Dekanats-Pastoraltag in Leipzig-Grünau

Glaubwürdiger im Miteinander

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Caritas und Gemeinde können voneinander lernen und miteinander wachsen, wenn sie sich gemeinsam als Orte gelebten Glaubens wahrnehmen. Aus dieser Überzeugung heraus wurde das Familienzentrum der Caritas in Leipzig-Grünau am 7. Februar Veranstaltungsort für den Dekanats-Pastoraltag.


Mitarbeiter aus Caritas-Einrichtungen und Gemeinden im Erfahrungsaustausch über ihr Engagement für Familien. | Foto: Dorothee Wanzek



Bisher fanden die regelmäßigen Treffen der pastoralen Mitarbeiter im Dekanat Leipzig wie selbstverständlich in Gemeindehäusern statt. Die Impulse des Bistums-Erkundungsprozesses aufgreifend, will man künftig an wechselnden kirchlichen Orten zusammenkommen. Den Auftakt machte das Caritas-Familienzentrum, das in der Grünauer Ringstraße unterschiedlichste Angebote für Kinder, Jugendliche und Familien bündelt.
Seelsorger und Caritas-Beschäftigte nutzten den Tag, um einander bei einer ausgiebigen Hausführung und in thematischen Workshops kennenzulernen und nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit Ausschau zu handeln. Im Blickpunkt war dabei besonders das Engagement für Familien.
Die Familien, die das Caritas-Familienzentrum aufsuchen, leben in ganz anderen Welten als Familien, die die Gemeinden wahrnehmen, war der spontane Eindruck einiger Seelsorger. „Blenden wir aber in den Gemeinden nicht leicht manches einfach aus, was nicht unserem katholischen Idealbild von Familie entspricht?“, fragte Bertram Wolff, Pfarrer von Leipzig-Süd. Er plädierte für ein „Geistliches Leben auf Augenhöhe“, dafür, „ernst zu nehmen, was uns begegnet“.

Ein Lebenselexier für Familien: Geteilte Freude
Auf spezielle Herausforderungen und Bedürfnisse heutiger Familien war die Psychologin Mauri Fries in einem Einstiegsreferat eingegangen. Unter anderem hatte sie darauf hingewiesen, wie wichtig es für Kinder ist, dass die Familienform, in der sie leben, nicht abgewertet wird. Für Eltern und Kinder sei es wesentlich, bei allem Druck, den sie von außen empfinden, genügend „gemeinsam geteilte Freude“ zu erleben. Dies zu fördern und im Blick zu behalten, sei eine wichtige Aufgabe für diejenigen, die Familien begleiten. Gemeint sei aber nicht eine ausgiebigere Nutzung von vorgegebenen Unterhaltungsangeboten. Gerade in sozial stärkeren Mileus würden Kinder häufig durch zuviel „Entertainment“ überfordert.
Trennung und Scheidung, von der eine wachsende Zahl von Familien betroffen seien, fordere die Kommunikationsfähigkeit der Eltern heraus und deren Bereitschaft, das Kindeswohl im Blick zu behalten. Vielen Familien in dieser Lage fehle beispielsweise die Fähigkeit, Kompromisse auszuhandeln.
Wie könnte man in den Gemeinden den Blick für hilfebedürftige Familien im Umfeld schärfen? Fertige Antworten auf diese Frage bot der Pastoraltag nicht, wohl aber manche Denkanstöße. Der Leipziger Propst Gregor Giele wurde nachdenklich, als er erfuhr, dass die Klientel des Familienzentrums im Wesentlichen nur aus einem einzigen „Wohnkomplex“ kommt. „Wie kann es einer Pfarrei gelingen, in unterschiedlichen Sozialräumen zu agieren? Müssten wir unsere Pfarreien nicht kleinteiliger denken?“, fragte er.
Die traditionellen Strukturen der Gemeindecaritas leiden an fehlendem Nachwuchs, merkte unter anderem der Leipziger Caritas-Geschäftsführer Tobias Strieder an. Nur noch in wenigen Gemeinden finde die Caritas-Straßensammlung statt. Die Vinzenz- und Elisabethkonferenzen seien überaltert. Zwar werde in den Gemeinden – in den bewährten Strukturen und darüber hinaus – noch immer beachtliches soziales Engagement geleistet, es brauche jedoch frischen Wind und neue Ideen, damit Caritas in den Gemeinden auch künftig lebendig bleibe und auf aktuelle drängende Probleme reagieren könne.

Unterstützung für die Gemeindecaritas
Ein mit zwei halben Personalstellen neugeschaffener „Fachdienst Gemeindecaritas“ soll Gemeinden darin drei Jahre lang unterstützen. Unter anderem bieten die Mitarbeiter an, Gemeinden zu beraten, erläuterte Thomas Körner, der den Fachdienst bis Ende April leitet: „Wie kann es mit der Caritas vor Ort weitergehen?“, könnte man sich dabei gemeinsam fragen. Oder: „Wie könnten die kirchlichen Orte als glaub-würdige Orte gelebten Glaubens gestärkt werden? Welche drängenden sozialen Aufgaben wurden bisher übersehen?“

Von Dorothee Wanzek