Das Don-Bosco-Jugendzentrum in Magdeburg wird 30 Jahre alt

Offene Tür und offene Herzen

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Das Don-Bosco-Jugendzentrum im Norden Magdeburgs kümmert sich seit 30 Jahren um Jugendliche. Schwester Lydia Kaps ist von Anfang an dabei. Sie lebt dort christliche Werte vor und ist offen für die Lebenswelt junger Menschen.


Schwester Lydia Kaps an ihrem Lieblingsgerät, dem Flipperautomaten im Don-Bosco-Jugendzentrum. Fotos: Oliver Gierens

Inmitten von mehr oder weniger sanierten Plattenbauten in einem Kellergeschoss auf dem weitläufigen Gelände der St.-Mechthild-Kirche haben Kinder und Jugendliche seit fast 30 Jahren ihr eigenes Reich. Im Don-Bosco-Jugendzentrum werden sie von aktuell drei Schwestern und einer pädagogischen Hilfskraft durch den Alltag begleitet, finden praktische Hilfe oder können hier einfach „abhängen“ und ihre Freizeit mit Spiel und Sport gestalten. 1992 kamen die ersten Don-Bosco-Schwestern nach Magdeburg, im September 1993 eröffnete die Einrichtung in der Trägerschaft des Bistums.

Fußball oder Mathe – das Angebot ist vielfältig
An diesem Montagvormittag sind die großen Räume am Vormittag noch menschenleer. Die Billardtische, Tischtennis- oder Tischfußballplatten, eine Sofaecke zum Chillen – all das ist noch unbenutzt, erst um 14 Uhr beginnt hier der Betrieb. Schwester Lydia Kaps, die als Einzige von Anfang an dabei ist, die Einrichtung mit aufgebaut hat und seitdem das Jugendzentrum leitet, sowie ihre Mitschwester Bernadeth Geiger, sind alleine hier. „Wir bieten den Jugendlichen eine gute Art der Freizeitgestaltung“, sagt Schwester Lydia. Ziel sei es, die jungen Menschen im normalen Alltag zu begleiten, sie mit ihren Stärken und Schwächen anzunehmen. „Da hilft auch mal ein Mathestudent bei den Hausaufgaben. Er ist einer von vielen Ehemaligen, die sich weiter engagieren.“
Die Tür zum Jugendzentrum steht offen und die Angebote sind vielfältig: Fußball, Volleyball, Basketball, Dart, auch einen Spielplatz gibt es draußen. In der Küche wird regelmäßig zusammen gekocht, in der Werkstatt Fahrräder repariert oder neu aufgebaut. Jeden Tag gibt es ein besonderes Angebot, mittwochs steht beispielsweise Basteln oder Werken auf dem Plan, am Freitag geht es in die Turnhalle, Samstag ist Projekttag. Hinzu kommen mehrere Hilfsangebote: Problemgespräche, Elterngespräche, Unterstützung bei Hausaufgaben. Auch Feste werden gemeinsam gefeiert, darunter auch die Feiern des Kirchenjahres, erzählt Schwester Lydia.

