Engagierte Hamburger Katholikin im Deutschen Bundestag
„Führen auf Augenhöhe“
Franziska Hoppermann ist erstmals in den Bundestag gewählt worden. Norbert Röttgen will die engagierte Katholikin zur Generalsekretärin machen, wenn er Parteivorsitzender der CDU wird. Im Interview äußert sie sich auch zur Kirche.
Franziska Hoppermann wurde 1982 geboren und wuchs im Stadtteil Volksdorf auf. Die Enkelin des CDU-Bundestagsabgeordneten Carl Damm (1927-1993) war Ministrantin in der Gemeinde Heilig Kreuz, später Gruppenleiterin bei den Pfadfindern. Nach dem Abitur auf der Sankt-Ansgar-Schule studierte sie Betriebswirtschaft und begann eine Laufbahn bei der Hamburger Verwaltung, in der sie mehrere Führungspositionen bekleidete. Zuletzt leitete sie das Zentralamt der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz. Hoppermann trat 1998 in die CDU ein, war unter anderem Fraktionsvorsitzende in der Bezirksversammlung Wandsbek. Sie ist zudem Landesvorsitzende der Frauen Union. Über Listenplatz 2 wurde sie im September in den Bundestag gewählt. Norbert Röttgen will sie als Generalsekretärin vorschlagen, sofern er CDU-Parteivorsitzender wird. Sie ist mit Norbert Hoppermann, Referatsleiter Liturgie und Fachbereichsleiter Kirchenmusik im Erzbistum, verheiratet, mit dem sie einen Sohn hat.
Inwieweit prägt die katholische Kirche Ihre politische Arbeit?
Sehr. Die Kombination aus Eigenverantwortung und Solidarität ist sehr nah am katholischen Glauben. Ins Politische übertragen heißt das, dass man zur sozialen Marktwirtschaft kommt. Einerseits müssen sich Leistung und Eigenverantwortung lohnen, andererseits muss man auch jene unterstützen, die Hilfe brauchen. Deshalb war ich auch im Caritas-Rat aktiv.
Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der Kommunalpolitik mit?
Ich habe in der Kommunalpolitik mit absoluter Mehrheit und in Koalitionen mitregiert und war auch Opposition. Ich kenne alle Perspektiven auf das Parlament und die verschiedenen Positionen. Im Bundestag fällen wir die Grundsatzentscheidungen, in der Kommune werden dann aber die konkreten Entscheidungen getroffen. Im Wandsbeker Verkehrsausschuss war da häufig die Frage: Bauen wir da einen Radweg oder lassen wir die Bäume stehen? Da müssen Politiker viel konkreter Farbe bekennen. Und man muss Kompromisse mit anderen Fraktionen verhandeln und eingehen. Auch in dem Sinne, der in der Politik ja ein Novum ist: Hat der andere auch mal eine gute Idee, die eingebracht werden kann?
Wie sehen Sie die Rolle der Frauen in der CDU und in der Politik allgemein?
Es gibt nur sehr wenige Menschen, die Politik hauptberuflich betreiben. Meistens findet sie im Ehrenamt statt. Die Kombination aus Beruf, Familie und Politik ist eine sehr anspruchsvolle Trias. Man muss bei Familienmenschen und besonders bei Frauen extrem werben, damit dieser Spagat auch noch gerne eingegangen wird. Gleichwohl bin ich der Überzeugung: Um gute Lösungen in der Politik zu entwickeln, müssen Frauen da gut vertreten sein, sonst werden die Lösungen zu einseitig. Uns fehlen Frauen insbesondere im Mittelbau: Bürgermeisterinnen, Landrätinnen und Frauen, die sich zutrauen, in personelle Auseinandersetzungen, in einen Wettbewerb zu gehen. Da müssen wir deutlich besser werden. Da müssen aber die Rahmenbedingungen anders sein, es muss normal sein, dass man auch Familienzeit hat.
Und die Rolle der Frauen in der Kirche?
