Kirchen wollen Gemeinsamkeit

Reli für alle

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Der Religionsunterricht in Niedersachsen steht vor einer einschneidenden Veränderung. Die evangelischen Landeskirchen und die katholischen Bistümer haben einen Beratungsprozess gestartet, an dessen Ende ein komplett gemeinsamer Unterricht stehen soll.

Der Religionsunterricht genießt eine hohe Akzeptanz. Rund drei Viertel der landesweit 800.000 Kinder und Jugendlichen an allgemeinbildenden Schulen nehmen am evangelischen oder katholischen Religionsunterricht teil – und damit mehr als einer der christlichen Konfessionen angehören. Doch es wird in einem Flächenland wie Niedersachsen immer komplizierter, diese Form anzubieten. Mal mangelt es an Schülern der entsprechenden Konfession, mal an Lehrkräften. Vor gut 20 Jahren wurde deshalb die Form des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts ins Leben gerufen. Der katholische Lehrer unterrichtet dabei katholische Religion, hat aber auch die evangelischen Kinder seiner Lerngruppe im Blick. Oder die evangelische Lehrerin unterrichtet evangelische Religion mit entsprechender Berücksichtigung der katholischen Kinder.

Jetzt wünschen sich die Verantwortlichen von Landeskirchen und Bistümern die Weiterentwicklung dieser eher auf organisatorische Gesichtspunkte ausgerichteten Form hin zu einer inhaltlichen. „Sinn und Plausibilität für einen getrennten Unterricht gehen bei Schülern und Eltern mehr und mehr verloren“, sagte Jörg-Dieter Wächter, Leiter der Schulabteilung im Bistum Hildesheim, in einer Pressekonferenz. Zudem entspreche ein gemeinsamer Unterricht eher ihrer Lebenswirklichkeit, fügte sein Osnabrücker Kollege Winfried Verburg hinzu. Gemischtkonfessionelle Familien, Gesellschaften, in denen beide Konfessionen vorkommen seien die Regel. Der neue christliche Religionsunterricht soll von evangelischen Lehrern durch die evangelische Brille geschehen, durch katholische durch die katholische, „aber die Inhalte sind dann gleich“, so Jörg-Dieter Wächter.

Landeskirche und Bistümern starten in einen Beratungsprozess, in dem viele Verantwortliche zu Wort kommen sollen: Neben Vertretern von Eltern- und Schülerschaft auch die leitenden Gremien der Kirche, außerdem Vertreter von Religionslehrern und jenen, die sie ausbilden. Ein Positionspapier haben die Kirchen jetzt veröffentlicht, das als Diskussionsgrundlage dient. Im Mai 2022 solle der Prozess abgeschlossen sein, so Winfried Verburg, „und ich gehe davon aus, dass das Positionspapier dann nicht mehr das gleiche ist wie heute, denn wir werden darüber diskutieren“. Wenn danach alles gut läuft, könne die neue Unterrichtsform im August 2023 an den Start gehen.

Der gemeinsame Unterricht soll übrigens nicht allein an öffentlichen Schulen erteilt werden. Auch an den evangelischen und katholischen Privatschulen soll er eingeführt werden.

Matthias Petersen

Hier können Sie das Positionspapier in Kurzform herunterladen

Reaktionen auf die Vorschläge lesen Sie im Kirchenboten vom 30. Mai.