Pfarreineugründung im Leipziger Norden
Investieren in die Zukunft
Manchmal ist ein bisschen Humor hilfreich, um einander näher zu kommen – so wie jüngst bei diesem Treffen der Verantwortungsgemeinschaft der Pfarreien im Leipziger Norden. Foto: privat |
Gohlis gehört durch ein riesiges Baugebiet auf ehemaligem Kasernengelände zu den Leipziger Stadtteilen, die am stärksten wachsen. Wahren ist durch das dort beheimatete Dominikanerkloster eine der katholischen Pfarreien, in denen die schwindende Zahl an Priestern am wenigsten sichtbar wird. Die beiden benachbarten Gemeinden hätten von sich aus kaum ein verstärktes Miteinander gesucht, wenn der damalige Bischof Heiner Koch vor sechs Jahren nicht alle Pfarreien des Bistums ausgerechnet dazu aufgerufen hätte. Jede der Gemeinden für sich erlebt ihr Glaubensleben als vital und zukunftsträchtig, und jede scheut davor zurück, sich zusätzlich zu eigenen Problemen noch mit den Konflikten der Nachbarn zu beschäftigen.
Seit einem guten Jahr ist Dominikaner-Prior Josef kleine Bornhorst Pfarrer in Gohlis und in der kleinen Pfarrei St. Gabriel Wiederitzsch. In seiner unaufgeregten Art hat er die vorsichtigen Annäherungen der drei Gemeinden befördert, immer bemüht darum, Konflikte nicht überzubewerten, den Blick in die Zukunft zu richten und Gemeinsamkeiten nicht übers Knie zu brechen. Er ist zuversichtlich: Jede der drei Pfarreien wird ihre Stärken auch in der künftigen Großpfarrei entfalten können. Die Wiederitzscher beispielsweise werden weiterhin mit ihrer architektonisch bedeutsamen Friedrich-Press-Kirche punkten können. In diesem kleinen zeltförmigen Gotteshaus werden sich auch künftig gerade junge Menschen geborgen fühlen, meint der Pfarrer.
Abschied von der Gohliser Villa
Das Wahrener Kloster St. Albert werde als geistlicher und kultureller Ort erhalten bleiben. Das verlässliche Angebot zu Beichte und Exerzitien würden bereits jetzt weit über die Pfarreigrenzen hinaus genutzt. In allen Gemeinden der künftigen Pfarrei werden Seniorenkreise, Chöre und diverse Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien erhalten bleiben und fortgeführt.
Die Gohliser werden sich allerdings über kurz oder lang von der historischen Villa verabschieden müssen, die seit Jahrzehnten ihr Pfarr- und Gemeindehaus beherbergt. Die Bistums-Verwaltung in Dresden hat grünes Licht dafür gegeben, die sanierungsbedürftige Villa im Laufe der nächsten Jahre zu verkaufen und neben der knapp 400 Meter entfernten Pfarrkiche St. Georg ein neues Gemeindezentrum zu bauen. Zeitgleich soll auch die Kirche saniert werden.
Intensiver „nach draußen gucken“
Die entstehenden Räume werden für die neue Pfarrei Möglichkeiten bieten, die über das hinausgehen, was bisher in der von außen nicht als kirchliches Gebäude erkennbaren Villa möglich war. Ein offenes Kirchencafé könnte sich Pater Josef zum Beispiel vorstellen. Neue Projekte sollten zunehmend auch die neu zugezogenen jungen Familien in den wachsenden Baugebieten in den Blick nehmen, wünscht er sich – ein Anliegen, das auch der Radiojournalist Daniel Heinze teilt. Er hat den pastoralen Erkundungsprozess im Leipziger Norden von Anfang an als Moderator begleitet. „Wir haben noch gar nicht richtig nach ,draußen‘ geguckt“, sagt er in einem Interview mit der Redaktion des Gohliser Gemeindeblatts „Georgsbote“. „Wo sind denn die Menschen, die neben uns wohnen? Die haben wir noch nicht für unseren Glauben, die Kirche oder die Gemeinde begeistert.“
Anders als mancher glaube, sei die Pfarreigründung kein Ende. Mit ihr fange das Erkunden, Gestalten und Verändern erst so richtig an. Dabei könnten auch kirchliche Orte auf dem Pfarreigebiet eine wachsende Bedeutung bekommen, der Caritas-Kindergarten zum Beispiel, das Malteserstift St. Mechtild oder der St. Benno Verlag.
Mit Kraft, Liebe und Besonnenheit
Dass sich von dieser Zuversicht schon mancher in der entstehenden Pfarrei anstecken ließ, zeigt das biblische Motto aus dem zweiten Timotheus-Brief, auf das sich die Katholiken in Wiederitzsch, Wahren und Gohlis geeinigt haben: „Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“
Der Pfarreigründungs-Gottesdienst mit Bischof Heinrich Timmerevers beginnt am 27. Oktober um 10.30 Uhr in der Pfarrkirche St. Georg in Leipzig-Gohlis. Nach einer Feier im Pfarrhaus endet der Festtag mit der Abschlussandacht um 17 Uhr.
Von Dorothee Wanzek