Abbau der Klais-Orgel der St. Hedwigs-Kathedrale

„Beste Lösung zu ihrem Schutz“

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Die Klais-Orgel der St. Hedwigs-Kathedrale wird zurzeit für die Dauer der Umbaumaßnahmen abgebaut. 68 Register, drei Manuale und sehr viel Elektronik – es ist ein umfangreiches Unterfangen. Ein Einblick.

Die heruntergenommenen Orgelpfeifen liegen im Innenraum der St. Hedwigs-Kathedrale aufgereiht. | Fotos: Cornelia Klaebe

 

Schwere Arbeit: Vier Orgelbauer der Firma Klais heben eine der großen Pfeifen aus der Orgel.

Pfeifen, überall Pfeifen! Genau 4834 Stück sind es, und alle müssen ausgebaut werden – die größeren einzeln nacheinander. Viele liegen mittlerweile der Größe nach aufgereiht auf dem Boden. Die St. Hedwigs-Kathedrale erlebt acht Wochen lang den Abbau ihrer Orgel. Denn da nun die Sanierungsmaßnahmen an Berlins Bischofskirche beginnen sollen, muss das wertvolle Instrument geschützt werden, und das ist am Ende nur durch einen Abbau möglich.

Eine große Pfeife wiegt über hundert Kilo
Und so heben die Orgelbauer der Firma Klais aus Bonn geduldig eine Pfeife nach der anderen herunter. Bei den ganz großen müssen sie zu viert heran: Einer steht unter dem Spieltisch, ist durch eine Falltür über eine Leiter hinabgestiegen in das Innere der Orgel, wo die Register schon abgebaut sind, und hält von oben fest. Zwei stehen, mit Gurten ähnlich gesichert wie Bergsteiger, auf hohen Hebebühnen. Und ein weiterer nimmt von unten die Pfeifen entgegen, die seine Kollegen herunterreichen. Dabei müssen die Männer sehr aufpassen, denn die röhrenartigen Klangkörper sind schwer. Eine große kann es allein auf über hundert Kilo bringen. Herunterfallen dürfen sie auf keinen Fall.
Die Pfeifen aus Holz, Zinn und Kupfer haben seit der Weihe der Orgel im Jahr 1978 unzählige Male ihre Klangfülle hören lassen. Die längste von ihnen, eine 16-Fuß-Pfeife, ist zusammen mit dem Fuß, in dem sie unter der Labium (lateinisch: Lippe) genannten Öffnung spitz zuläuft, über sechs Meter lang. Die kürzeste, sagt Orgelbauer Markus Kaltenhauser, nicht einmal einen Zentimeter. Kaltenhauser kennt die Orgel, die er hier mit seinen Kollegen abbaut, schon lange: Seit fast 30 Jahren wartet er das königliche Instrument. Sie ist eine der größten, an denen er gearbeitet hat. Auf die Frage, wie sich der Abbau der Orgel für ihn anfühlt, muss der Orgelbauer erst einmal nachdenken. „Ungewöhnlich“, sagt er dann. Man sei es ja nicht gewöhnt, sowas abzubauen, sondern eher daran zu arbeiten, um es zu erhalten.

Orgelbaumeister Markus Kaltenhauser zeigt eine Windlade. Er kennt und wartet die Orgel in der Kathedrale seit fast 30 Jahren.

Betonstaub würde die Orgel beschädigen
„Aber zum Schutz der Orgel ist das jetzt eben die beste Lösung“, erklärt er. Die mineralischen Stäube, insbesondere der Betonstaub, die bei Sanierungsarbeiten unweigerlich entstehen, seien für das Instrument einfach zu gefährlich. Insbesondere die Lederteile, die zum Beispiel als Dichtung gebraucht werden, würden darunter leiden, aber auch Elektrik und Mechanik. Und selbst beim Spieltisch könne der Staub dazu führen, dass die Tasten schwerer zu drücken sind.Und so reiht Kaltenhauser mit seinen Kollegen Pfeife um Pfeife auf dem Boden der Kathedrale auf, wofür er allein schon eine Wochen rechnet.
Danach müssen die Verbindungen vom Spieltisch zu den Windladen getrennt, Registertraktur, Schwellwerk, Manuale und das ganze Gehäuse ausgebaut und zum Einlagerungsort gebracht werden. Und erst nach Abschluss der Bauarbeiten in einigen Jahren kommen die Orgelbauer zurück und bauen die Instrumentenkönigin in ebenso mühevoller und präziser Arbeit wieder ein.

Von Cornelia Klaebe