Aktionstag "Umwelt" des Bistums Dresden-Meißen
Geistlicher Umweltschutz
Bei einem geistlichen Impuls auf dem Deponieberg konnten die Besucher zur Mittagszeit den Sonnengesang des Franziskus hören. Von oben blickte man auf das ehemalige Tagebaugelände Cröbern. Fotos: Ruth Weinhold-Heße |
Wer am 9. Juli zum Bistumsumwelttag auf die Zentraldeponie Cröbern südlich von Leipzig anreiste, musste früh starten. Neun Uhr traf sich eine Gruppe Fahrradfahrer vor dem Haus des Vereins „Eine Welt“ in Leipzig-Connewitz, um umweltfreundlich anzureisen. Lastenräder transportierten Material für die Infostände. Entlang der Pleiße schlängelte sich der Weg nach Süden.
Mit dabei war Katja Kühn, die nichts mit Kirche am Hut habe, wie sie sagt. Die Internistin engagiert sich bei „Health for future“ (Gesundheit für die Zukunft), so wie Melanie Gerhard, die als Psychiaterin arbeitet und Katholikin ist. Beide wollen nicht nur ihre Patienten über die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels aufklären, sondern auch Kollegen. Gerade hat ihr Projekt „Zukunftsspaziergang“ Födermittel des Mitmach-Fonds Sachsen erhalten. Melanie Gerhard erklärt: „Wir Mediziner sagen, wie wichtig Bewegung für den Menschen ist. Während wir mit anderen spazieren gehen, entdecken wir gemeinsam, wie schön die Natur ist. Und dann stellen wir die Frage: Was können wir tun, damit es so schön bleibt? So können wir auch Menschen ansprechen, die mit Umweltthemen sonst nicht so viel zu tun haben.“
Familie Gwosch aus Dresden stand mit den zwei kleinen Kindern schon kurz nach sechs auf dem Bahnhof, um umweltfreundlich und pünktlich den Aktionstag zu erleben. Am Brot-für-die-Welt-Stand diskutierte die Familie am Mittag über ihren ökologischen Fußabdruck. „Wieviel Müll verursachen wir pro Woche? Wieviel Geld geben wir für Neuanschaffungen im Monat aus?“ Das waren nur zwei Fragen, denen sich die Familie stellte und ehrlich beantworten wollte.
Einer, den dieser Test des eigenen ökologischen Fußabdrucks vor einigen Jahren zum Umdenken brachte, ist Journalist Günther Wessel. Zusammen mit seiner Frau Petra Pinzler veröffentlichte er das Buch „Vier fürs Klima“, in dem sie über ihr Familienprojekt berichten, ein Jahr lang den ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten – eben so, dass die Familie nicht mehr Ressourcen verbraucht, als unsere Erde hergibt. Offen berichtete Wessel in Cröbern, wie schwer es ihm gefallen sei, kein Auto mehr für den täglichen Einkauf zu nutzen.
Es wurde schnell ganz praktisch auf dem Bistumsumwelttag. Und auch persönlich.
Marius Zippe erklärt, wie man seinen ökologischen Fußabdruck berechnen kann. |
Gottes Schöpfung für alle gleich geschaffen
Zugegeben, der Platz auf dem Müllberg und in dem Bergbau-Technik-Park, dem ehemaligen Tagebaugelände südlich der A38, hätte für mehr Menschen gereicht. Es kamen vor allem am Thema Interessierte und Aktive zu dieser ersten großen Umwelt-Veranstaltung des Bistums, zu der der Katholikenrat und Bischof Heinrich Timmerevers eingeladen hatten. Gleichzeitig fand der Tag der offenen Tür der Zentraldeponie Cröbern statt und man konnte sich auf dem ehemaligen Tagebaugelände zur Geschichte des Braunkohleabbaus in der Region informieren.
Beim geistlichen Impuls am Morgen sagte der Bischof in Anlehnung an die Ezyklika Laudato Si von Papst Franziskus: „Gottes Schöpfung ist nicht für mich allein geschaffen.“ Deshalb sei soziales Handeln, der Blick in den globalen Süden, so wichtig.
