Neuer Film über das Pilgern
Auf dem Jakobsweg

Foto: Happy Entertainment
Bill (Chris Haywood) und Cristina (Pia Thunderbolt) schleppen auf dem Jakobsweg diverse Päckchen mit.
Bei einem Urlaub in Spanien trifft der schon etwas ältere australische Filmregisseur Bill Bennett immer wieder auf seltsame Wanderer. „Pilger? Wirklich?“, staunt er, als seine Frau ihm die Sache mit Santiago de Compostela erklärt. „Ich dachte, die gab’s nur im Mittelalter?“
Keine Frage: Bill Bennett ist kein Fachmann in Sachen Spiritualität und Religion. Aber diese Wanderer haben es ihm angetan. Selbst den Jakobsweg zu gehen, wird für ihn zur fixen Idee. Und wenn, dann die ganzen langen 780 Kilometer.
Zurück in Australien, bereitet er sich akribisch vor, wiegt Unterhosen ab, um nicht mehr als zehn Prozent seines Körpergewichts tragen zu müssen, lernt das Routenhandbuch halb auswendig. Seine Frau hält das alles für schräg. „Wieso tust du das?“, will sie wissen. „Ich weiß es nicht. Frag mich danach noch mal.“
„Du wirst nicht alles laufen können, du brauchst ein neues Knie“
Bill Bennett gibt es wirklich. Er ist wirklich gepilgert und hat darüber ein Buch geschrieben, das in Australien ein Bestseller wurde. Und er hat daraus einen Film gemacht, für den er Produzent, Drehbuchautor und Regisseur zugleich war. Nur sich selbst gespielt hat er nicht, das macht Chris Haywood. Kurz nach Ostern kommt der Film in die deutschen Kinos.
Bills Wanderung steht unter keinem besonders guten Stern: Eine alte Knieverletzung ist beim Training wieder aufgebrochen. Andere Pilger, die er auf der Strecke trifft, sind skeptisch, dass Bill das schaffen kann. „Du wirst nicht alles laufen können, du brauchst ein neues Knie“, sagen sie. Aber Bill ist ehrgeizig und zäh und versucht es erst mal mit entlastenden Trekkingstöcken, über die er zu Beginn des Wegs noch gesagt hat: „Nein, die sind mir zu technisch fürs Pilgern.“
Was das Pilgern – und den Film – interessant macht, sind die Geschichten der Menschen, die sich dort begegnen. Lazlo zum Beispiel. „Ich war in schlechter Verfassung“, sagt er, „körperlich und psychisch und religiös. Ich wollte mich verändern.“ Oder Balasz: „Meine Frau ist todkrank. Krebs und überall Metastasen. Sie vertraut darauf, dass sie gesund wird. Sie kann den Tod nicht akzeptieren.“ Und er selbst? Nein, er hofft nicht auf ein Wunder. Nur auf neue Kraft.
Kraft braucht auch Bill. Wegen des Knies und überhaupt. Mit anderen zusammen zu pilgern, kann da helfen. Zum Beispiel mit dem italienischen Paar, das einen besseren und kürzeren Weg zum nächsten Etappenziel kennt. „Du bist mein Engel“, sagt er dankbar zu Rosa. Und dann ist da noch Cristina, eine junge Frau aus Sevilla. Sie schleppt etwas Schweres mit, das merkt man gleich. Aber es dauert, bis sie Bill ihre Geschichte anvertraut, eine üble Geschichte von Schuld und bislang ohne Vergebung. Der wenig religiöse Bill wird zum Seelsorger. „Nein, Gott bestraft dich nicht“, sagt er. „Du bestrafst dich. Vergib dir selbst, dann geht es dir vielleicht bald besser. Vergib dir selbst – und dann bitte um ein Wunder.“
Bleibt die Frage, was Bill eigentlich auf dem Camino sucht. Und was er findet, er, der einmal von sich selbst sagt: „Ich bin kein geduldiger Mensch. Wenn man mich in einem Wort beschreiben sollte: Hornochse!“
Nun, Bill wird klüger. Und besser. Reifer. Zusammenfassen kann man das vielleicht in seinen eigenen Sätzen: „Der Camino ist wie eine große Kathedrale. Mit Beichtstühlen. Und das sind die Gespräche, die wir hier führen. Völlig Fremden schütten wir unser Herz aus und erzählen ihnen unsere Ängste und schlimmsten Dinge. Weil wir uns hier frei fühlen. Und am Ende fühlen wir uns leichter. Weil wir etwas loslassen.“
Mein Weg. 780 Kilometer zu mir. Regie: Bill Bennett. Kinostart: 24. April (98 Min.)