Papst Franziskus. Zwischen Rührung und Routine

Seit rund zwei Wochen wird am Petersdom für den Papst gebetet

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Rosenkranz betende Frau
Nachweis

Foto: Antoine Mekary/Romano Siciliani/KNA

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Eine Frau hält einen Rosenkranz in den Händen, bei einer Rosenkranzandacht für den erkrankten Papst am 4. März 2025 auf dem Petersplatz im Vatikan.

Seit Mitte Februar ist Papst Franziskus im Krankenhaus. Zehn Tage später rief der Vatikan zum allabendlichen Gebet für seine Gesundheit auf. Aber wer kann an der Andacht am Petersdom teilnehmen? Und wer darf sie leiten?

Um 20.48 Uhr probt die Schola noch ein paar Tonfolgen, während Kameraleute oben vor dem Petersdom Position beziehen und sich unten der Platz langsam füllt. Wie jeden Abend seit fast zwei Wochen strömen die Menschen vor die berühmteste Kirche der Welt, um für die Gesundheit von Papst Franziskus zu beten. Der 88-Jährige ist seit 14. Februar unter anderem mit einer Lungenentzündung in der Gemelli-Klinik; die Nachrichten künden ein Auf und Ab zwischen schweren Krisen und leichter Besserung.

Um der weltweiten Sorge um den Papst eine Form zu geben, organisieren Mitarbeiter des Vatikans und des Bistums Rom seit 24. Februar jeden Abend um 21 Uhr ein Rosenkranzgebet, immer geleitet von einem anderen Kardinal und von Medien in alle Welt übertragen. Am Aschermittwochabend ist Kurienkardinal Marcello Semeraro an der Reihe, im Vatikan zuständig für Selig- und Heiligsprechungen.

Noch hat das traditionelle Mariengebet nicht begonnen, die großen Bildschirme auf dem Petersplatz fangen Impressionen rund um den erleuchteten Platz ein. "Che romantico" ("wie romantisch"), kichert eine Gruppe von Ordensfrauen, als auf dem Bildschirm die Mondsichel über der Petrus-Statue gezeigt wird.

Unter dem Einfluss der Klinik-Nachrichten

Die Stimmung an diesem Abend ist konzentriert, aber nicht tief bedrückt. Dazu tragen sicher auch etwas bessere Nachrichten aus der rund sechs Kilometer entfernten Gemelli-Klinik im Nordwesten Roms bei.

"Beten wir gemeinsam mit der ganzen Kirche für die Gesundheit unseres Heiligen Vaters Franziskus", beginnt Kardinal Semeraro die Andacht von der Altarplattform auf der Treppe zum Petersdom herab. Auf der kleinen Bühne, wo Franziskus selbst schon so oft Gottesdienst gefeiert hat, steht ein Gemälde mit einer milde lächelnden Muttergottes mit dem Jesuskind. "Möge die Jungfrau Maria, die Beschützerin Roms, ihm in dieser Zeit beistehen", so der 77-jährige Süditaliener.

Warum welcher Kardinal an welchem Abend als Vorbeter ausgewählt wird, bleibt für Außenstehende schwer nachvollziehbar. Immer vormittags wird die Besetzung bekannt gegeben. Den Anfang machte die Nummer zwei des Vatikans, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Doch vom Rang her hätte die Pole Position eigentlich Kardinaldekan Giovanni Battista Re zugestanden; doch der Vorsitzende des derzeit aus 252 Männern bestehenden Beratergremiums des Papstes kam erst am dritten Abend zum Zuge.

Am Freitag, wenn Franziskus seit genau drei Wochen in der Klinik sein wird, ist Kardinal Ángel Fernández Artime an der Reihe, zweiter Mann der vatikanischen Behörde für das geweihte Leben. Beobachtern bietet das Abendgebet Gelegenheit, die einzelnen Kardinäle "in Aktion" zu erleben. Möglicherweise ist unter den Vorbetern einer, der dem schwerkranken Papst in absehbarer Zeit auf dem Stuhl Petri folgen könnte.

Teilnahme ohne Eintrittskarte und Kontrollen

Den meisten Betenden auf dem Petersplatz dürften solche Überlegungen fremd sein. Um an der Andacht teilzunehmen, braucht es keine Anmeldung oder Eintrittskarte, nicht einmal die sonst bei größeren Veranstaltungen üblichen Sicherheitskontrollen gibt es. Lediglich, als die Veranstaltung am Samstag wegen Regens in die Basilika verlegt wurde, gab es die üblichen Sicherheitschecks.

Die erste Reihe ist Kardinälen und anderen wichtigen Mitarbeitenden von Kurie und Vatikanstaat vorbehalten; darunter etwa der neuen Regierungschefin des Kirchenstaats, Schwester Raffaella Petrini. Unter den "Dauergästen" ist auch der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Für viele scheint der abendliche Gang zum Petersplatz schon zur Routine zu gehören, vor allem für die zahlreichen Ordensleute, die ihre Niederlassungen rund um den Vatikan haben.

Nach rund 40 Minuten entlässt Semeraro die Menschen mit dem Schlusssegen in die kühle Nacht. Kaum ist das "Amen" der Gemeinde verklungen, rumpeln zwei Fahrzeuge aus der Zufahrt links am Petersdom: Ein Pickup und ein kleiner Trecker mit Anhänger fahren die Rampe zur Altarplattform hinauf. Eilends werden Ambo, Kniebank, Sessel, Blumenschmuck und Marienbild verladen. Während die Gläubigen langsam den Petersplatz verlassen, verschwindet dies alles hinter Vatikanmauern. Denn morgen ist ein neuer Tag, mit neuer Abendandacht.

Sabine Kleyboldt