Diskussion zur Verwendung ungenutzter Kirchengebäude
Was passiert mit leeren Kirchen?
Pfarrer Bertram Wolf vor der ehemaligen Filialkirche St. Jakobus. Foto: Wolfgang Hesse |
Im letzten Jahr musste sich die katholische Pfarrei St. Elisabeth in Gera von einer ihrer Filialkirchen trennen. Dabei wurde die Kirche St. Jakobus erst 1989 geweiht. Nach 32 Jahren Gottesdienst und Gemeindeleben steht das Gotteshaus nun zum Verkauf. Bereits 2015 hatte der Seelsorgerat der Pfarrei einer anderen Nutzung des Gebäudes zugestimmt, erinnert sich Pfarrer Bertram Wolf. Die Gründe dafür seien vielfältig gewesen. Nicht zuletzt fehlten jüngere Gemeindemitglieder, um die Kirche ehrenamtlich am Leben zu halten.
„Aufgrund der Flächenrichtlinie des Bistums, der Personalsituation in der Pfarrei und der nachlassenden Kräfte der Ehrenamtlichen ließen Kirchenvorstand und Pfarreirat 2021 den Beschluss fassen, Bischof Heinrich Timmerevers um die Aufhebung der Kirche zu bitten,“ beschreibt Wolf den Ablauf, der am 21. November 2021 zur Profanierung von St. Jakobus in Gera-Langenberg führte. Die Prinzipalien (Einrichtung und wichtigste Gegenstände für die liturgische Nutzung) und die Glocke wurden in die Kirche St. Jakobus Stadtroda überführt. Das Kruzifix, das auf dem Kirchengelände stand, findet eine neue Heimat auf dem Friedhof von Gera-Langenberg.
Die Situation in Gera ist kein Einzelfall. Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben Probleme mit ihren sakralen Gebäuden. Die Erhaltung der Kirchen, die meistens sehr alt sind, stellen innerhalb der Verwaltungsbereiche eines der Hauptprobleme dar.
Individuelle Lösungen für jede Kirche finden
Die Zukunft von Kirchengebäuden stand daher auch im Mittelpunkt eines Fachtages, zu dem der Ökumenische Kirchbauverein Gera im Juni in das Gemeindehaus St. Elisabeth eingeladen hatte. Hier sollten Kompetenzen gebündelt und Anregungen für zukünftiges Handeln gegeben werden. Die Kirchen würden immer weniger oder gar nicht mehr genutzt. Dieser Tatsache müsse man sich stellen. „Die Vorträge und Diskussionen zeigten Spannungen und Widersprüche auf,“ fasste Kerstin Menzel vom Institut für Praktische Theologie der Universität Leipzig zusammen. „Es gilt, Nutzungserweiterungen auf den Weg zu bringen, individuelle Lösungen für jede Kirche zu finden und dabei die Menschen mitzunehmen.“ Gemeinsam mit ihrem Kollegen Alexander Radej arbeitet sie an dem Forschungsprojekt „Sakralraumtransformation“ der Universität Bonn mit.
In den Augen von Leonardo Winter sei der Verkauf von sakralen Gebäuden keine allgemeingültige Lösung. Eher sollten diese in eine Zwischennutzung überführt werden. Dafür sprach sich der Atheist, der Architektur in Dresden studiert, aus. „Die Säkularität in der Gesellschaft nimmt weiter zu, daher muss ein Umdenken in der Kirche passieren,“ betonte er. Man müsse jetzt zukunftsorientiert planen und nicht in der Vergangenheit verharren. Seiner Meinung nach sollten die Gebäude in kirchlicher Verwaltung verbleiben, um sie bei Bedarf wieder als Kirchenräume nutzen zu können.
„Jede Veränderung birgt eine Chance. Dazu braucht es aber Akteure, die den Raum anders bespielen“, erklärte Alexander Radej. Dies müsse zusammen mit allen Beteiligten aus Kirche und Gesellschaft geschehen, um die neue Nutzung zum Erfolg werden zu lassen.
Pfarrer Bertram Wolf gab zu bedenken, das mit der Kirche St. Jakobus das Problem in der Pfarrei Gera noch nicht gelöst sei. „Es wird noch weitere Verkäufe oder Umnutzungen innerhalb des Pfarreibereiches geben“, dessen ist er sich sicher.
(wh)