Zu Besuch im Otto-Pankok-Museum in Gildehaus

Christus zerbricht das Gewehr

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Ein Haus mit einer Skulptur davor.
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

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Im Bad Bentheimer Ortsteil Gildehaus steht das Otto-Pankok-Museum, davor eine Skulptur des Pankok-Schülers Günter Grass.

Ein kleines, aber feines Museum in Bad Bentheim widmet sich Otto Pankok. Ehrenamtliche erzählen dort auch von seinem Einsatz für Frieden und Humanismus.

Diesen Holzschnitt mögen viele Betrachter noch aus Religionsbüchern kennen: Umgeben von einem Strahlenkranz steht ein fast wütend wirkender Christus und bricht mit seinem Knie ein Gewehr mitten hindurch. 1950, als kurz nach dem Zweiten Weltkrieg schon wieder aufgerüstet wird, erschafft Otto Pankok diese Arbeit – ein Symbol für Pazifismus und eins der bekanntesten Werke des 1966 verstorbenen Künstlers. „Er hat sich immer dem zugewandt, was die Leute nicht sehen wollten“, sagt Birgit Baumann.

Eine Grafik mit Christus, der ein Gewehr zerbricht.
Christus zerbricht das Gewehr, Holzschnitt 1950, WH 344, 43,5 x 35 cm, ©Otto Pankok Stiftung

Dem Vermächtnis verpflichtet

Das Bild hängt im Otto-Pankok-Museum im Bentheimer Ortsteil Gildehaus in der Grafschaft Bentheim. Und Birgit Baumann gehört dem Vorstandsteam an, das mit weiteren Freiwilligen die Einrichtung komplett ehrenamtlich betreibt. Im Obergeschoss können die Gäste neben vielen historischen Fotos über 30 Werke aus verschiedenen Schaffensperioden von Pankok sehen. Dazu gehören Kohlezeichnungen, Radierungen und Holzschnitte. Keine Schönwetterbilder oder nur rein dekorative Kunst sind das, sondern monochrome Bilder in Abstufungen von Schwarz, Weiß, Grau: Landschaften unter einem weiten Himmel, an dem mal die Sonne steht, aber sich öfter noch die Wolken zu Gebirgen auftürmen. Fast spürt man, wie der Wind den Regen über Moore und Wiesen fegt. In jedem Strich lässt sich ahnen, wie Pankok die Schöpfung in all ihren Facetten, mit allen Elementen geschätzt hat.

Eine Frau steht vor zwei Gemälden.
Birgit Baumann zeigt zwei Werke von Otto Pankok. Foto: Petra Diek-Münchow; Selbstbildnis, 1939, Kohlezeichnung, 150 x 98,5 cm, ©Otto Pankok Stiftung; Strauß mit Winden, 1936, Kohlezeichnung, 148 x 98,5 cm, ©Otto Pankok Stiftung

Aber wie kommt es, dass ausgerechnet in Gildehaus die Werke des gebürtigen Mühlheimers zu sehen sind? Birgit Baumann erzählt beim Rundgang aus seiner Biografie. 1933/34 erschafft Pankok die „Passion“, ein Zyklus über Leben und Tod Jesu  – und bezieht damit Stellung gegen die Nazis. Fortan gilt seine Kunst als „entartet“, ihm drohen Beschlagnahmung und Malverbot. „Er hat eben auch Menschen gezeichnet, die am Rande der Gesellschaft standen“, erklärt Baumann: Arme, Verfolgte, Verachtete. Viele seiner Werke nehmen aus bitteren Erfahrungen des Ersten Weltkrieges die Schrecken des nächsten voraus.

Ab 1936 wechselt Otto Pankok wegen der Anfeindungen mehrfach seinen Wohnsitz. 1936 sucht er im Sommer Zuflucht in Gildehaus bei einem ehemaligen Kriegskameraden. 80 Bilder, die vor allem das Dorf, seine Einwohner und die Landschaft zeigen, entstehen in diesen Wochen. Danach zieht er sich zuerst nach Oberbayern, dann für zwei Jahre nach Meppen-Bokeloh im mittleren Emsland zurück. Erst 1946 kehrt die Familie zurück nach Düsseldorf.

In Erinnerung an seinen Aufenthalt in der Grafschaft Bentheim organisieren Ehrenamtliche 1994 eine Ausstellung in Gildehaus – die in die Gründung des Museums und des Trägervereins mündet. „Wir fühlen uns dem Vermächtnis von Pankok verpflichtet, jetzt mehr denn je“, sagt Birgit Baumann und meint damit seinen künstlerischen Einsatz für Frieden, Humanismus und Menschenwürde.

Neben den ständigen Exponaten gibt es Sonderausstellungen – jetzt gerade werden Pankoks Werke mit denen von Friedrich Hartmann kombiniert. Hartmann stammt auch aus Mühlheim und hat später lange in Gildehaus gelebt. Der Titel der Ausstellung, der aus einem Brief Pankoks stammt, soll das Leitmotiv sein: „Je länger man hier ist, umso schöner wird es.“

Petra Diek-Münchow