Weltsynode tritt in neue Phase ein
Lernen, aufeinander zu hören
„Wir nehmen wahr, dass die Themen, die die deutsche Kirche beim Synodalen Weg bewegt, auch die der Weltkirche sind, auch wenn es länderspezifische Besonderheiten gibt“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Pastoral im Bistum Magdeburg, Ordinariatsrätin Friederike Maier. Sie spricht für 50 Personen ihrer Diözese, die sich intensiv mit dem Arbeitsdokument „Mach den Raum deines Zeltes weit“ beschäftigt haben. Darin hat das Generalsekretariat der Weltsynode vielfältige Erfahrungen und Probleme aus fast allen Diözesen der Welt zusammengestellt, wie sie bei der ersten Synodenphase eingebracht wurden. Die Ortskirchen sind im Blick darauf aufgerufen, bei der derzeitigen kontinentalen Phase der Synode nochmals zu formulieren, was ihnen besonders dringend erscheint.
Mit Berlin, Erfurt und Magdeburg haben auch drei (Erz-)Bistümer im Tag des Herrn-Verbreitungsgebiet Anliegen benannt, die über die Deutsche Bischofskonferenz nun bei einer Tagung der Europäischen Bischofskonferenz in Prag mit einfließen sollen.Bevor konkrete Fragen und Probleme vor Ort benannt werden, würdigen die Vertreter aus den Diözesen das Papier aus Rom. Seelsorgeamtsleiterin Anne Rademacher, Amtskollegin von Friederike Maier im Bistum Erfurt, stellt fest: „Im Lesen des Arbeitsdokuments spürten wir eine große Verbundenheit in der Weltkirche, da wir unsere Fragen und Herausforderungen … beschrieben sehen“. Und Karlies Abmeier, Vorsitzende des Diözesanrates Berlin, der an der Abfassung der Rückmeldungen aus dem Erzbistum beteiligt war, stellt klar: Die weiterführende Beantwortung der im Arbeitsdokument aufgeworfenen Fragen ist „in Wichtigkeit und Bedeutung für die gesamte Weltkirche nicht zu unterschätzen“.
Ein Zelt der Begegnung und Beheimatung
Alle drei Diözesen loben das Motto des Arbeitsdokuments „Mach den Raum deines Zeltes weit“ (Jes 54,2). Das Leitbild könne Weite und Zuversicht eröffnen und verdeutliche, worum es der Weltkirche gehen muss, heißt es aus Magdeburg: „Ein Zelt mit weiten Planen, mit langen Stricken und mit haltgebenden und zugleich flexiblen Pflöcken ermöglicht Beheimatung und Begegnung, es schenkt Raum, lädt ein dazuzukommen und erlaubt zu gehen“, zitiert Friederike Maier aus der Stellungnahme des Bistums Magdeburg. „Vielfalt ist im weiten Raum möglich und Glaubenserfahrungen können auch außerhalb gesucht und wieder eingebracht werden.“ Karlies Abmeier und Anne Rademacher sehen dies ähnlich.
Konkret halten es die Verfasser der Berliner Rückmeldung für besonders dringlich, „Prozessstrukturen des gemeinsamen Zuhörens“ in der Kirche zu erlernen und „Mitverantwortung strukturell zu verankern“, etwa in Synodalräten. Es müsse intensiv danach gesucht werden, „wie wir als Institution und Einzelne zu wirklich Zuhörenden werden, die bereit sind, sich durch das Hören verändern zu lassen“, betont das Erfurter Papier.
Auch im Bistum Magdeburg wird „die Haltung des Hörens und des freien Austauschs hochgeschätzt“. Wichtig sei zudem das Gespräch mit Menschen ohne christliche Konfession. Darüber hinaus wünschten sich viele, „dass jetzt endlich gehandelt wird, um restriktive und missbräuchliche Praktiken in der katholischen Kirche zu überwinden“.