Katholisch und weltoffen – das ist kein Gegensatz
Denn die Einrichtung pflegt ihr christliches Profil, auch wenn viele Jugendliche keiner oder einer anderen Religion angehören. „Sie wissen, was Weihnachten oder Ostern ist – und beim Martinsumzug waren wir Schwestern immer schon die einzigen Katholiken“, erzählt die Ordensschwester. Katholisches Profil und Weltoffenheit sind für die Don-Bosco-Schwestern keine Gegensätze. „Ich bin so lange offen für alles, so lange es anderen Menschen keinen Schaden zufügt“, sagt Schwester Lydia.
Die meisten Kinder und Jugendlichen stammen aus der näheren Umgebung, aber das Einzugsgebiet umfasst die ganze Stadt. Manche, so erzählt Schwester Lydia, fahren bis zu acht Kilometer mit der Tram oder dem Fahrrad, um hier ins Jugendzentrum zu kommen. Es seien Jugendliche aus allen Bildungsschichten, sagt die Ordensschwester, „eine gute Mischung“ von der Förderschule bis zum Gymnasium, auch Auszubildende seien darunter. „Das ist eine Kunst, sie zusammenzubringen“, erzählt die Ordensschwester. „Deswegen machen wir auch so viel Sport, da kriegen Sie alle Schichten zusammen.“ Täglich gingen hier rund 20 bis 30 Jugendliche ein und aus, rund 80 bis 90 gehörten zum festen Stamm, der regelmäßig vorbeikomme. Darunter seien auch junge Leute aus Syrien, aktuell kämen auch Flüchtlinge aus der Ukraine hinzu. Auch aus dem Kosovo, aus Afghanistan, dem Iran oder dem Irak stammten die Kinder und Jugendlichen, die meist über „Mundpropa- ganda“ hierher finden.
Und diese Zahlen belegen: Das Experiment eines von katholischen Ordensfrauen geführten Jugendzentrums ist offenbar geglückt. Vorbehalte in dieser Hinsicht erlebe sie eigentlich nie, sagt Schwester Lydia. Diskussionen habe es höchstens ganz am Anfang ihrer Tätigkeit gegeben.
Aufgewachsen im katholischen Köln, war sie vor ihrer Versetzung nach Magdeburg im Gelsenkirchener Stadtteil Buer tätig. Anfangs, so erzählt sie, konnten die Schwestern zweimal in der Woche den großen Saal auf dem Gelände von St. Mechthild nutzen. 1993 ging dann das Jugendzentrum ganz offiziell an den Start, zweimal die Woche sei damals für je vier Stunden geöffnet worden, erinnert sich die Ordensschwester. Mit den Jahren sei die Öffnungszeit auf 46 Stunden in der Woche ausgeweitet worden, mittlerweile seien es 38.
„Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen“ – nach diesem bekannten Motto des heiligen Johannes Bosco tun die Schwestern seitdem ihre Arbeit im Norden Magdeburgs. „Ich muss hier offen sein, muss jedem sagen: Du bist ein Mensch, du bist gewollt“, betont die Ordensschwester. „So vertrete ich die katholische Kirche, vermittle ich christliche Werte.“
Und damit könnten sich auch viele Menschen identifizieren, die nicht der Kirche angehörten. „Hier wächst eine nichtkirchliche Gemeinde in einem katholischen Gotteshaus“, sagt Schwester Lydia. So habe sie beispielsweise in diesem Jahr eine Fahrt zum Katholikentag nach Stuttgart angeboten, und viele Jugendliche schätzten beispielsweise einen Reisesegen oder das Tischgebet der Schwestern vor und nach dem Essen.

St. Mechthild ist das Zuhause des Jugendzentrums.

Bald steht die große Renovierung an
Mittlerweile kämen sogar schon die Kinder der Ehemaligen, erzählt Schwester Lydia. Doch dabei wird auch deutlich: Das Jugendzentrum hat schon einige Jahre auf dem Buckel. Der Bau und seine Einrichtung stammen noch aus DDR-Zeiten, entstanden Anfang der 1980er Jahre. Mit dem 30-jährigen Jubiläum wird das Don- Bosco-Zentrum daher vorübergehend in städtische Räume umziehen, bis die Räume am Milchweg 29 renoviert sind.
Auch die Schwestern haben in diesen Wochen eine neue Bleibe gefunden, wohnen jetzt im Roncalli-Haus direkt bei ihrem Träger, dem Bistum. Das hat auch Vorteile für das spirituelle Leben: Jahrelang haben die Schwestern nach kurzer Nachtruhe morgen um sechs die Laudes gebetet, um rechtzeitig um 7 Uhr in der Frühmesse zu sein. „Das ging schon auf die Kondition“, sagt Schwester Lydia. Durch ihre neuen Bleibe können sie nun dem spirituellen Leben wieder mehr den Raum geben, der ihm gebührt.

Oliver Gierens

Don-Bosco-Jugendzentrum, Milchweg 29, 39128 Magdeburg
Kontakt: 03 91 / 2 52 15 96 oder sr. lydia@jung-im-bistum-magdeburg.de; Internet: www.donboscozentrum-magdeburg.de