Bramsche-Malgarten
Neuer Ort für Sternenkinder
Andrea Kolhoff
Die neue Sternenkindergrabstelle in Bramsche liegt sehr idyllisch neben der früheren Klosterkirche in Malgarten. Ein guter Ort, um herzukommen und in Ruhe zu trauern. Eine Skulptur aus Ibbenbürener Sandstein steht in der Mitte der Grabanlage. Die eine Seite der Skulptur zeigt Umrisse einer Gestalt, es könnte ein Engel mit Flügeln sein, der das verstorbene Kind in den Himmel geleitet. Auf der anderen Seite des Denkmals hat der Künstler Rolf Brüning eine Auskerbung im Stein genutzt, um hier ein transparentes Objekt anzubringen – vielleicht ist es eine Träne? Oder es symbolisiert die ganze Welt? Die Besucher und Besucherinnen der Grabstelle können selbst überlegen, welche Assoziationen sie haben.
Diejenigen, die an diesem Ort trauern, sind Eltern eines frühverstorbenen Kindes; diese Jungen und Mädchen werden auch als Sternenkinder bezeichnet. Manchmal sind es Kinder, die die frühe Phase der Schwangerschaft nicht überlebt haben und weniger als 500 Gramm wogen, sodass nach niedersächsischer Regelung keine Bestattungspflicht für das Kind besteht. Sie können aber hier bestattet werden. Manchmal sind es auch Kinder, die am Ende der Schwangerschaft plötzlich starben und zum Beispiel die 38. Schwangerschaftswoche nicht überlebten. Die Eltern, die nie eine gemeinsame Zeit mit dem Baby haben werden, müssen sich um die Beerdigung kümmern, während für ihr Umfeld die Tatsache, dass sie ein Kind verloren haben, nur wenig greifbar ist. Auf der Sternenkindergrabstelle können sie ihr Kind bestatten lassen. Diese Möglichkeit wird von jungen Familien gerne angenommen, die in der Regel keine Familiengrabstelle besitzen. In Malgarten, neben der katholischen Kirche St. Johannes Evangelist, erhalten die Kinder auf der Sternenkindergrabstelle einen jeweils eigenen Platz; für die Eltern entstehen keine Kosten.
Die Kirche St. Johannes in Malgarten gehört zur Bramscher Pfarrei St. Martinus, die Sternenkindergrabstelle wurde auf Initiative einiger Frauen aus der Gemeinde eingerichtet. Trauerbegleiterin Maria Böwer, Pastoralreferentin in St. Martinus, freut sich, dass die Anlage im Sommer eingeweiht werden konnte. „Da hat die Familie einen schönen Ort, wohin sie gehen kann“, sagt Böwer. Denn Trauer brauche einen konkreten Ort, „einen Ort, an dem man sich mit seinem Kind unterhalten kann, den man begehen kann, zu dem man auch ein Geschwisterkind mitbringen kann“, sagt Böwer. Das alles sei in Malgarten gegeben.
Ehrenamtliche kümmern sich um die Pflege
Eine Sternenkindergrabstelle gibt es nicht nur in Bramsche-Malgarten, sondern auf vielen anderen Friedhöfen. Das Sternenkindergrab auf dem kommunalen Friedhof in Bad Essen wurde vor über zwanzig Jahren auf Initiative des Hospizvereins „Spes Viva“ angelegt. Damals machten sich Agnes Bohe und der Gynäkologe Franz Kahlert aus Ostercappeln dafür stark, dass es künftig eine „orts- und zeitnahe Bestattung von fehlgeborenen Kindern“ gibt, denn zuvor gab es diese Möglichkeit nicht. Fehlgeburten wurden in vielen Kliniken mit dem Gewebeabfall entsorgt, einige christliche Krankenhäuser boten Sammelbestattungen an, welche aber nicht zeitnah erfolgten. Im Laufe der Zeit wurden dann auf vielen Friedhöfen in der Region Ostercappeln Grabstellen für frühverstorbene Kinder geschaffen. Auf diesen Sternenkindergrabstellen wurden vor allem nicht bestattungspflichtige Kinder beigesetzt. Ehrenamtliche von Spes Viva sorgten für eine würdevolle Bestattung, und die Familien erhielten einen Ort für ihre Trauer.
Für die Grabstelle in Bad Essen stellte die Kommune die Fläche unentgeltlich zur Verfügung. Die Grabanlage wurde in Zusammenarbeit mit Studenten und Studentinnen der Landschaftsarchitektur gestaltet und von Mitgliedern der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ehrenamtlich gepflegt.
2015 erfolgte eine Umgestaltung und Vergrößerung der Grabanlage. Jetzt sind spiralförmig verlegte Steine zu sehen, die Bepflanzung übernahm die Gärtnerei Beckers. Eine Gruppe von Ehrenamtlichen kümmert sich um die Pflege, also das Gießen im Sommer oder das Schneiden der Kanten.
Koordiniert wird die Gruppe von Doris Knödgen aus Bad Essen. Eine Zeitlang hat sie sich um die Grabpflege alleine gekümmert, mittlerweile gehören zum Kreis der Ehrenamtlichen insgesamt neun Frauen. Wie Doris Knödgen erzählt, hat eine der anderen Ehrenamtlichen einmal trauernde Eltern am Grab angetroffen – diese bedankten sich dafür, dass das Grab immer so schön gepflegt wird.
Der Begriff Sternenkinder wird oft für Kinder verwendet, die während der Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt verstorben sind, deren Eltern also keine gelebte Zeit mit ihrem Kind verbringen konnten. Für Kinder, die über 500 Gramm wogen oder bei deren Geburt ein Lebenszeichen vorhanden war (Atemzug, pulsierende Nabelschnur) sind in Niedersachsen bestattungspflichtig. Eltern können sich bei verschiedenen Organisationen erkundigen, wo es in ihrer Nähe Beratung und Begleitung gibt, im Bremer Raum zum Beispiel bei den Sterneneltern Achim, in der Region Osnabrück oder beim Bundesverband Kindstod in Schwangerschaft und nach Geburt.
Die Malteser im Oldenburger Land bieten eine Begleitung für betroffene Eltern durch spezialisierte Trauerbegleiterinnen an, in der Malteser-Geschäftsstelle in Vechta gibt es außerdem ein Gesprächs- und Bewegungsangebot für Mütter von Sternenkindern. So müssen diese Frauen nicht an den üblichen Rückbildungskursen teilnehmen, in denen sich die Mütter über die Fortschritte ihrer Babys unterhalten, sondern können sich mit anderen Betroffenen unterhalten, die wissen, wie schwer der Verlust ist. Kontakt: Malteser im Oldenburger Land, Lattweg 2-4, Vechta, Telefon 0 44 41/9 25 00, E-Mail: Susanne.Lahrmann@malteser.org, www.malteser-oldenburger-land.de