Projekt im Fuldaer Bonifatiushaus
Menschenrechte im Linolschnitt
Fotos: Hans-Joachim Stoehr
Antje Wichtrey arbeitet seit Jahrzehnten als Künstlerin mit Holzschnitten. Als studierte Kulturpädagogin will die 56-Jährige ihr Wissen indes nicht nur für sich behalten, sondern auch weitergeben. „Ich erkläre gern mein künstlerisches Schaffen“, sagt Wichtrey. Die Künstlerin lebt seit drei Jahrzehnten im spanischen Granada sowie in München.
Da erstaunt es nicht, dass die Künstlerin ihre Kenntnisse in einem Projekt gern an 40 Schülerinnen und Schüler aus Berufsschulen in Bad Salzungen und Fulda vermittelt. Einer Generation, deren Leben mehr vom Tippen auf Computer und Smartphone geprägt ist denn von handwerklich-künstlerischem Tun
wie dem Erstellen eines Holz- beziehungsweise eines Linolschnitts. Wobei die teilnehmenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Fachbereich Gestalten belegen, ihnen also kreatives Tun nicht so fremd ist.
An vier Tagen traf sich Wichtrey mit den Schülern im Bonifatiushaus. „Ein sehr kurzer Zeitraum“, fügt sie hinzu. Und die Zusammensetzung der Gruppe war sehr gemischt. Aber: „Sie haben sich als erwachsen gezeigt.“ Der Künstlerin und Pädagogin war es wichtig, dass die jungen Menschen mit dem Material – also Linoleum und Schnitzmesser – zunächst ihre eigenen Erfahrungen sammeln sollten. Das bedeutete, sie konnten ein paar Stunden verschiedene Schnitte ausprobieren Und dies ohne Vorgaben. Eine Motivvorgabe kam dann in einem weiteren Schritt dazu.
Begeistert von den Bildmotiven
Zum künstlerischen Schaffen gehört auch der Titel des Werks, den sich die Teilnehmenden selbst überlegten. Mal ist es nur ein Wort, mal eine kleine Erläuterung in ein paar Sätzen.
Wichtrey ist begeistert, was die Teilnehmenden in der kurzen Zeit an Bildmotiven schufen. Und mit welchem Einsatz. „Einige haben das Essen ausfallen lassen, weil sie weiter an ihren Linolschnitten arbeiten wollten“, freut sie sich über das Engagement. Zu den derart Fleißigen gehört auch Paul Attenbrunn, der sein Werk „Feuer und Wasser“ nennt. Es zeigt zwei durch eine Diagonale getrennte Bildteile. Im unteren dominiert das Blau, im oberen Rot. „Das Motiv, die Farben, das ist wirklich toll“, findet die Künstlerin.
Auf die je eigene Weise ins Werk vertieft
Inhaltlich sollten sich die Motive um die Menschenrechte drehen. So ging es um die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, die vor 75 Jahren verkündet wurde. Was Menschenrechte praktisch bedeuten, das erfuhren die jungen Menschen bei einer Exkursion nach Frankfurt, wo sie eine Einrichtung der Obdachlosenhilfe besuchten. So heißt es in Artikel 22 der UN-Menschenrechtserklärung: Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit.
„Uns war es wichtig, dass die positiven Seiten der Menschenrechte thematisiert werden“, sagt Wichtrey. Etwa das Stichwort Freiheit – in mehreren Bildern symbolisiert durch gesprengte Ketten – oder Sicherheit etwa vor Unterdrückung. Das bedeutete aber wiederum nicht, dass nicht auch Menschenrechtsverletzungen sich auf den Bildern wiederfinden. Besonders drastisch findet die Künstlerin den Linoldruck „Ein Leben lang“ von Larissa Arnold. Gezeigt wird der Kopf einer verschleierten Frau und darauf sechs rote Kreuze.
Obwohl alle Teilnehmenden mit demselben Material begonnen haben, kamen ganz unterschiedliche Ergebnisse heraus. Für Wichtrey ein Zeichen, dass sich jeder auf seine je eigene Weise in das Thema vertieft hat. Und darauf kam es ja an.
Die Kunstwerke der Schülerinnen und Schüler sind bis zum 18. November von Montag bis Freitag (9 Uhr bis 17 Uhr) im Bonifatiushaus (Neuenberger Straße 3 - 5, Fulda) zu sehen.