Ein Goldschmied des Wortes
Foto: Marco Heinen
Seinen letzten Abend habe der Weihbischof in seiner Wohnung am Dom verbracht, umgeben von Familienmitgliedern, die ihn am nächsten Morgen friedlich eingeschlafen vorfanden. Ein schöner Abschied von einem Mann, der den öffentlichen Auftritt oft gesucht hat, der ein gefragter Gesprächspartner (nicht nur) in Talkshows war, der sich öffentlich für die Ökumene und den interreligiösen Dialog stark gemacht hat. „Bekannt wie ein bunter Hund“ sei Jaschke gewesen, so sagte Erzbischof Stefan Heße zu Beginn des Pontifikalrequiems – und später in der Predigt: „Wenn man einen Bischof kannte, dann in der Regel Hans-Jochen Jaschke.“
Es war ein Abschied von einem Mann, der in seinen letzten Jahren seit seiner Emeritierung gesundheitlich stark angeschlagen und oft allein war. Ein Mann, der darunter litt, dass ihm eine „demenzielle Veränderung“, wie es Erzbischof Heße nannte, genau das nicht mehr recht erlaubte, was ihn im Leben zum Wichtigsten gehörte – die Lektüre. Auch seinen Rollator, mit dem er noch am 1. Juli beim Abschied von Dompfarrer Msgr. Peter Mies am Altar konzelebrierte, habe er „gehasst wie die Pest“, so Heße, der als eine Facette von Jaschkes Leben dessen Wortgewaltigkeit in den Mittelpunkt seiner Predigt stellte.
Überall Bücher, so muss man sich wohl die Wohnung des Verstorbenen vorstellen: „Gestorben in meterlangen Bücherreihen“, sogar im Schlafzimmer, wie der Erzbischof es beschrieb.
Sein Leben hat er auf die Heilige Schrift gegründet
Einmal habe sich Hans-Jochen Jaschke mal aus dem Marienkrankenhaus für ein paar Stunden selbst entlassen, um in die Bahnhofsbuchhandlung zu gehen. „Ich brauche Bücher“, hatte er es begründet.
Seine Familie bezeichnete ihn als „Mann des Wortes“, eine enge Mitarbeiterin gar als „Goldschmied des Wortes“. Denn der Weihbischof war nie um eine Rede verlegen, sei es bei der Firmung von Jugendlichen („etwa eine Kleinstadt an Jugendlichen“ habe er wohl gefirmt, sagte er mal zum Erzbischof) oder bei Predigten, Vorträgen oder anderen Anlässen. „Alles Gelegenheiten, wo er sein Wort einbringen konnte“, so Heße.
Seine Leidenschaft für Bücher, für das Wort, „sie ist natürlich nicht denkbar ohne das Buch der Bücher“, sagte Erzbischof Heße. „Er hat die Heilige Schrift geliebt und gelesen und meditiert. Und der Blick auf den Schreibtisch sagt: oft offenbar im Original.“ Die Heilige Schrift sei für den Weihbischof „der Niederschlag der Offenbarung Gottes schlechthin“ gewesen, so Heße. „Hans-Jochen Jaschke hat auf diesem Wort sein Leben gegründet.“ Auch deshalb lag das Osterevangelium aufgeschlagen auf seinem Sarg. Heße: „Diesem Wort hat Hans-Jochen seine markante Stimme geliehen.“ Und weiter: „Möge er jetzt schauen, was er studiert, was er gepredigt, was er gesagt hat und was er geglaubt hat.“
Ganze fünf Tage waren seit dem Tod von Weihbischof Hans-Jochen Jaschke, der am Dienstag, 11. Juli verstorben war, vergangen, und doch hatten viele Menschen nicht gezögert, sich von ihm im fast bis auf den letzten Platz gefüllten St. Marien-Dom zu verabschieden: Neben vielen Familienmitgliedern kamen fünf katholische Bischöfe aus Osnabrück, Berlin, Vechta, Essen und Hildesheim. Der koptische Bischof Anba Damian sowie Bischöfin Kirsten Fehrs und Gothart Magaard von der evangelischen Kirche hatten sich ebenso auf den Weg gemacht wie auch die frühere evangelische Bischöfin und enge Weggefährtin Jaschkes, Maria Jepsen. Sie saß bei der Familie, denn „als Schwester“, wie sie ihr Verhältnis zu Jaschke oft bezeichnet hat, war dort ihr Platz.
Der Doyen des Diplomatischen Korps in Hamburg, der kroatische Generalkonsul Kristijan Tuŝek, und der portugiesische Generalkonsul Vasco Seruya waren ebenfalls anwesend. Und zum Abschied von einem herausragenden Vertreter des interreligiösen Dialogs hatten sich Fatih Yildiz von der islamischen Schura Hamburg und Fatih Mutlu von der Schura Schleswig-Holstein eingefunden.
Und auch die Politik wusste zu würdigen, welche Stimme nun verstummt ist: Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz, Schleswig-Holsteins Landtagsvizepräsident Peter Lehnert, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel und die Hamburger Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard erwiesen Hans-Jochen Jaschke die letzte Ehre.
Er wurde in der Krypta des St. Marien-Doms beigesetzt, rechts von Weihbischof Johannes von Rudloff.