Gute Seele geht in den Ruhestand

Gottvertrauen, Humor und gutes Essen

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Wenn Marion Zimmermann jetzt in Rente geht, verlässt eine Institution das Jugendhaus des Bistums Dresden-Meißen. Sie war über 30 Jahre lang die „gute Seele“ des Winfriedhauses.


Der Geranienbalkon beeindruckte Marion Zimmermann schon als Kind. Fürs Foto steht sie erstmals selbst oben.    Foto: Jens Daniel Schubert

Schon als Mädchen in den 60ern wollte Marion ins Winfriedhaus. Ihr Schulweg führte daran vorbei. Das Spiel der Kinder hinter der hohen Hecke, aber auch die Balkone mit den herrlichen Geranien hatten große Anziehungskraft.

Aber das Leben lief anders. Lehre, Textilarbeiterin, Wende, Abwicklung. Erst 1991, als sie auf dem Arbeitsamt erklärte, sie würde auch putzen gehen, bekam Marion Zimmermann eine Stelle im Winfriedhaus in Schmiedeberg angeboten. Der erste Vertrag war ein „Dienstvertrag“. Das erinnerte sie an den Spruch, der bei ihrem Großvater über der Tür hing: „Ich und mein Haus will dem Herrn dienen!“ So fühlte sie sich, auch wenn sie nicht katholisch ist, gleich beheimatet. Und seitdem, inzwischen mehr als 30 Jahre, ist sie hier „Beiköchin“.

Geben und Nehmen im Winfriedhaus

Ihr Chef, Jugendpfarrer Martin Kochalski, sagt, dass das wohl am wenigsten beschreibe, was sie macht. „Es war bei ihr immer lecker, ja. Aber die Persönlichkeit geht viel tiefer.“ Kochalski hat Frau Zimmermann schon zu seiner Jugendzeit im Winfriedhaus kennengelernt. Was er damals gespürt hat, schätzt er jetzt als Vorgesetzter: ihren Humor, ihre ansteckende Freundlichkeit, die den Jugendlichen Brücken baut.

So ist Frau Zimmermann, das hört man von jedem, den man fragt, die gute Seele des Hauses. Auch, wenn sie das alte, verwinkelte, sie sagt „knuffige“, Haus vermisst. Es musste, baupolizeilich gesperrt, abgerissen und vollkommen neu errichtet werden. Doch sie meint da nicht nur die Bausubstanz. Um die hat sie gekämpft. Notfalls, wie nach dem katastrophalen Hochwasser 2002, mit Boschhammer und Schubkarre. Aber es war mehr. Sie hat es beispielsweise sehr geschätzt, dass der Jugendseelsorger im Haus wohnte. Der Tag begann mit einer Andacht. Sie fühlte sich im Winfriedhaus behütet. Es sei so viel Glauben „rübergekommen“. Das sei ein Geben und Nehmen. „Und wenn ich was bekomme für mein Herz“, sagt sie, „dann kann ich auch gerne weitergeben.“

Der Pastoral-Mitarbeiter Steffen Hollmann hatte Frau Zimmermann zunächst als Kursteilnehmer durch das Ausgabefester der Küche kennengelernt. Später war er Zivi in Schmiedeberg. Beim gemeinsamen Arbeiten und den Gebetszeiten, beim Essen und beim Feiern wuchs man zusammen. „Wenn Musik im Haus war“, erzählt er, „bei Musikertreffen, Probenwochenenden einzelner Orchester oder Bands, habe sie sich oft aus der Küche geschlichen und gelauscht.“ Es ist kein „Merksatz“, den er von ihr im Herzen hat, sondern ihre Art und Weise, wie sie Menschen begegnet: ehrlich und herzlich. Das habe ihn geprägt.

Begleitung von der Freizeit bis zur Hochzeit

Marion Zimmermann kann gut zuhören und ansteckend erzählen. Gerne würde sie noch weiter plaudern. Und mir das neue Haus zeigen. „Das ist schon schön geworden“, gibt sie, trotz wehmütiger Erinnerungen, zu. Doch die Arbeit wartet. Am Wochenende ist eine Hochzeit im Haus. „Hochzeiten gab es immer!“ Die jungen Leute haben sich hier kennengelernt und wollen dann hier heiraten. Und es ist für sie immer wieder ein ergreifender Moment. Wenn junge Menschen, „die ich schon von klein auf kenne, jetzt kommen und mir die Babyschale auf den Küchentisch stellen und die Kleinen mich anlachen. Die kommen dann später auch mal hierher.“

Das wird sie nicht mehr erleben. Sie geht in Rente. Nicht mehr müssen müssen. Jetzt darf sie wollen. „Auf das Wollen freue ich mich!“, sagt sie. Auch wenn es zu Hause bei ihrem Mann natürlich viel zu tun gibt. Man kann, so drückt sie es aus, nur auf einer Baustelle tätig sein.

Von Jens Daniel Schubert