Anstoß 39/22

Was den Menschen zum Menschen macht

Image
SYMBOL_Anstossbild_0.jpg

Stephen Hawking (1942-2018) war einer der bedeutendsten Forscher unseres Jahrhunderts. Kurz vor seinem Tod wurde er nach den Zukunftsaussichten der Menschheit befragt.


Dabei sprach er überraschenderweise nicht vom naturwissenschaftlich irgendwann drohenden Zerfall der Universen, sondern er landete bei uns Menschen selbst: „Die größte Gefahr der Menschheit lauert in jedem von uns und heißt Aggression. Sie hat eine zerstörende Kraft. Sowohl im zwischenmenschlichen Bereich wie im Umgang von Staaten.“ Aggression war für ihn der größte Fehler der Menschheit. Er warnte, ein durch Aggression entfachter Atomkrieg könne das Ende der menschlichen Rasse bedeuten. Daher schlugt Hawking vor, mehr Empathie, mehr Mitgefühl zuzulassen. „Die Empathie bringt uns zusammen und zwar in einem ruhigen und friedlichen Zustand.“
Mitgefühl ist eine ausgesprochen wertvolle menschliche Fähigkeit, ohne sie könnten wir gar nicht leben. Wahrscheinlich ist sie sogar das, was uns Menschen wirklich zum Menschen macht. Schon vor 1,8 Millionen Jahren begann der Homo erectus Kranke zu pflegen, seine Vorräte zu teilen und seine verstorbenen Verwandten zu bestatten. Über Jahrtausende hinweg entwickelte sich ein selbstlos mitfühlendes Verhalten, das sich vom egoistischen Überlebenstrieb löste und letztlich die Grundlage für ein solidarisches Miteinander schuf. Aber wie jede Fähigkeit muss Empathie, also Mitgefühl, auch aktiv betrieben werden, um nicht zu verkümmern. Christlich nennen wir dieses Verhalten Nächstenliebe und sie gehört zum Kern der Botschaft Jesu.
Am Ende seines Lebens zog Hawking ein beeindruckendes Fazit: Außer in der Krankheit habe er sehr viel Glück gehabt. Und er stellte fest, wie wichtig es ist, sich seinen Humor zu bewahren: „Es ist wichtig, nicht wütend zu werden, egal wie schwer das Leben ist, denn man verliert all seine Hoffnung, wenn man nicht mehr über sich selbst und das Leben im Allgemeinen lachen kann.“ Mitgefühl als Rettung der Zukunft. Mehr kann man sich für unsere Welt nicht wünschen.

Guido Erbrich, Biederitz