Paar schreibt gemeinsam theologische Bücher

Gegen den Strich

Simone und Claudia Paganini

Foto: Martin Vandory

Das Ehepaar Simone und Claudia Paganini schreibt gemeinsam theologische Bücher.

Das Ehepaar Claudia und Simone Paganini, beide Professoren, schreibt theologische Bücher, die gar nicht professoral sind. Damit erreichen sie ein großes Publikum, ecken aber auch an. Denn so manche biblische Einsicht kann verunsichern. Oder den Glauben weiten.

Claudia und Simone Paganini hatten schon immer ein Herz dafür, Wissenschaft an eine breitere Öffentlichkeit zu vermitteln. „Meine Eltern waren beide Professoren“, sagt Claudia Paganini, die aus Österreich stammt. „Ich fand es traurig, dass ihre Bücher nur so wenige Leute lesen.“ Ihr Mann Simone ist Italiener, kennengelernt haben sich die beiden an der Innsbrucker Uni. „Mich hat gestört, dass bei den Vorlesungen und Seminaren immer nur die paar Studierenden waren“, sagt er. „Ich habe deshalb schon früh angefangen, an der VHS Vorträge zu biblischen Themen anzubieten. Und das wurde erstaunlich viel gebucht.“

Wohl auch, weil seine Sprache erfrischend ist und seine Thesen gegen den Strich gebürstet sind. „Das waren keine Glaubensseminare, sondern eher Angebote für Menschen, die sich für die Bibel als Kulturgut interessieren. Ihnen wollte ich näherbringen, was in diesem dicken Buch steht.“ Der Erfolg sprach sich auch bei Verlegern herum. Sein erstes populärwissenschaftliches Buch „Am Anfang schuf Gott Eva. Die unbekannten Seiten des Alten Testaments“ ging aus VHS-Vorträgen hervor.

Sie schätzen ihre Teamarbeit

Der unbekannte Messias
Buch der Paganinis. Foto: Gütersloher Verlagshaus

Wobei: „Sein Buch“ ist falsch formuliert. „Wir arbeiten schon sehr lange gemeinsam an Büchern“, sagt Claudia Paganini. Für das allererste sei sie als passionierte Bergsteigerin angefragt worden: ein Sachbuch über Gipfelkreuze. „Damals hat mein Mann die Fotos beigesteuert, 54 Gipfel in einem Sommer“, sagt sie. Jetzt steuert er vor allem die bibelwissenschaftliche Expertise bei. „Er bringt jede Menge Wissen und Details ein. Wenn er ein Kapitel für ein Buch entworfen hat, gehe ich dran, strukturiere neu, kürze manches und arbeite insgesamt an der sprachlichen Gestalt.“ 

Simone Paganini nickt. „Wenn meine Frau den Text überarbeitet hat, ist er immer schöner!“ Nicht nur sprachlich. „Wir können uns gegenseitig gut kritisieren. Wenn Claudia sagt: Das ist Quatsch!, dann kann ich das viel besser annehmen, als wenn eine Verlagslektorin das sagen würde.“ Einerseits wohl deshalb, weil sie als Theologin und Philosophin selbst vom Fach ist, und andererseits: „Na ja, sie ist meine Frau, ich vertraue ihr.“

Die Bücher der Paganinis sind nichts für Menschen, die ihren Glauben und religiöse Traditionen nicht zu hinterfragen wagen. Schon die Titel sind frech. „Von wegen heilige Nacht. Der große Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte“ heißt ein Bestseller. „Wer zur Hölle ist der Teufel“, heißt ein anderes. Oder: „Unzensiert: Was Sie schon immer über Sex in der Bibel wissen wollten, aber nie zu fragen wagten“. Oder: „Auferstanden, oder? Der große Faktencheck zur Ostergeschichte“. 

Sie wollen nicht vor den Kopf stoßen

„Wir bekommen schon auch negative Rückmeldungen auf die Bücher“, sagt Simone Paganini. „Es gibt Leute, die werfen uns vor, ihren Glauben zu zerstören.“ Seine Frau schaut mit Verständnis auf die manchmal seitenlangen E-Mails: „Mir tut es menschlich leid, Leute so zu verunsichern. Aber ich bin fest überzeugt, dass Glaube reifen muss, erwachsen werden muss. Wir tun ihnen nichts Gutes, wenn wir sie in ihrem Kinderglauben lassen.“ Trotzdem sieht sie auch die Grenzen des Mediums Buch: „Wenn wir Vorträge halten, können die Leute zurückfragen und wir können ihre Sorgen auffangen. Mit den Büchern lassen wir sie ein Stück weit allein.“

So wird es wohl auch bei dem neuesten Buch sein, das gerade erschienen ist: „Der unbekannte Messias. Die Ecken und Kanten des Jesus von Nazareth“. „Wir zeigen Jesus weniger als milden, freundlichen Heiland, sondern als Menschen mit Stärken und Schwächen, der die Menschen seiner Zeit begeistert hat“, sagt Simone Paganini. Damit wollten sie aber niemanden vor den Kopf stoßen. „Ich vergesse nie, dass ich katholischer Theologe bin.“ Viel mehr könne eine andere als die gewohnte Sicht dabei helfen, zum Kern des Glaubens vorzustoßen. „Wir können sehr vieles von dem, was Tradition ist, weglassen – und was übrig bleibt, ist Jesus Christus.“ 

Und noch eine Hoffnung hätten sie, sagt Simone Paganini. Sie wollten Menschen, die nicht zum Kernchristentum gehören und keine Kirchgänger sind, motivieren, die Bibel zur Hand zu nehmen: „Die Bibel ist ein wichtiges Kulturgut, das unsere Gesellschaft bis heute prägt. Wir wollen nicht missionieren, aber wenn die Bücher neugierig machen und Lust erwecken, einmal selbst nachzulesen, was in der Bibel steht, dann haben wir ein wichtiges Ziel erreicht.“

Susanne Haverkamp

Zu den Personen:
Simone Paganini lehrt Biblische Theologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Claudia Paganini hat eine Professur für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Das Paar hat drei Kinder und lebt in Tirol.

Ihr neues Buch „Der unbekannte Messias. Die Ecken und Kanten des Jesus von Nazareth" ist erschienen im Gütersloher Verlagshaus. 176 Seiten, 18 Euro