Klettern für Paare
Gemeinsam hoch hinaus
Foto: Benedikt Fleute
Für das Klettern ist eine Einführung in die Technik unerlässlich.
Fast ehrfürchtig blickt Maria Büchter auf die Felsen, die steil vor ihr aufragen. Automatisch wandert ihre Hand auf die Schulter ihres Mannes. „Alter, da muss ich erstmal hochkommen“, flüstert sie, spürt, wie gut es tut, eine vertraute Person neben sich zu wissen.
Die „Osnabrücker Wand“ ist eine 30 Meter hohe Felswand der Dörenther Klippen. Sie ist ideal geeignet für erste Kletterversuche. Lorenz und Maria Büchter sind an diesem Morgen aus dem ostfriesischen Leer in den Teutoburger Wald gereist, um diese 30 Höhenmeter zu erklimmen – und zwar explizit gemeinsam. „Klettern für Paare“ lautet das Motto des Tages. Die Idee dahinter: Wer gemeinsam klettert, lernt nicht nur die Technik, sondern auch viel über sich selbst und den Partner. „Eine schöne Challenge“, fanden die Büchters – und haben sich ebenso wie zwei weitere Paare zum Seminar des Bistums Osnabrück angemeldet.
Der Gurt ist angelegt, das Seil gespannt, die Sicherung abgeschlossen. „Toprope“ heißt die Sicherungsform, die Pastoralassistentin Verena Albers an diesem Tag praktiziert: Das Seil ist am Felsenende in einer Umlenkung eingehängt. Ein Partner hält das eine Ende und sichert so den zweiten Partner, der am anderen Seilende hängend den Felsen erklimmt. Fachkundig erklärt Verena Albers zunächst die wichtigsten Regeln, zeigt Knoten und Techniken. „Du schaffst das“ – die Worte ihres Ehemannes motivieren Maria Büchter. Stück für Stück erklimmt sie die glatten Felsen, sucht sich den Weg. Ihr Mann lässt sie und das Seil nicht aus den Augen. Gut gemeinte Tipps begleiten wohl dosiert die erste Klettertour.
Klettern ist eine Mischung aus Abenteuer, Vertrauen, Kommunikation und Zusammenarbeit. Daher eignet es sich gut für Freunde und Paare. Man muss man sich auf den anderen verlassen können: Der eine hängt in der Wand, der andere sichert. Dieses Wechselspiel aus Verantwortung und Vertrauen stärkt das Miteinander. Der Kurs des Bistums weitet diesen Blick darüber hinaus um ein weiteres wesentliches Element: um Gott als Sicherung für das Leben und für die Beziehung.
Ich halte dich und du hältst mich - eine coole Erfahrung
Für Verena Albers, die selbst schon lange begeistert klettert, waren all das Beweggründe, ein solches Erlebnisangebot im Rahmen ihrer Assistenzzeit umzusetzen. „Ich kann dich halten und du hältst mich“, das sei schon eine „coole Erfahrung“ für Paare, sagt sie und betont: „Man verlässt sich beim Klettern aufeinander – und das klappt!“ Zwischendurch gibt es kleine Pausen mit spirituellen Impulsen, Tipps für den Alltag und einen neuen liebevollen Blick aufeinander und auf das Leben.
Inge Zumsande, Referentin für Beziehungs- und Familienpastoral im Bistum Osnabrück, ist froh über dieses neue erlebnispädagogische Angebot. Es sei eine gute Ergänzung zu den klassischen Ehevorbereitungskursen, die es zwar weiterhin gebe, die aber immer weniger nachgefragt werden. Sie sagt: „Wir wollen neu denken, probieren gemeinsam mit anderen Verantwortlichen Angebote aus, um Paare in ganz verschiedenen Phasen des Lebens anzusprechen.“ Wie bedeutsam dieses Engagement ist, betont auch Verena Albers: „Stabile Paarbeziehungen sind auch wichtig für die Gesellschaft. Die kleinste demokratische Einheit ist die Familie. Es ist eine wichtige Aufgabe auch von Kirche, Paarbeziehungen zu stabilisieren und zu begleiten.“
Ein Glücksgefühl, wenn es geschafft ist
So gibt es im Bistum Osnabrück neben der „Auszeit vor der Ehe“ mittlerweile auch Kanutouren für Paare, thematische Wochenenden mit Kinderbetreuung und Onlineangebote. Inge Zumsande erklärt: „Vor der Hochzeit haben Paare eher praktische Fragen, zum Beispiel zur Gestaltung des Gottesdienstes. Angebote für gelingende Beziehungen passen oft besser in anderen Lebensphasen, zum Beispiel, wenn Kinder da sind oder wenn sie aus dem Haus gehen.“ Hierfür gibt es heute spezielle Wochenendangebote, die gut nachgefragt seien. Inge Zumsande erklärt: „Wenn wir Paare dort ansprechen, wo sie tatsächlich Fragen oder Bedürfnisse haben – in diesem Bereich haben wir noch keine Veranstaltung abgesagt.“
Sich auszuprobieren, draußen in der Natur zu sein, das schätzen die drei Ehepaare am Klettertag in den Dörenther Klippen. Martha Binner aus Hannover seilt sich gerade wieder ab. Unten angekommen gibt es erstmal eine Umarmung für ihren Mann. Beide genießen die Auszeit zu zweit. Etwas außer Atem erzählt die gebürtige Emsländerin: „Wir finden das hier super ansprechend, das ist etwas anderes als in der Boulderhalle.“ Klettern sei ihr gemeinsames Hobby, für das seit der Geburt ihres Kindes jedoch kaum noch Zeit sei. Umso mehr genießen die beiden den Tag. Martha Binner sagt: „Es gibt mir eine große Sicherheit, dass da nicht irgendjemand steht und mich hält, sondern mein eigener Mann.“
Auch Lorenz Büchter hat seine erste Kletterpartie mittlerweile hinter sich: „Das ist schon ein Glücksgefühl, wenn man es geschafft hat. Es war toll, so etwas Verrücktes gemeinsam zu erleben“, meint er. Und schmunzelnd ergänzt er mit einem liebevollen Blick auf seine Frau: „Zum Glück hat sie mich ja auch nicht hängenlassen.“
Kontakt
Referat für Beziehungs- und Familienpastoral im Bistum Osnabrück: Telefon 05 41 31 82 06;
E-Mail: i.zumsande@bistum-os.de