Bistümer der Region Ost bilden berufsgruppenübergreifend aus

Gemeinsamer Pastoralkurs

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In Zeiten wachsender Herausforderungen in den Gemeinden und zurückgehender Bewerber für pastorale Berufe werden neue Wege in der Ausbildung von Seelsorgern beschritten.


Regens Ansgar Pohlmann bei einer Arbeitseinheit im neuen, zweiten Berufseinführungskurs für Gemeinde- und Pastoralreferenten, Diakone und Priesterkandidaten.    Foto: Matthias Hülfenhaus

„Ich möchte dabei helfen, das kirchliche Leben zukunftsfähig zu gestalten, damit der christliche Glaube weitergetragen werden kann“, sagt Susann Nürnberg (38). Die Gemeindereferentin in Ausbildung und Mutter von zwei Schulkindern nimmt seit Anfang September in Erfurt an einem dreijährigen Berufseinführungskurs für Hauptamtliche in der Seelsorge teil. Parallel dazu ist sie im eichsfeldischen Niederorschel im Seelsorgeeinsatz. Auch Priesterkandidat Julian Kania (26) befindet sich derzeit im Berufseinführungskurs, der allerdings schon vor einem Jahr begonnen hat und der erste in dieser Form ist. „Im seelsorglichen Alltag ist gerade alles im Fluss“, beschreibt er die Situation im Land. Die Gemeinden werden kleiner, die Zahl der pastoralen Mitarbeiter auch. Pfarreien werden neu gegründet. „Aber damit beginnt erst die Arbeit“, weiß Kania, der zur Zeit als Diakon in Gera im Einsatz ist. Zudem sei etwa in der Diskussion, wie es mit dem schulischen Religionsunterricht weitergehen soll oder welche Rolle den Medien in der Glaubensverkündigung zukommen muss, sagt Kania. Letztlich stehe hinter alledem die Frage, „wie man Menschen überhaupt mit dem Evangelium erreichen kann“.

Gutes Zusammenspiel und fundiertes Handwerk
Um alle diese Herausforderungen angehen zu können, braucht es „ein vielseitiges und fundiertes handwerkliches Wissen und Können.“ Darin sind sich die angehende Gemeindereferentin und der Priesterkandidat einig. Zugleich könne es nur hilfreich sein, wenn die verschiedenen Seelsorgeberufe im Gemeindealltag eng zusammenwirken. Um dies zu fördern und nach aktuellen Antworten auf die vielen Herausforderungen zu suchen, gebe es jetzt den berufsgruppenübergreifenden Einführungskurs in Erfurt. Für Susann Nürnberg kann es dadurch zum „Abbau hierarchischer Strukturen hin zu einem kooperativen Berufsverständnis kommen“. „Indem wir uns in der gemeinsamen Ausbildung gut kennenlernen, wächst das Verständnis füreinander“, sagt Bernadette Heidekrüger (45) aus Berlin-Mitte, die ebenfalls Gemeindereferentin wird und sich wie Diakon Kania schon ein Jahr in der berufsübergreifenden Ausbildung befindet.

Beide finden die neue Ausbildungsform grundsätzlich „Klasse“. „Hier wird an einer Vision gearbeitet, wie man in der Gemeinde gut zusammen wirken kann.“ Denn im pastoralen Alltag werde immer noch berufsgruppenorientiert gedacht, erlebt Heidekrüger. Aber auch der Priesterkandidat Martin Hohmann (43) – er ist im eichsfeldischen Lengenfeld unterm Stein im Praktikum und wie Nürnberg im neu gestarteten, zweiten Kurs – betrachtet die gemeinsame Ausbildung als Chance, das Verbindende zu betonen.

Susann Nürnberg, Simon Weniger und Martin Hohmann haben jetzt ihre Berufseinführung begonnen, Bernadette Heidekrüger und Julian Kania sind schon ein Jahr dabei.    Foto: Eckhard Pohl

Seit Herbst 2021 gehen die Diözesen Ostdeutschlands neue Wege in der Berufseinführung der Pastoral- und Gemeindereferenten, angehenden Ständigen Diakone und Priesterkandidaten. Kooperationen in der Priesterausbildung der Region Ost und darüber hinaus gebe es schon länger, erinnert der Regens des Erfurter Priesterseminars, Ansgar Pohlmann, der nun vor Ort auch die berufsgruppenübergreifenden Pastoralkurse leitet. Zuletzt hätten angesichts immer weiter zurückgehender Kandidatenzahlen vor zwei Jahren 14 Diözesen eine Vereinbarung über  eine überdiözesane Pastoralausbildung ihrer Priesterkandidaten beschlossen. Darunter sind auch die (Erz-)Diözesen Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg. Diese erstmals stattfindende, weiträumige Kooperation beim Pastoralkurs wurde jetzt mit neun Priesterkandidaten mit Einführungstagen vom 24. bis 31. August in Erfurt begonnen. Weitere Ausbildungseinheiten dieses Kurses werden in Hamburg und Paderborn stattfinden.

