Im Dialog mit der Welt
Foto: Matthias Schatz
„Sie ist kein Vereinslokal für Katholiken“, lobte Erzbischof Stefan Heße am 11. Oktober bei einem Festakt zu ihrem 50-jährigen Bestehen die Katholische Akademie in Hamburg. Solche Vereinslokale halte er auch nicht für zukunftsfähig. Die Eröffnung am 1. September 1973 habe noch unter dem Eindruck des Zweiten Vatikanischen Konzils gestanden – es wurde übrigens an einem 11. Oktober, den des Jahres 1962, eröffnet, der auch der Gedenktag des „Konzilspapstes“ Johannes XXIII. ist. Nach Heßes Worten sollte die Akademie ein „katholisches Zentrum sein, das die kirchliche Weltfremdheit aufbricht. Ein Ort des Dialogs auf Augenhöhe zwischen Kirche und Welt.“
Heße verglich diese Dialogbereitschaft „auf ein Miteinander hin“ mit jener, die gerade bei der Weltsynode in Rom stattfinde, für die er dankbar sei. Er konstatierte zudem, dass man in der Gesellschaft „in manchen Fragen von eine Gesprächsstörung zwischen Regierenden und Regierten ausgehen“ müsse.
Hauptpastorin und Pröpstin Ulrike Murmann war zuvor bei einer ökumenischen Vesper im Kleinen Michel in ihrer Ansprache, bei der sie der Katholischen Akademie zu ihrem „hervorragenden Bildungsprogramm“ gratulierte, auf die Terrorangriffe der palästinensischen Hamas auf Israel eingegangen. Sie berichtete in diesem Zusammenhang von einem Besuch im britischen Coventry, das 1940 von der deutschen Luftwaffe stark bombardiert wurde. Unter anderem wurde dabei auch die Kathedrale der Stadt zerstört. Domdekan Richard Howard habe bald darauf in einer Ansprache gesagt, der Feind müsse besiegt werden, aber man müsse auch an die Zeit danach denken und sich mit ihm versöhnen. Heute bete man in Coventry und der dort nach den Angriffen entstandenen Nagelkreuzgemeinschaft daher für Ukrainer ebenso wie für Russen und für Israelis ebenso wie für Palästinenser, so Murmann.
Den Festvortrag zum Jubiläum der Akademie hielt der Apostolische Nuntius bei der Europäischen Union, Erzbischof Noël Treanor, über die Einheit Europas. Der Botschafter des Vatikans ermahnte darin die Menschen, trotz politscher und religiöser Spannungen miteinander im Gespräch zu bleiben. „Es ist unsere Verantwortung, an Europa weiterzubauen, nicht nur die Schäden zu reparieren, sondern auch im Stil unserer Zeit zu gestalten“, sagte Treanor. Europa stehe für Frieden und Versöhnung – in Europa und über Europa hinaus.
Trotz aller Konflikte sei der Kontinent stets auch in der Lage gewesen, die Einheit wieder herzustellen und Risse zu kitten. „Europa ist vom Ringen um Einheit geprägt.“ Der irische Geistliche führte dazu Beispiele an, die von der Karolingerzeit um 800 über das Spätmittelalter und die Aufklärung bis in die Zeit nach 1945 mit der Gründung der Europäischen Union reichen.
„Einheit Europas ist durch Krisen gefährdet“
Treanor zufolge ist die Einheit Europas aktuell durch zahlreiche Krisen gefährdet. Er nannte unter anderem den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, den aktuell wieder eskalierenden Konflikt auf dem Balkan und die Migrationskrise. Zugleich verändert sich seiner Ansicht nach die religiöse Prägung Europas. In Westeuropa und besonders in Deutschland gebe es einen dominanten Prozess der Säkularisierung und Individualisierung sowie einer religiösen Pluralisierung. In Osteuropa hingegen hätten Glauben und Religion Hochkonjunktur.
Treanor rief die katholische Kirche dazu auf, den ökumenischen Dialog mit den evangelisch-lutherischen und den orthodoxen Christen zu pflegen. Ähnlich dringlich seien der interreligiöse Dialog und das Gespräch zwischen Kirche und säkularer Kultur. „Deswegen sind auch Orte wie die Katholischen Akademien so wichtig für die Kirche.“
In seinem Schlusswort hob der gegenwärtige Akademiedirektor Stephan Loos noch einmal hervor: „Die Akademie ist ein Ort für Katholiken und alle, die es nie werden wollen – die aber nicht ausschließen wollen, dass es so etwas wie Gott gibt.“
Mit Material von kna