Digital unterwegs für die Pfarrgemeinde – was Amateure beachten sollten
Kurz, gewürzt, gewitzt
Margarete Arlamowski ist Journalistin und lehrt als Dozentin den Umgang mit digitalen Medien. Sie antwortet auf die „Fragen der Menschen“ zum Thema Digital unterwegs für die Pfarrgemeinde – was Amateure beachten sollten.
Bewegtbilder auf der Homepage der Pfarrei: Geht das auch mit dem Smartphone oder braucht es dafür eine professionelle Videokamera?
Das geht auch mittlerweile sehr gut mit einem Smartphone. Man kann sowohl Videos aufnehmen wie bearbeiten – dazu gibt es bereits vorinstallierte Schnitt-Apps wie iMovie (fürs iPhone) oder InShot (auch für Android), die intuitiv zu bedienen sind. Mit etwas Übung oder einem Erklärvideo auf youtube schaffen es auch Anfänger, Videos aufzunehmen und diese zu schneiden.
Welche Mindestausstattung muss vorhanden sein?
Ein Smartphone mit Kamera/Videofunktion. Wer dann ein wenig Erfahrung damit gesammelt hat, kann sich dazu noch ein externes Mikrofon, ein Gimbal (eine Halterung, um Bildaufnahmen zu stabilisieren), ein Rundlicht für professionellere Aufnahmen in geschlossenen Räumen oder auch eine professionelle Videokamera zulegen. Ich rate, erstmal mit dem Smartphone zu beginnen und sich dann zu steigern.
Muss nun jede Pfarrei einen Youtube-Kanal haben?
Auf keinen Fall. Eine aktuelle Webseite, die Möglichkeit, per E-Mail erreichbar zu sein (und auch zu antworten!) und eventuell ein Newsletter, um die Gemeinde nicht nur per Post zu erreichen, sind aus meiner Sicht wichtiger, als ein halbherzig geführter Youtube-Kanal. Falls man dann Videos aufnehmen möchte, kann man diese erstmal auf der Webseite integrieren. Wenn einem der Kanal zusagt, würde ich momentan eher erstmal mit Instagram starten, als mit Youtube. Hier gibt es die Möglichkeit, sich mit kurzen Storys (Videoschnipsel, welche sich innerhalb von 24 Stunden selbst wieder löschen), auszuprobieren. Das ist für den Start einfacher und unaufwändiger, als ganze Videos zu produzieren.
Wie lang soll ein Video sein?
Das kommt ganz auf den Inhalt an. Allerdings liegt in der Kürze immer die Würze. Wir Menschen haben mittlerweile eine Aufmerksamkeitsspanne, welche nur wenige Sekunden lang ist. Und man kann auch etwas Spannendes erzählen in 15 Sekunden! Es kommt auch darauf an, auf welchem Kanal ich das Video veröffentlichen will. Auf Youtube werden Videos eher als „beliebt“ eingestuft, welche über mehrere Minuten angesehen werden. Um die Zuseher/innen allerdings über mehrere Minuten bei der Stange zu halten, müssen die Inhalte und die Dramaturgie stimmen und fesselnd sein. Eine gute Orientierung ist auch das klassische Nachrichtenformat: Eine Minute und 30 Sekunden. Eine pauschale Aussage zu Personenanzahl, Schnitt und Ton kann man leider niemals geben, vielleicht nur, dass es verwirrender wird, je mehr Personen auftauchen und je unruhiger die Schnitte und je unterschiedlicher die Musik ist.
Wie teuer ist es, Videos professionell gestalten zu lassen?
Wenn Videos im Auftrag gestaltet werden sollen, kommt es auf den Inhalt und die Ziele des Videos an (Was soll mit dem Video erreicht werden? Auf welcher Plattform? Sind die Protagonisten vorhanden und haben Erfahrung mit der Arbeit vor der Kamera? Was muss gestellt werden?). Hier kann es bei 50 Euro für eine Instagram-Story beginnen und nach oben hin ohne Grenzen sein.
Wer ist in einer Pfarrei rechtlich für die Inhalte einer Homepage, von Videos und für den Datenschutz verantwortlich?
Die Pfarrei beziehungsweise immer die Person, die im Impressum als presserechtlich für den Inhalt verantwortlich genannt wird.
