Neues von der Baustelle der Sankt Hedwigs-Kathedrale Berlin

Jedem Christen eine „Kathedra“

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Ein Jahr dauert es noch bis zur Altarweihe in der umgebauten Sankt Hedwigs-Kathedrale. Dompropst Tobias Przytarski informiert über den aktuellen Stand der Bauarbeiten.

Derzeitiger Blick in die runde Öffnung der Kuppel der Sankt Hedwigs-Kathedrale.    Foto: Erzbistum Berlin

Wer in diesen Tagen die Sankt Hedwigs-Kathedrale betritt, findet sich eher auf einer Riesenbaustelle als in einem Gotteshaus wieder. Gerüste vom Boden bis zur Kuppel, überall Zementstaub, nichts als Leere, wo einmal der Altar die Mitte prägen wird. Dabei soll in einem Jahr, an Allerheiligen 2023, der halbkugelförmige Altar feierlich geweiht werden, auf den Tag 250 Jahre nach der ersten Kirchweihe.

Orgel wird ihren Charakter behalten

Dompropst Tobias Przytarski und die Architekten sind zuversichtlich, den Termin der Altarweihe einhalten zu können. Danach wird die Kathedrale wieder geschlossen, um unter anderem die Klais-Orgel staubfrei einzubauen. Der Orgel-Prospekt wird ein wenig „beruhigt, aber die Substanz und das Konzept bleiben erhalten“, so der Dompropst. Philipp Klais, Enkel des Planers und Sohn des Erbauers der Orgel, wird den Wiedereinbau so vornehmen, „dass der einzigartige Charakter erhalten bleibt.

Der Altar wird – wie angekündigt – aus „lebendigen Steinen“ gegossen, die – angefangen am Fronleichnamstag auf dem Bebelplatz - für den Altar gespendet wurden. Eine Auswahl der Steine wird – zusammen mit sehr bewegenden persönlichen Lebensgeschichten – in einem kleinen Band dokumentiert. Für die Herstellung des Altars wird das genaue Verfahren noch erprobt und abgestimmt mit der beauftragten Potsdamer Firma. Dort wird in den kommenden Wochen auch das kreuzförmige Taufbecken in der Unterkirche entstehen. Es wird begehbar sein, so dass künftig auch Taufen in der urkirchlichen Form des Untertauchens möglich sind.

Dass der Baupreisindex deutlich stärker als die Inflationsrate angestiegen ist, wirkt sich auch auf die Baustelle Sankt Hedwig aus. Während für die Kathedrale viele Verträge langfristig mit den Firmen geschlossen wurden, werden die Kosten für das Bernhard-Lichtenberg-Haus deutlich steigen. Die Baugenehmigung wurde erst in diesem Jahr erteilt.

Mit Blick auf die Gestaltung des Innenraums wurden viele Einzelheiten neu betrachtet. So wird es Stühle an Stelle der Bankreihen geben. Das hat praktische Gründe: Stühle lassen sich – zum Beispiel für Chor und Orchester – leicht umstellen. Es gibt auch inhaltliche Gründe für diese Entscheidung. Dompropst Przytarski erinnert an ein Wort des heiligen Augustinus, der sagte, „für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ.“ Przytarski: „In diesem Sinn wird jedem Gläubigen seine eigene ‚Kathedra‘ zugewiesen, wird ‚communio‘, die Gemeinschaft der Feiernden, erfahrbar“.

Durch die Auslagerung der Technik für Heizung und Lüftung ins Bernhard-Lichtenberg-Haus wird für die Unterkirche der ursprüngliche Kapellenkranz wieder hergestellt. Zwei Kapellen werden als Grablege für die Berliner Bischöfe vorgesehen, weitere Kapellen dienen künftig wieder als Beichträume. Eine Kapelle ist für die Präsentation der wertvollen historischen neapolitanischen Krippe vorgesehen, es wird einen Ort der Anbetung und des Gedenkens geben, auch das Grab des seligen Bernhard Lichtenberg wird wieder zurückkehren. Die Särge der Bischöfe wurden bereits in die neue Grablege umgebettet. Die Feier der Eucharistie wird in der Unterkirche möglich sein, „auch wenn ich davon ausgehe, dass mit der künftigen Anordnung von Altar und Gemeinde auch Werktagsgottesdienste eher in der Oberkirche gefeiert werden“, so Przytarski.

Blick in den Himmel über Berlin

Lange gerungen wurde um das Opaion, die runde Öffnung am höchsten Punkt der Kuppel. Der Blick in den Himmel über Berlin wird durch eine transparente Scheibe aus strapazierfähigen Luftkissen ermöglicht. Das Kuppelkreuz wandert auf den Giebel des Portikus, aus statischen Gründen, aber auch, weil es vom Bebelplatz aus leichter und besser sichtbar sein wird.
Bei den Leuchtmitteln wird modernste Technik zum Einsatz kommen: indirekt und energieeffizient, wie auch Heizung und Lüftung. Erstmals wird die Unterkirche auch für Menschen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sein, ein Fahrstuhl erschließt von der Eingangshalle auch die Orgelebene. Hinzu kommt die Schaffung von Möglichkeiten für Audio- und Video-Übertragungen aus der Kathedrale, auch für die Regie wird es Platz geben.

Alle Details werden weiterhin – „oft kontrovers und immer engagiert“ – in der Kathedralkonferenz diskutiert. An der zugrundeliegenden Idee der Wettbewerbs-Preisträger Sichau & Walter mit Leo Zogmayer, den Altar in die Mitte der Kathedrale zu setzen, wurde zu keinem Zeitpunkt gerüttelt. Dass dafür die Öffnung zur Unterkirche und die Treppenanlage zerstört werden musste, fand Widerspruch. „Ich habe aber erlebt, dass sich Kritiker überzeugen ließen. Als wir – für die Ausstellung der Künstlerin Rebecca Horn – erstmals und auch nur provisorisch die Öffnung geschlossen hatten, stiegen die Rückmeldungen derer, die dies für tauglich im Sinn des Rundbaus der Kathedrale hielten und halten“. Die Entscheidung für die Umgestaltung der Kathedrale wurde anlässlich einer dringend nötigen Sanierung und Modernisierung getroffen.
Bis sich die – dann gläsernen - Portale wieder zum Bebelplatz öffnen, wird noch ein wenig Zeit vergehen, aber schon in diesem Advent wird die Kathedrale – so die Hoffnung des Dompropstes – wieder mehr wahrgenommen werden. Denn der traditionelle Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt wird in diesem Jahr auf den Bebelplatz umziehen. Für Tobias Przytarski eine überraschende aber naheliegende Entscheidung: „Schließlich  überstrahlt das Giebelrelief von der Geburt Christi den Bebelplatz.“

Walter Plümpe