Schwert oder Pflugschar?

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Logo für ein DDR- weites Friedensgebet für Jugendliche von Herbert Sander
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Foto: Ökumenische Friedensdekade

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Ein roter Kreis, drei Worte, eine Bibelstelle und die Konturen eines Kunstwerks. Herbert Sander schuf dieses Logo für ein DDR-
weites Friedensgebet für Jugendliche. Heute ist das Logo weit bekannt und Symbol der Friedensbewegung in Ost und West. 

Ein zehntägiges Friedensgebet vor dem Buß- und Bettag: Die „Ökumenische Friedensdekade“ war die Urzelle der christlichen Friedensbewegung in der DDR. Sie war erfolgreich auch wegen ihres Logos.

Ribnitz/Rostock/Schwerin (ahü). „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen.“ In der Bibel findet sich diese Verheißung an zwei Stellen: bei den Propheten Micha (4,3) und Jesaja (2,4), ganz ähnlich auch bei Joel (4,10). Dass die Bibelstelle so bekannt ist, ist ein Verdienst der christlichen Friedensbewegung in der DDR. Das Bild eines Mannes, der sein Schwert umschmiedet, war das Symbol der „Friedensdekade“. 
1980 organisierte die ökumenische Arbeitsgemeinschaft Christlicher Jugend mit der evangelischen Jugend die erste Friedensdekade: ein zehntägiges Gebet für den Frieden. 

Das runde Logo mit dem Schwertschmied kennt heute jeder. Es hat seine eigene Geschichte. Nachdem in den Schulen der DDR 1978 das Pflichtfach „Wehrkunde“ eingeführt wurde, protestierten die katholische und evangelische Kirche – erfolglos. Nicht ohne Erfolg blieb der Versuch eines Gegenmodells: Erziehung zum Frieden. 

Dazu gehörte die Dekade, das zehntägige Gebet vor dem Buß- und Bettag. Was zuerst als einmalige Aktion gedacht war, wurde zum jährlichen Ereignis, an dem nicht nur Jugendliche teilnahmen. Dass dieses „Format“ so bekannt wurde, lag auch an seinem Logo. 


Sowjetisches Kunstwerk mit Bibelmotiv


Der Künstler Herbert Sander aus Potsdam hatte es entworfen. Damit dieses Symbol einer oppositionellen Aktion nicht sofort verboten wurde, ging er geschickt vor. Das Bild des Schmieds ist eine Bronzeskulptur des russischen Künstlers Jewgeni Wiktorowitsch Wutschetitsch (1908-1974) . Die Skulptur war ein Geschenk der Sowjetunion an die UNO. Seit 1959 steht sie im Garten des UNO-Hauptgebäudes in New York. 

Ein solches Bildmotiv, so das Kalkül der Christen, konnte die SED kaum verbieten. Ein weiterer Schachzug sorgte für die weite Verbreitung. Das Logo wurde 1979 in großer Zahl (120 000 Stück) als Lesezeichen und Aufnäher auf Stoff gedruckt. Auch das hatte einen Grund: Rechtlich handelte es sich um eine „Textiloberflächenveredelung“, die keiner staatlichen Druckgenehmigung bedurfte. 

„Frieden schaffen ohne Waffen“ hieß das Motto der ersten Dekade – dieses Motto wurde gleichzeitig von der westdeutschen Friedensbewegung verwendet. Und nur ein Jahr dauerte es, bis der Kreis mit dem Schwertschmied auch im Westen auftauchte. 

In diesem Jahr, 2023, lautet das Motto der Ökumenischen Friedensdekade „sicher nicht – oder?“. Träger sind die „Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland“ (ACK), wozu auch die katholische Kirche gehört, und ferner die Trägergruppe „Ökumenische Dekade Frieden in Gerechtigkeit“ (dazu gehört unter anderem Pax Christi). 

Veranstaltungen zur Friedensdekade im Mecklenburg sind: Eröffnungsgottesdienst am 12. November, 10 Uhr, Petruskirche Schwerin, 11 Uhr in der Paulskirche Schwerin oder täglich vom 13. bis 22. November in der Laurentiuskirche Schönberg. Auch in katholischen Kirchen finden Friedensandachten statt: am 13., 15. und 17. November um 18 Uhr in der katholischen Kirche St. Maria, Hilfe der Christenin Ribnitz (Neuhöfer Str. 4), am 16. November in St. Andreas, Schwerin (Galileo-Galilei-Str. 22)

Mehr Termine und Hintergründe auf www.friedensdekade.de

Andreas Hüser