Ich erlebe da eher eine große Kluft zwischen Geweihten und Laien. Insbesondere kommunizieren Geweihte und Frauen in kirchlichen Strukturen häufig nicht auf Augenhöhe. Bis Frauen auch verantwortungsvolle Ämter in der Kirche übernehmen, ist es wahrscheinlich noch ein weiter Schritt. Aber die Idee, einen Verwaltungsleiter im Erzbistum einzusetzen, finde ich großartig, weil daraus auch die Erkenntnis spricht: Trotz Weihe wissen wir nicht alles besser.
Sie haben viele Jahre Leitungspositionen innegehabt. Was bedeutet Führung für Sie?
Dass ich einen Rahmen und die Richtung vorgebe, dann aber sehr viel Freiraum lasse. Ich erarbeite gerne im Team unterschiedliche Visionen, wo wir uns hin entwickeln wollen, was strategisch ansteht. In der Verwaltungslaufbahn habe ich aber auch schon sehr früh gelernt, dass Führen ebenso bedeutet, Entscheidungen zu treffen. So versuche ich eine Kombination aus beidem umzusetzen. Führung setzt auch Mut voraus. Auch den Mut zum Streit, den ich auf fachlicher Ebene durchaus schätze.
Ist Führung jetzt gerade in der Politik und besonders in der CDU nicht wieder stärker gefragt?
Ja im Sinne einer Definition, was uns ausmacht, was unser Fundament ist und einer klaren, gleichwohl besonnenen und klugen Führung, die vorgibt, wo wir hinwollen und wie der Weg dahin aussieht. Das kann man trotzdem auf Augenhöhe tun. Was die Union betrifft, so mache ich in der Mitgliedschaft schon den Wunsch nach einer Rückbesinnung aus auf das, was uns von anderen Parteien unterscheidet und welche Antworten wir daraus entwickeln. Als Generalsekretärin würde ich auch nach Wegen suchen, das Wissen der 400 000 Parteimitglieder noch besser einzubeziehen.
Was verbindet Sie politisch mit Norbert Röttgen?
Ich habe Norbert Röttgen schon bei seiner letzten Kandidatur für den Parteivorsitz unterstützt. Seitdem kennen wir uns näher. Mir hat imponiert, dass er die Union klar in der Mitte verortet und sieht, woran wir arbeiten müssen. Etwa, dass wir die jungen Menschen anders und besser ansprechen und uns noch mehr um den Osten kümmern müssen. Ich finde, es gehört auch die Diskussion über urbanes Milieu und ländlichen Raum dazu. Und die Frage: Wie integrieren wir die Ökologie in die soziale Marktwirtschaft?
In Berlin möchten Sie in den Haushaltsausschuss und in den Verteidigungsausschuss.
Ich habe in der Hamburger Verwaltung lange Führungspositionen gehabt, die sich mit Exekutive und Haushalt beschäftigt haben. Da kenne ich mich gut aus. Und Verteidigung – also in meinem Wahlkreis liegt die Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr und das Bundeswehrkrankenhaus. Hamburg hat in den Elbvororten die Führungsakademie der Bundeswehr. Mein Bruder ist zudem Pilot bei der Luftwaffe. Deswegen fühle ich auch eine Verantwortung, mich für die Bundeswehr einzusetzen und deutlich zu machen, dass sie in die Mitte der Gesellschaft gehört.
Sie haben auch gesagt, Sie wollten Gemeinsinn und Patriotismus stärker hervorheben.
Das habe ich gesagt in Abgrenzung zu Partikularinteressen, die es auch häufig in der Gesellschaft gibt. Als Volkspartei wollen und müssen wir alle Menschen, die gesamte Bevölkerung im Blick haben. Nicht nur einzelne Interessengruppen. Und zum Thema Patriotismus gehört auch, dass wir im konservativen Sinne schon stolz sein können auf unser Land und unser Gesellschaftsmodell, also einen funktionierenden Rechtsstaat und zugleich Marktwirtschaft und Sozialstaat. Das hat auch mit unseren christlichen Werten zu tun. Ich finde es nicht gut, wenn ich höre, wie viele Kindergärten das Zuckerfest feiern, aber man St. Martin nicht feiern darf. Das ist für mich verschoben. Im Sinne gegenseitigen Respekts sollten wir doch mindestens beide Feste gleichermaßen feiern können.
Interview: Matthias Schatz