehr und Buße, die ich verkündigte, sind nicht Leistungen. Sie werden uns geschenkt, wo wir uns auf Gottes Liebe einlassen. Liebe – geliebt werden und lieben – verwandelt. Die Liebe schenkt Gottes Geist. Herzlich grüßt nochmals
Euer Johannes, der Täufer. 

(entnommen aus: Albert Sprock, „Jesu Leben und Botschaft, das Zeugnis der Zeitzeugen“, Kiel 2018)

Text: Albert Sprock