Anfrage

Warum gibt es überhaupt etwas?

Schon lange interessiert mich, ob es eine christliche Antwort gibt auf die Frage: „Warum existiert etwas und nicht vielmehr nichts?“ Vielleicht können Sie mir weiterhelfen? Sigrid Marianne Hennemann, Lourdes

An der Frage „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht etwa nichts?“ haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Zugeschrieben wird sie dem Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leipniz (1646-1716). Aber schon in der griechischen Antike wurde sie so ähnlich gestellt, und auch die mittelalterlichen Theologen kamen an ihr nicht vorbei.

Heute bekommt sie aus der Physik eine neue Dringlichkeit. Denn Astrophysiker sagen: Wenn man streng nach den Gesetzen der Naturwissenschaft geht, dürfte es eigentlich nichts geben; Materie und Antimaterie hätten sich gleich nach dem Urknall gegenseitig aufheben müssen. Plus eins minus eins ist Null. Warum es nicht so ist, warum durch einen „spontanen Symmetriebruch“ die Materie die Oberhand gewann, dafür gibt es keine Antwort.

Für manche ist die Tatsache, dass es etwas gibt, geradezu ein Gottesbeweis. Thomas von Aquin argumentierte so: In der Welt gibt es überall Ursachen und Wirkungen. Jede Wirkung setzt eine hinreichende Ursache voraus. Wenn wir weit zurückgehen, kommen wir zur zeitlich ersten Ursache. Die aber muss auch eine Ursache haben, eine „unverursachte Ursache“: Gott! Ähnlich nur moderner formuliert: Irgendetwas oder irgendjemand muss den Urknall (oder den „spontanen Symmetriebruch“) ja ausgelöst haben: Gott!

Für den Philosophen Leipniz war klar, dass es Gott gibt. Seine Frage hatte deshalb noch einen ganz anderen Unterton, nämlich: Warum hat Gott dafür gesorgt, dass es etwas gibt? Oder anders: Warum hat Gott die Welt geschaffen?

Auch darüber gibt es Bibliotheken. Ich nenne mal nur das Argument, das für mich am überzeugensten ist: weil Gott die Liebe ist – und es für wahre Liebe nicht genügt, nur sich selbst zu lieben. Gott braucht für seine Liebe ein Gegenüber: seine Schöpfung.

Das Argument zieht natürlich nur, wenn man beides glaubt: dass Gott ist und dass er Liebe ist. Dann aber ist es kein schlechter Grund dafür, dass etwas ist und nicht etwa nichts.

Susanne Haverkamp