Stichwort Rezo und die Zerstörung der CDU: Warum findet ein fast einstündiges Video, auf dem lediglich einer im Monolog spricht, solchen Zuspruch? Geht Inhalt vor Optik?
Inhalt geht immer vor Optik. Aber auch die Optik spielt bei Rezo eine große Rolle. Seine Videos sind sehr professionell umgesetzt – sowohl von der Recherche her, der Dramaturgie, dem Drehbuch bis hin zur Technik. Es ist ja über die knapp 60 Minuten nicht nur sein Gesicht im Monolog zu sehen. Er ist eher wie ein Moderator, welcher die Ergebnisse seiner Recherchen, welche auch gezeigt werden, präsentiert. Zudem hat er einen unschlagbaren Humor, den er gezielt einsetzt. Er ist ein Profi, der die Tonalität und Interessen seiner Zielgruppe sehr gut trifft und die Möglichkeiten der Plattformen sehr geschickt nutzt.
Welche kirchlichen Themen eignen sich fürs Video? Geht da alles?
Nein, auf keinen Fall. Die Motivation, sich ein Online-Video anzusehen, ist eine andere, als zum Beispiel zu einer Messe zu gehen. Wichtig ist hierbei immer, von meinem Gegenüber auszugehen. Also: Was interessiert meine Zielgruppe? Was bewegt diese zurzeit? Warum sollte mir jemand seine wertvolle Zeit schenken und mir zuhören? Welchen Mehrwert biete ich an?
Wenn es zum Beispiel darum geht, eine Messe virtuell gemeinsam zu feiern, ist ein Live-Format mit der Möglichkeit, sich interaktiv zu beteiligen, interessant. Aber auch diese Messe kann nicht 1:1 einfach abgefilmt werden, das Format muss sich an die Form anpassen. Um es anders zu sagen: Es gibt kein Thema, das sich nicht für ein Video eignet. Aber das Thema muss in einer Form erzählt und gestaltet werden, welche sich an die Gegebenheiten des Video-Erzählens anpasst.
Es gibt viele Möglichkeiten, kirchliche Themen video-gerecht umzusetzen. Zum Beispiel eine wöchentliche gemeinsame Morgenmeditation in einer Instagram-Story. Ein How-to-Video (Erklärvideo) für ein christliches Ritual in der Familie in Corona-Zeiten. Ein monatliches Live-Video mit dem Pfarrer oder einer Seelsorgerin für die Gemeinde – umso besser ist es dabei, wenn die Menschen dazu Fragen stellen und gemeinsam diskutieren können oder über Themen sprechen können, die die Gemeinde gerade bewegen.
Die Fragen hat Ruth Lehnen zusammengestellt.
Zur Sache: Fünf Tipps für Anfänger
- Zuhören und Beobachten: Melden Sie sich bei Instagram an, sehen Sie sich youtube-Videos an, hören Sie sich Podcasts an. Folgen Sie Inhalten, Menschen, die Sie interessieren, und lernen Sie von diesen. So verlieren Sie auch die Scheu vor dieser Art des Erzählens. Sie werden merken, welche Art oder welcher Kanal Ihnen am ehesten entspricht. Zuhören ist aber ebenso die Voraussetzung für eine gute Kommunikation – die Videos sind ein Teil davon und sollten nicht als Einbahnstraße gesehen werden.
- Beginnen: Nehmen Sie kurze Videos erst für sich selbst, dann für Familie und Freund/innen auf. Machen Sie sich mit der Technik auf spielerische Weise vertraut. Dann können Sie sich steigern.
- Sich weiterbilden: Eignen Sie sich das handwerkliche Wissen über Videos an – vor allem inhaltlich, aber dann auch technisch. Wenden Sie das Wissen am besten immer gleich an.
- Experimentieren: Probieren Sie sich immer wieder neu aus. Erwarten Sie nicht, dass Sie von Beginn an alles richtig machen, lernen Sie aus Ihren Fehlern und entwickeln sich weiter. Seien Sie neugierig und offen für Veränderungen.
- Vernetzen: Knüpfen Sie Kontakte zu anderen Pfarreien, die bereits Erfahrungen mit Videos gesammelt haben. Tauschen Sie sich aus.