Herausfordernd war der Vortrag von Markus Vogt, Professor für Christliche Sozial-Ethik in München, der über unsere Wegwerfgesellschaft sprach. Passend zum - immerhin begrünten - Müllberg, auf dem die Veranstaltung stattfand, sagte Vogt: „Müll ist Materie am falschen Ort.“ So würden in Deutschland rund 30 Prozent der Lebensmittel entsorgt, während weltweit 811 Millionen Menschen hungerten. Auch das Klimawandel-verursachende CO² sei unser Abfall in der Luft. Da die Folgen meist arme Menschen zuerst spürten, müsse die Umweltbewegung auch immer eine Gerechtigkeitsbewegung sein.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde es wieder praktisch. Vogt schlug einen verantwortungsvollen Konsum etwa von Fleisch vor, angeregt durch entsprechende Tierwohl-Siegel und höhere Steuern. Die Klimabilanz verändern könnten schon ein Tempolimit oder Dinge zu reparieren, anstatt sie wegzuschmeißen. Bischof Heinrich Timmerevers verglich den Verzicht zu Gunsten der Umwelt mit dem Fasten. „Man fühlt sich nicht ärmer und begrenzter dadurch, sondern zufriedener und bestärkt.“ So sei ein nachhaltiges, entschleunigtes Leben auch eine „geistliche Erfahrung“.
Aus Leipzig-Connewitz fuhr eine Fahrradfahrgemeinschaft zum Bistumsumwelttag. |
Zu so einer geistlichen Erfahrung lud auch die Katholische Frauengemeinschaft (KFD) ein. Bei einem Klageweg konnten Steine als Symbol für unseren hohen Lebensstandard auf den Deponieberg in Cröbern getragen werden. Zum Thema Umweltschutz bieten die Katholischen Frauen immer wieder Aktionen. KFD-Sprecherin Angelika Pohler erklärte: „Frauen sind die Verbraucherinnen der Familien. Wir wollen anregen, dass sie über den Einkauf von Textilien und Lebensmitteln nachdenken.“
Dieses Ziel verfolgt auch Debora D‘Ambruoso vom Berlin-Büro des Bischöflichen Hilfswerks Misereor. Am Stand verteilte sie Lose in einer „Klimalotterie“. Man konnte Vorschläge gewinnen, etwa eine Woche auf den Coffee-to-go zu verzichten samt Wegwerfbecher. Im Gespräch regte sie an, über die tatsächlichen Kosten eines T-Shirts nachzudenken, denn die Folgen durch Umweltverschmutzung oder Missachtung der Menschenrechte seien im Verbraucherpreis nicht enthalten. „Wir als Kirche sollten eigentlich eine Vorreiterrolle einnehmen. Schöpfungsverantwortung ist doch für uns als Christen unser ureigenstes Thema“, so D‘Ambruoso. Damit das Thema auch in den Gemeinden ankommt, bietet sie als Bildungsreferentin in den ostdeutschen Bistümern Workshops über Nachhaltigkeit an. „Das fängt beim Einkauf von Büromaterialien und Putzmitteln an“, erklärt sie.
Solaranlage, Erdwärme und heimische Steine
Eine Gemeinde, die zeigt, wie das funktionieren kann, ist die Propstei in Leipzig. Auf dem Markt der Möglichkeiten erklärte Thomas Ebert-Hatzfeld, wie der Neubau der Trinitatiskirche ökologisch gestaltet wurde: Das Gebäude wird zum Beispiel komplett mit Erdwärme geheizt, Baumaterialien sind heimische Steine und auf dem Dach und am Kirchturm sind Fotovoltatik-Panels angebracht, mit denen rund ein Drittel des Stroms im Gebäude produziert wird. Aktuelles Anliegen: Die Ökostromanlage soll erweitert werden und braucht eine neue Batterie. „Wir sammeln Geld und unser Propst Gregor Giele hat sich bereit erklärt, pro 10 Euro-Spende einen Tag auf sein Auto zu verzichten“, erzählt er. Ein doppelter Anstoss also zum ökologischen Handeln.
Anregungen: fussabdruck.de oder propstei-leipzig.de/gebaeude/nachhaltigkeit
Von Ruth Weinhold-Hesse