Christoph Nitsche ist neuer Ständiger Diakon in Dresden

An die Ränder gehen

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Ende April wurden drei Männer zu Ständigen Diakonen geweiht. Inzwischen haben sie ihre ersten Erfahrungen gesammelt. Der TAG DES HERRN stellt die Drei vor. Heute: Christoph Nitsche aus Dresden.

Christoph Nitsche nach seiner Diakonenweihe in der Dresdner Kathedrale.    Foto: Privat

Christoph Nitsche hat seinen Arbeitskollegen einen Brief geschrieben: „Für mich steht ein ganz besonderer Festtag ins Haus: Unser Bischof Timmerevers wird mich zum Ständigen Diakon weihen“, schreibt er. Und dann erklärt er ihnen, was ein Diakon ist. Nitsche, der in Dresden als Mathematiker und Softwareentwickler arbeitet, geht es wie den meisten Ostdeutschen: Viele seiner Kollegen wissen zwar, dass er Christ ist, gehören selbst aber keiner Kirche an. Weil Nitsche als Ständiger Diakon mit Zivilberuf weiter täglich mit ihnen zusammenarbeiten wird, fand er es wichtig, ihnen zu erklären, was von nun an sein Leben noch ein bisschen mehr prägen wird.
Christoph Nitsche ist Jahrgang 1970, verheiratet, keine Kinder. Er selbst hat sich von Kindheit an in seiner Pfarrei engagiert, war Ministrant und Lektor, später Kommunion- und Diakonatshelfer, er hat im Kirchenchor mitgesungen, die Website mitgestaltet und im Pfarrgemeinderat mitgearbeitet. Als es dann eines Tages hieß, das Bistum suche Bewerber für das Ständige Diakonat und andere ihm sagten, er wäre da doch der Richtige, entschied er sich, diesen Weg einzuschlagen. Dass er auch nach der Diakonenweihe weiter in seinem weltlichen Beruf tätig bleibt, machte ihm die Entscheidung leichter: „Meinen Beruf aufzugeben, wäre mir schwer gefallen. Außerdem bewahre ich mir so eine gewisse Unabhängigkeit.“
Der Weihe voraus ging eine viereinhalbjährige Ausbildung mit Diakonats-Bewerbern aus mehreren ostdeutschen Bistümern an der Fachakademie für Gemeindepastoral in Magdeburg. Dazu kam der Abschluss des eineinhalbjährigen theologischen Grundkurses im Fernstudium. Im Zentrum der Magdeburger Ausbildung stehen – vor dem ostdeutschen Hintergrund – das Christsein in einem weitgehend nichtchristlichen Umfeld und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für einen missionarischen Dienst von Diakonen. Die künftigen Diakone sollen dabei ihren Blick für die Lebenswelten jenseits der christlichen Gemeinden schärfen.
Christoph Nitsche will diesen Blick jetzt auch in seiner Tätigkeit umsetzen. Die Hälfte seiner Zeit wird er nutzen, um in der Gemeinde Gottesdienste (mit) zu gestalten, zu predigen, Sakramente zu spenden. Die andere Hälfte wird er nutzen, um „an die Ränder zu gehen“, wie Papst Franziskus es gefordert hat. Die Ränder – das ist für ihn die Dresdner Justizvollzugsanstalt, die auf dem Gelände der Pfarrei liegt. Dabei wird sein Hauptaugenmerk darauf liegen, straffällig Gewordenen zu helfen, sich eine bessere Zukunft zu gestalten und nicht in alte Schemata zurückzufallen. Vorstellen kann Nitsche sich dafür monatliche Treffen mit ehemaligen Gefangenen, Freigängern und gegebenenfalls Angehörigen.
Die gegenwärtige Krisensituation der katholischen Kirche in Deutschland nimmt Nitsche durchaus wahr. Die Motivation, sich auf den Dienst als Diakon einzulassen, ist für ihn nicht so sehr die Kirche als Ganze, sondern vielmehr die Gemeinde vor Ort. „Hier gibt es immer Menschen, die diesen Dienst brauchen, und auch solche, mit denen man zusammenarbeiten kann.“ Über die Umsetzung einer zurzeit diskutierten Reformidee würde Christoph Nitsche sich besonders freuen: Wenn er in Zukunft weibliche Kolleginnen hätte. „Es gibt viele Frauen, denen ich diesen Dienst zutraue.“

 
Von Matthias Holluba