Kinder und Jugendliche erleben in einer Inklusionswoche die Probleme von Behinderten
Wie soll das gehen?
Foto: Katholische Jugend Mecklenburg
Wie ist es, wenn ich auf einmal nicht sehen kann? Nicht sprechen? Oder nicht auf den eigenen Füßen stehen? Menschen mit Behinderungen sieht man auf der Straße. Sie sitzen neben einem in inklusiven Schulklassen. Aber wie geht es ihnen wirklich? Das wissen diejenigen, die an einer „Inklusionswoche“ der Katholischen Jugend Mecklenburg teilgenommen haben. Im Herbst in Boltenhagen konnten 20 Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 15 Jahren ausprobieren, wie Seh- oder Gehbehinderte sich im täglichen Leben durchschlagen und wie man sie unterstützen kann. Zwei Teilnehmer waren selbst behindert. „Wir wollen ein Verständnis für Menschen mit Handycap herstellen“, sagt KJM-Referentin Cathrice Stadler. „Es ist wichtig, dass man damit frühzeitig anfängt.“
Und so kam es, dass in einer Eisdiele im Ostseebad Boltenhagen auf einmal Kinder mit Blindenstock und maskierten Augen in die Tür kamen und versuchten, Erdbeereis zu finden, zu kaufen und zu essen. „Die Läden hatten wir natürlich vorher informiert.“ Die nächsten Hindernisse warteten beim Mittagessen. Blind mit Löffel, Messer und Gabel Kartoffelsuppe mit Wurst zu essen, das klingt einfach, ist es aber nicht, sofern man nicht geübt darin ist.
Mit der Gehörlosenpädagogin Lisa Karner aus Kiel lernten die Kinder, sich in der Gebärdensprache verständlich zu machen, wie es stumme und taubstumme Menschen tun müssen – und sangen sogar mit Gebärden ein „Kraftmacherlied“ (Lindenberg). Der Erfolg dieser Übungen ließ nicht lange auf sich warten. Sehr bald stellte sich das Gefühl ein, dass jeder auf den anderen Rücksicht nehmen muss und immer dann hilft, wenn es nötig ist. Zum Beispiel bei einer Nachtwanderung. „Nicht vorrennen, wir haben Rollstuhlfahrer dabei!“
Eine Resonanz, mit der niemand gerechnet hat
Nicht nur Menschen können behindert sein. Ein Ausflug führte die Gruppe nach Elmenhorst zu Frau Meyer. Frau Meyer ist ein blindes Krokodil, ein Mississippi-Alligator, der bei der Zirkusfamilie Kaulis seinen Lebensabend verbringt.
Wie ist die KJM auf die Idee einer solch ungewöhnlichen Woche gekommen? „Ich habe während meines Freiwilligen Sozialen Jahres so etwas mitgemacht“, berichtet Cathrice Stadler. Aber sie war überrascht von der Resonanz. Ungewöhnlich sei gewesen, dass mehrere Eltern vorher anriefen und besorgt fragten, was in diesem Kurs genau geschieht. Überraschend war auch: Die Plätze waren im Nu ausgebucht. „Wir hatten erstmals eine Warteliste, damit hätten wir nie gerechnet“, so Cathrice Stadler. Und auch die nächsten Inklusionstage im Januar (in Salem) sind voll. Künftig will die KJM nämlich zweimal im Jahr eine ähnliche Veranstaltung für Behinderte und Nichtbehinderte anbieten.
Rollstuhl-Basketball:Ausflug in die Bundesliga
Grundsätzlich, heißt es bei der Katholischen Jugend, seien alle Veranstaltungen auch für Kinder und Jugendliche mit Handicap offen. Wo es Probleme gebe, wolle man nach Lösungen suchen. Tatsächlich aber seien bisher nur vereinzelt Behinderte zu den Kursen und Freizeiten gekommen.
Ein Höhepunkt der ersten Veranstaltung war ein Besuch bei der Bundesligamannschaft des HSV im Rollstuhl-Basketball. Der Trainer der BG-Baskets, Riza Ahamadi, und der Bundesligaspieler Kai Möller zeigten den Jugendlichen, wie aus dem Rollstuhl heraus Basketball gespielt wird. Nicht einfach, aber die Mecklenburger hatten schnell den Dreh raus. „Am Ende hat es sogar für ein Spiel gereicht“, wundert sich Cathrice Stadler. Selten, so sagt sie, hat es nach einer Ferienaktion so viele begeisterte Rückmeldungen gegeben. „Ein Mädchen hat sich zu Weihnachten einen Rollstuhl gewünscht.“ Aber das wird teuer.