Kooperationen in der pastoralen Ausbildung
Hinzu kommt nun aber eine gemeinsame Pastoralausbildung für die verschiedenen Seelsorgeberufe einschließlich der Priesterkandidaten in der Region Ost, so Pohlmann. Dazu hatten die Bischöfe der Ostdiözesen 2021 eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Die Ausbildungsleiter der Diözesen entwickelten gemeinsam das Konzept dafür. Auftakt für den zweiten dieser pastoralen Berufseinführungskurse Ost (2022 bis 2025) war jetzt vom 5. bis 9. September im Erfurter Priesterseminar. Drei Teilnehmer sind aus dem Erzbistum Berlin und je zwei aus den Bistümern Erfurt und Magdeburg. Im ersten Kurs (2021 bis 2024), der sich jetzt ebenfalls traf, sind acht Teilnehmer aus dem Erzbistum Berlin und einer aus dem Bistum Dresden-Meißen.
Schwerpunkte des dreijährigen Kurses seien die religionspädagogische Ausbildung für den schulischen Religionsunterricht und die homiletische (Predigt-) Ausbildung, so Pohlmann. Hinzu komme die Katechetik, also die gemeindliche Einführung in den Glauben, sowie nicht zuletzt der pastoral-psychologische Basiskurs über acht Wocheneinheiten hinweg im zweiten und dritten Jahr. Dabei geht es etwa um Selbstwahrnehmung oder die Situation in Kirche und Gesellschaft und wie man damit konstruktiv umgehen kann.

Während des berufsbegleitenden Einführungskurses arbeiten die Teilnehmer parallel in Pfarreien. Im dritten Jahr sind die Priesterkandidaten dann schon geweiht und bleiben noch in ihrer Gemeinde, in der sie schon als Diakon waren. Alle Kursteilnehmer haben Mentoren und können ihre Erfahrungen aus der Praxis in den Kurs einbringen, betont Pohlmann. „Dafür bitten wir die Teilnehmer wiederholt zu eher kurzen Einheiten nach Erfurt. Das macht es möglich, praktische Erfahrungen zeitnah zu reflektieren.“ So kommen die Teilnehmer im ersten der drei Ausbildungsjahre monatlich zu zweitägigen Studientagen zusammen. Zudem finden zwei Studienwochen statt. Im zweiten und dritten Jahr stehen mehr Wocheneinheiten an.
Für Familienmütter wie Susann Nürnberg ist es eine ziemliche Herausforderung, mit Familie das dafür Notwendige zu organisieren, wie sie sagt. Auch die Dauer der Ausbildung – Bernadette Heidekrüger kommt durch die Neukonzeption der Ausbildung auf acht Jahre – finden die Älteren der Teilnehmer recht lang. „Es ist schon eine erhebliche Entscheidung zu sagen: Wenn ich für die Menschen da sein will und dies auch schon während der Berufseinführung, muss ich mich auf eine lange Ausbildung einlassen“, sagt Heidekrüger. Dennoch sind sich die insgesamt fünf Vertreter aus beiden Kursen einig, dass angesichts der vielfältigen Umbrüche in Kirche und Gesellschaft eine fundierte, qualitativ hochwertige Ausbildung, wie sie jetzt versucht werde, nötig ist.

Vielfältige Fragen im Blick behalten
Erfurt als Zentralort des Kurses finden die Teilnehmer weithin „okay“. Schließlich sei mit dem Priesterseminar die Logistik vorhanden, sagt Kania. Der angehende Pastoralreferent Simon Weniger (26) aus Berlin-Tempelhof verweist allerdings auf einen Kollegen in Greifswald, für den Erfurt weit entfernt sei.

Susann Nürnberg wünscht sich im Kurs unter anderem praktische Tipps, wie der Start in einer neuen Gemeinde gut gelingen kann. Bernadette Heidekrüger hofft, dass bei der Ausbildung all die Fragen nach Veränderung in der Kirche im Blick bleiben, die die Gemeindemitglieder derzeit bewegen und auf die es Antworten zu geben gilt.

Von Eckhard Pohl