Katholische Neuanfänge in Jena nach der Reformation

Vor 200 Jahren wieder geweiht

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Christen in Jena erinnerten gemeinsam mit Bischof Ulrich Neymeyr an die katholischen Neuanfänge in ihrer Stadt nach der Reformation. Studenten und Gelehrte wünschten sich damals katholischen Gottesdienst.

Festgottesdienst mit Bischof Ulrich Neymeyr anlässlich des 200. Jubiläums der Wiederweihe der Johanneskirche in Jena. Links vorn Pfarrer Stephan Riechel.    Foto: Gunter Maschke

 

„Nach vielen Mühen war es Pfarrer Gerling gelungen, die Umwidmung der Johanneskirche in eine Leichenhalle aufzuheben, einen Großteil des katholischen Gottesackers zurückzuerhalten und die Johanneskirche so wieder aufzubauen, dass sie für die katholischen Gottesdienste in Jena genutzt werden konnte. Es gab zwar noch Auseinandersetzungen wegen des Glockengeläutes, aber am 1. September 1822 konnte die Kirche mitsamt neuer Orgel eingeweiht werden.“ So etwa steht es in der Chronik und so begann auch Bischof Ulrich Neymeyr beim Festgottesdienst am 4. September in Jena seine Predigt. Anlässlich der Wiederweihe ihrer Kirche vor 200 Jahren hatte die Pfarrei zu der Feier mit anschließendem Gemeindefest eingeladen.
„Bisher war das Datum der Wiederweihe in unserer Pfarrei eher wenig im Blick“, sagt Pfarrer Stephan Riechel. „Das wird sich nun vielleicht ändern. Wir werden aber weiter unser Gemeindefest am Fest unseres Patrons, Johannes des Täufers, begehen und zusätzlich Anfang September an die Kirchweihe 1822 erinnern. Den ursprünglichen Weihetermin unserer Kirche vor rund 1000 Jahren wissen wir ja nicht.“

Beginn mit einem französischen Priester
„Die Jenaer Universität hatte im 18./19. Jahrhundert immer mehr Studenten und Lehrende angezogen, unter denen auch katholische Christen waren“, weiß Riechel. „Sie wünschten sich im protestantischen Land einen Seelsorger und haben sich an den Mainzer Bischof gewandt.“ Auch Professoren setzten sich für katholische Gottesdienste in Jena ein. So schickte der Mainzer Bischof 1795 den französischen Priester Dr. Gabriel Henry nach Jena. Er sei dann zugleich als Französisch-Professor an der Universität tätig gewesen. „Als Napoleon 1806 sein Kriegslager in Jena aufschlug, hat er dafür gesorgt, dass eine Pfarrei errichtet wurde. Und er stattete sie für den Unterhalt von Priester und Gemeinde mit dem Gut ,Mohrental‘ aus, das südlich von Weimar liegt und den Pfarreien Weimar und Jena bis heute Einkünfte sichert“, so Riechel. „Der neuen Pfarrei gab Napoleon – nach seinem Sieg bei Jena und Auerstedt – das vielsagende Patronat ,Maria zum Siege‘.“ Mit Beginn der „Befreiungskriege“ wurde Henry jedoch 1815 nach Bayern abgeschoben. Nachfolger wurde Johann Gerling. Der Pfarrsitz wurde auf Wunsch des Herzogs jedoch nach Weimar verlegt.
Als Gotteshaus hatte die Stadt der katholischen Gemeinde in Jena die baufällige, romanische Johanneskirche geschenkt. Die Sanierung ging jedoch nur sehr mühsam voran und war erst 1822 soweit abgeschlossen, so dass sie geweiht werden konnte.
Ende des 19. Jahrhunderts wuchs Jena und damit auch die katholische Gemeinde. 1905 wurde dann die eigenständige Pfarrei Jena wiedergegründet. Man entschloss sich, erzählt Riechel, die Ausrichtung der Kirche um 180 Grad zu drehen und durch bauliche Erweiterung mit Querschiff und neugotischem Chor mehr Plätze zu schaffen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Gemeinde durch Vertriebene vorübergehend auf 16 000 Katholiken an. Ende der 1950er Jahre wurde deshalb erneut gebaut, die Kirche im Innern wieder geostet und im bisherigen Chorraum im Westen eine große Empore mit 50 Plätzen eingezogen.

Familiengottesdienst, Kontaktstelle, Ökumene
Bis zu den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie kamen insgesamt 700 Personen zu fünf heiligen Messen am Sonntag. Heute hat die Pfarrei 7000 Mitglieder. Neben Jena sind Apolda, Bad Sulza und Camburg weitere Kirchorte. Zentral für die Gemeinde sei der wöchentliche Familiengottesdienst sonntags, 9.30 Uhr, aber auch die Kontaktstelle Orientierung als niederschwelliges Angebot in Jena, sagt Riechel. Voll des Lobes ist der Pfarrer über das „außergewöhnlich gute ökumenische Miteinander“ mit zahlreichen Veranstaltungen wie etwa jetzt am Tag vor dem Weihejubiläum die ökumenische Feier des Schöpfungstages. Auch der Nightfever-Abend am Freitag war für alle Interessierten offen. Am 11. September, 19 Uhr, ist ein Konzert zum Jubiläum geplant.
Bischof Neymeyr erinnerte in seiner Predigt an den Zeltcharakter einer Kirche für den in Wort und Eucharistie und der Gemeinschaft der Glaubenden anwesenden Gott. Die 1000 Jahre alte Kirche in Jena bietet Raum dafür.

www.stjohann-jena.de

Von Eckhard Pohl