2021 hat Papst Franziskus eine Weltsynode einberufen, sie dauert bis 2024. Derzeit befindet sie sich in ihrer kontinentalen Phase – es finden Beratungen in weltweit sieben Bischofsversammlungen statt. Im Blick auf diese Etappe veröffentlichte das Generalsekretariat der Synode 2022 das Arbeitsdokument „Mach den Raum deines Zeltes weit“ mit vielfältigen Rückmeldungen zur Situation von Kirche und Glaube. Auf deren Hintergrund sind die Ortskirchen der Welt jetzt erneut eingeladen, ihnen besonders wichtige Anliegen herauszuarbeiten. Für Europa findet dazu nun vom 5. bis 12. Februar in Prag eine Konferenz der Europäischen Bischofskonferenz statt. Die deutsche Kirche wird vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) Bischof Georg Bätzing, von der Präsidentin des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, und ZdKVize Thomas Söding in ihrer Funktion als Mitglieder des Präsidiums des Synodalen Weges sowie von der DBK-Generalsekretärin Beate Gilles vertreten. Weitere zehn Personen nehmen digital teil. |
Überhaupt spielt der synodale Aspekt einschließlich von Teilhabe an und Transparenz von Entscheidungen eine wichtige Rolle: „Damit unser Zeugnis (für das Evangelium) wirksam wird, müssen wir darüber reden, wie demokratische Standards in unserer Kirche verankert, wie Gläubige vor Ort kirchliche Prozesse mit beeinflussen und wie Entscheidungen transparent gemacht werden können.“ Basis dafür sei die Mitverantwortung aller Getauften, heißt es in der Stellungnahme aus Erfurt. Das Papier aus Magdeburg verlangt, dass sich besonders Europa bei den weltkirchlichen Beratungen für Demokratie stark machen muss, zumal die Bedeutung von Demokratien im Vergleich zu Diktaturen auch in der Kirche anerkannt sei: „Auch aus Gründen der Glaubwürdigkeit braucht es eine partizipative Form der Machtausübung in der Kirche.“
In allen drei Diözesen halten es die Verantwortlichen für erforderlich, dass Frauen der Zugang zu allen Aufgaben in der Kirche bis hin zu den Dienstämtern eröffnet wird. Zugleich müsse nach den „je eigenen Charismen von Männern und Frauen“ gefragt werden. „Viele von uns meinen, dass wir es auf der Grundlage von gleichberechtigtem Zugang (für Frauen) zur Teilhabe an der kirchlichen Sendung tun sollten“, heißt es aus Erfurt Bei einer Begrenzung auf bestimmte Bereiche, so im Papier aus Berlin, müsse diese schlüssig begründet werden.
Auch die Bedeutung umfassender Bildung und Ausbildung von Klerikern wie von Laien wird betont. In der Erfurter Stellungnahme steht diese sogar an erster Stelle: „Nur wenn die Menschen in der Lage sind, über ihren Glauben zu sprechen und dem, was sie geistlich bewegt, Ausdruck zu verleihen, können wir als synodale Kirche auf dem Weg bleiben.“ Umfassende Bildung wird als Voraussetzung dafür gesehen, „um im ganzen Gottesvolk auf Augenhöhe miteinander ... beraten“ zu können.
Ausgrenzung von Gruppen beenden
Es handele sich um einen Spagat, als Kirche einerseits alle Menschen einladen zu wollen und andererseits per katholischer Lehre Menschen auszuschließen, wird in der Eingabe aus Berlin festgestellt. Umso mehr gelte es, „Ängste und negative Emotionen einzelner Gruppen, die sich aus dem kirchlichen Leben ausgeschlossen fühlen“, wahrzunehmen und „Ausgrenzungsmechnanismen in der kirchlichen Praxis“ zu beenden. Gemeint sind zum Beispiel homosexuelle und queere Menschen, aber auch wiederverheiratete Geschiedene und Frauen. Evangelisierung müsse in die Realität der Menschen von heute hinein geschehen.
Erfurt und Magdeburg mahnen zudem, die Erfahrungen und Interessen junger Menschen bei der Weltsynode angemessen zu berücksichtigen.
In der Rückmeldung aus Berlin wird nach der Schöpfungsverantwortung der Kirche gefragt: „Reicht die Enzyklika ,Laudato Si‘ aus?“ Aus Magdeburg heißt es: „Es muss um soziale Gerechtigkeit, um die Schöpfung, um Menschenrechte, Wege zum Frieden, Überwindung von Armut, die Sorge für Geflüchtete und Unterdrückte und um Freiheit gehen.“
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des ZdK und des Synodalen Weges, spricht am 16. Februar bei einer digitalen Veranstaltung des Diözesanrates Berlin über die Prager Konferenz. Infos/Anmeldung: www.dioezesanrat-berlin.de
Von Eckhard Pohl