Senioren in Görlitz feiern gemeinsam den Advent
Lachfalten statt Sorgenfalten
Gelebte Ökumene: Die evangelische Hoffnungskirchengemeinde Görlitz führte ihr diesjähriges Krippenspiel auf. Foto: Joachim Rudolph |
Es war wirklich eine Engelskunde für die von der Caritas und den Maltesern betreuten Kranken und Senioren in Görlitz, als sie erfuhren: Die Adventsfeier im Saal des Wichernhauses findet statt. Das Wiedersehen alter Bekannter, das Krippenspiel und natürlich auch Stollen und Kuchen, nach zuletzt zwei ausgefallenen Feiern war die Sehnsucht groß. Die Anmeldungen waren so zahlreich, dass die Kapazitätsgrenze des großen Wichernsaales mit mehr als 230 Gästen erreicht war. Unablässig rollten die Fahrdienst-Transporter durch das gesamte Stadtgebiet, um die Senioren abzuholen – ein Riesenaufwand.
Jeder wurde von zu Hause abgeholt
Mit strahlenden Augen und voller Erwartung betreten diese dann die „Weihnachtsstube“, den großen Saal. Man winkt und grüßt, erzählt, weckt Erinnerungen und wendet schon mal neugierig den Blick zur großen Bühne. Dort stehen die Kulissen fürs Krippenspiel bereit. Üppiger Blumenschmuck säumt den Bühnenrand. Viele wissen: Es ist Tradition, dass am Ende jeder mit einem Blumenstöckchen beschenkt wird. Dieses Jahr sind es Alpenveilchen.
„Es ist Advent. Es kommt etwas auf uns zu“, heißt es in der Begrüßung. „Man kann es hören: die alten schönen Lieder, die wir singen oder summen. Man kann es sehen: die mit Tannenzweigen geschmückten Tische, die Spannung beim Blick auf die Bühne. Man kann es riechen: die Stolle, die Pfefferkuchen. Der eigentliche Grund für das Warten im Advent ist jedoch ein anderer: Jesus Christus, das Kind in der Krippe, der Heiland der Welt.“
Das Lied „Alle Jahre wieder“ erklingt, begleitet von Klavier und Querflöte. Das Krippenspiel wird in diesem Jahr von Kindern und Jugendlichen der evangelischen Hoffnungskirchengemeinde Görlitz aufgeführt. Zwei Engel in weißen und goldenen Gewändern machen sich auf den Weg zur Erde, um eine Botschaft zu verkünden, die die Menschen sich zu Herzen nehmen sollen. Sie fangen bei den zweifelnden Hirten an, schauen in ihre Gesichter, spüren ihre Sorgen: „Wir müssen ihr Herz erreichen, sie auf das Weihnachtswunder einstimmen und aus Sorgenfalten in ihren Gesichtern Lachfalten machen.“
„Euch ist heute der Heiland geboren…“
Angekommen im Stall bei Maria und Josef und dem Neugeborenen vergessen die Hirten dann jeglichen Zweifel, erkennen, dass die Botschaft der Engel wahr ist. Die Engel aber wissen: Die Zusage, dass Gott die Menschen nicht im Stich lässt, gilt für alle Zeiten. Sie wenden sich direkt an die im Saal Versammelten: „Hört die Worte mit offenem Herzen, dass die Weihnachtsfreude die dunklen Töne eures Lebens überklinge. Fürchtet euch nicht, denn eine große Freude kommt für alle: Euch ist der Heiland geboren, Christus der Herr.“ Mit dem gemeinsamen Singen des alten, vertrauten „Stille Nacht“ und großem Beifall endet das Spiel, das alle in Spannung versetzt hatte.
Nach der „geistlichen Nahrung“ folgt die leibliche Stärkung mit Kaffee und Stollen. Beim anschließenden gemeinsamen Singen, ab und zu unterbrochen von heiteren und nachdenklichen Geschichten, Gedichten und Anekdoten, vergeht die Zeit wie im Fluge. Mit einem Segenswort und dem Austeilen des Blumengrußes sowie der Einladung zum Wiedersehen im nächsten Jahr endet der Nachmittag. „Das war für mich heute schon Weihnachten“, sagt dankbar eine Frau, als sie wieder in ihrem Rollstuhl sitzt. „Ich freue mich schon aufs nächste Jahr“, meint ein Herr. Und seine Begleiterin sagt: „ Lachfalten sind wirklich besser als Sorgenfalten.“
Von Joachim Rudolph