Katholische Kirchenredaktion beim ZDF

Einsatz für die Religion

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Redaktionsleiter Jürgen Erbacher vor dem Logo des ZDF
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Foto: ZDF/Rico Rossival

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„Wir wollen nicht nur hinschauen, wenn es kracht und raucht“, sagt Jürgen Erbacher. 

In einer Serie stellen wir katholische Medienleute vor. Heute: Jürgen Erbacher. Er leitet die katholische Kirchenredaktion
beim ZDF und erklärt, warum Wissen über Glauben und Kirche wichtig ist.

Eine Recherche ist Jürgen Erbacher besonders in Erinnerung geblieben: 2016 war er in Deutschland, im Vatikan und in Argentinien unterwegs, um Fakten zu sammeln für die Dokumentation „Schleuser, Schurken und der Papst“. „Für Papst Franziskus ist der Menschenhandel und die moderne Sklaverei ein riesiges Thema“, sagt Erbacher. „Mich interessierte: Warum? Und was können er und die katholische Kirche bei diesem Thema ausrichten?“ 

Er nahm an einer Konferenz im Vatikan teil, zu der sich Kriminalbeamte, Polizisten und Vertreter kirchlicher Organisationen aus aller Welt trafen, um Strategien gegen den Menschenhandel zu entwickeln. Er reiste nach Buenos Aires, um herauszufinden, wie dort Migranten ausgebeutet werden und wie Papst Franziskus als Bischof der Stadt dagegen kämpfte. Und er sprach mit Frauen, die in Deutschland zur Sexarbeit gezwungen wurden und mit Hilfe der katholischen Organisation Solwodi den Ausstieg schafften. „Diese Menschen zu treffen und dass sie mir ihre Geschichte erzählen, hat mich sehr berührt“, sagt Erbacher.

Der 53 Jahre alte Journalist leitet seit 2018 die Redaktion „Kirche und Leben – katholisch“ beim ZDF. Bereits seit 2005 arbeitet er für den Sender. Häufig berichtet er über den Papst, den Vatikan und die Kirchenpolitik. Dafür reist er regelmäßig nach Rom. Seine Arbeit begeistert ihn noch immer. „Wir haben momentan in der Kirche doch unglaublich spannende Debatten“, sagt er. Zum Beispiel die Weltsynode des Papstes und das kürzlich dazu veröffentlichte Arbeitspapier. „Wenn das alles umgesetzt würde, was in den Fragen dort angedeutet wird, dann kriegen wir eine andere katholische Kirche“, sagt Erbacher. „Und es würde richtig krachen, weil viele Konservative das nicht mitmachen.“

Verantwortlich für Talks, Dokus und Gottesdienste

Seine Redaktion ist beim ZDF zum einen für die Übertragung von Gottesdiensten verantwortlich, zum anderen für die Reihe „37 Grad“, die am Dienstagabend ausgestrahlt wird, und für die Reportagereihe „37 Grad Leben“ am Sonntagmorgen. Hinzu kommen Dokumentationen, Talks und 15-Minuten-Beiträge an kirchlichen Feiertagen. 

Als Redaktionsleiter versucht Erbacher dafür zu sorgen, dass seine 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut arbeiten können. Dass eine gute Atmosphäre in der Redaktion herrscht, dass die Ausstattung passt und dass alle sich wohlfühlen. „Nur dann können wir gute Beiträge produzieren“, sagt er. 

Als Autor von Beiträgen arbeitet Erbacher mittlerweile seltener. Es fehlt die Zeit. Häufiger wird er als Gesprächspartner im Studio oder für Schalten in Nachrichtensendungen angefragt. Dann hilft er gerne. „Mir liegt es am Herzen, dass wir als Sender die katholische Kirche im Positiven und Negativen journalistisch begleiten“, sagt er. Dafür nimmt er sich Zeit, auch in regelmäßigen Beiträgen auf dem Blog „Papstgeflüster“. Erbacher sagt: „Wir wollen einen kontinuierlichen Blick auf Papst und Vatikan haben und nicht nur hinschauen, wenn es kracht und raucht.“ 

Regelmäßig diskutiert er mit den Verantwortlichen der Nachrichtenredaktionen des ZDF. Wenn er ein interessantes kirchliches Thema oder eine spannende Entwicklung sieht, schlägt er es dem heute journal oder dem Morgen- oder Mittagsmagazin vor. Häufig hört er dann: „Na ja, aber welche Bedeutung hat die Kirche denn noch? Es gibt heute in der Sendung viele andere Themen, die interessanter sind.“ Dann versucht er zu überzeugen. „Wenn wir die kirchenpolitischen Themen an Menschen und ihren Schicksalen spiegeln, gelingt uns das leichter“, sagt er. 

Er will Spiritualität erfahrbar machen

Manchmal schmerzt es ihn, dass die Kirchenthemen im Fernsehen nur Nischenthemen sind. Aber er ist überzeugt, dass sein Einsatz für sie sich lohnt. Denn ihm geht es um mehr als innerkirchliche Debatten. „In unserer vielfältigen Welt müssen wir doch Religion und Glaube erklären“, sagt er. 

„Wir alle fragen uns, wie ein religiöses und kulturelles Miteinander funktionieren kann. Dafür müssen wir doch wissen, wie eine gläubige jüdische Familie lebt. Oder wie Menschen anderer Religionen ihren Glauben praktizieren.“ Das ist sein Ansporn: „Bei all meinem journalistischen Wirken ist mir das extrem wichtig: Alltag abbilden, um Glaube, Religionen, Spiritualität erfahrbar zu machen.“

Kerstin Ostendorf