Wie katholische Einrichtungen die Impflicht umsetzen
Noch sind die meisten geimpft
Seit einem halben Jahr gilt für medizinisches Personal in Deutschland die einrichtungsbezogene Impfpflicht gegen Covid-19. Bei den katholischen Trägern ist die Impfquote relativ hoch – doch das könnte sich bald ändern.
Wie viele Pfleger sich vollständig impfen lassen, ist regional sehr verschieden. Foto: imago images |
Eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19 ist zwar im Frühjahr dieses Jahres im Bundestag gescheitert, aber für das medizinische Personal – also insbesondere für Ärzte und Pflegepersonal – gilt seit dem 16. März eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Das bedeutet: Mitarbeiter, die bespielsweise in Arztpraxen, Krankenhäusern oder in Pflegeheimen für Senioren oder Behinderte tätig sind, müssen eine vollständige (also derzeit mindestens zweifache) Corona-Impfung nachweisen – sonst droht im schlimmsten Fall die Kündigung.
Hohe Impfquoten in katholischen Kliniken
Das stellt auch die kirchlichen Träger vor Herausforderungen. Jedes vierte deutsche Allgemeinkrankenhaus wird derzeit von einem kirchlichen Träger betrieben. Eine Umfrage unter katholischen Einrichtungen in Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt ergab: Hier haben die Träger kaum Probleme, die Impfpflicht durchzusetzen. Im Leipziger St.-Elisabeth-Krankenhaus seien bereits Ende 2021 rund 93 Prozent des Personals geimpft gewesen, sagt Sprecherin Caroline Milker. Derzeit werde der Impfstatus erneut abgefragt, Ergebnisse lägen aber noch nicht vor.
In den Alexianer St. Hedwig Kliniken Berlin sind nach eigenen Angaben rund 95 Prozent der Mitarbeiter gegen Covid-19 geimpft. Die gleiche Quote meldet auch das katholische Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle. Es gehört zum Elisabeth Vinzenz Verbund, der bundesweit 14 Kliniken betreibt.
Große Unterschiede bei den Pflegeheimen
Ein ähnliches Bild zeigt sich in katholischen Einrichtungen der Alten- oder Behindertenhilfe. Stand Mai seien in den Einrichtungen der Caritas-Behindertenhilfe im Bistum Magdeburg rund vier Prozent der Mitarbeiter nicht geimpft gewesen, in der Altenhilfe knapp unter acht Prozent, sagt Bernadette Olma, Sprecherin der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius. Eine Impfquote von 95 bis 100 Prozent meldet Claudia Kienapfel, Sprecherin der Caritas Altenhilfe in Berlin. Die Gesellschaft ist nach eigenen Angaben Trägerin von 72 Senioreneinrichtungen im Erzbistum. Schwieriger sei die Lage in Mecklenburg-Vorpommern. Dort sei der Anteil der nicht vollständig
Geimpften deutlich höher.
Auch in Sachsen haben die kirchlichen Träger mancherorts Schwierigkeiten, ihr Personal zu einer Corona-Impfung zu motivieren. „Trotz intensiver Beratungs- und Aufklärungsangebote“ schwanke die Impfquote je nach Region zwischen 50 und 100 Prozent, sagt Veit Kokott, Abteilungsleiter der Trägerschaften im Caritasverband Dresden-Meißen. Das heißt: In manchen Gegenden des Freistaates ist die Hälfte des medizinischen Personals nach wie vor ungeimpft.
Dabei seien die Träger bemüht, ihre Angestellten zur Impfung zu bewegen. „In Gesprächen vor Ort wurde intensiv für die Impfung geworben und aufgeklärt“, sagt Kokott. Auch Claudia Kienapfel von der Caritas Altenhilfe Berlin unterstreicht: „Die Impfung gehört nach unserem Verständnis zum Berufsethos in der Pflege. Wir unterstützen die Impfstrategie seit Beginn.“ Auch im Bistum Magdeburg würden die Mitarbeiter regelmäßig für den Piks sensibilisiert und Impftermine für Heimbewohner und Personal angboten, so Bernadette Olma von der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius.
Träger wollen Kündigungen vermeiden
Auch wenn sich die kirchlichen Einrichtungen an die gesetzlichen Meldepflichten in Bezug auf ungeimpftes Personal halten: Dienstrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung wollen die Träger aufgrund des akuten Fachkräftemangels in der Pflege unbedingt vermeiden.
Für Jan-Stephan Schweda vom Krankenhaus Halle steht daher fest: „Wir wollen alle Mitarbeitenden weiterbeschäftigen und werden selbst keine Kündigungen bestehender Arbeitsverhältnisse vornehmen.“ Auch Claudia Kienapfel von der Caritas Altenhilfe Berlin betont auf Nachfrage: „Nach zweieinhalbjähriger, kaum noch vertretbarer Mehrbelastung durch die Bewältigung der Pandemie haben wir nicht die Wahl, ob wir wegen der Impfpflicht auf Personal verzichten.“
Kienapfel weist zudem auf ein Problem hin, das in den kommenden Monaten auf die Gesundheitseinrichtungen zukommt: Ab dem 1. Oktober gilt nur noch als vollständig geimpft, wer mindestens drei Spritzen erhalten hat – oder alternativ einmal von Corona genesen ist. „Auf dieser Basis sieht die Impfquote dann um einiges niedriger aus“, so Kienapfel. „Diese Situation wird die Beschäftigten in eine weitere Überlastung führen. Das ist aus unserer Sicht nicht verhältnismäßig und nicht vertretbar.“
Und dieser Impfstatus bekommt womöglich ein „Verfallsdatum“: Laut Anja Stoiser, Sprecherin des Deutschen Caritasverbandes, plant Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass der Impfstatus bei medizinischem Personal alle drei Monate überprüft werden soll. Diesem „Bürokratismus“ sehe man „kritisch entgegen“, so die Caritas-Sprecherin. „Sie bringt für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen einen erheblichen Mehraufwand.“
So mehren sich die Stimmen, die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die ohnehin bis zum Jahresende 2022 befristet ist, nicht zu verlängern. Dafür hat sich zuletzt unter anderem Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) ausgesprochen. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) fordert sogar die Abschaffung der Impfpflicht zum 30. September – wegen der geplanten dreimonatigen Meldepflicht.
Oliver Gierens